Heimische Wirtschaft wächst bis 2029 langsamer als Eurozone

Österreichs Wirtschaft soll zwischen 2025 und 2029 im Jahresschnitt um 1,3 Prozent wachsen. Das erwartete jährliche Wirtschaftswachstum dürfte um 0,2 Prozentpunkte niedriger ausfallen als der Durchschnitt der Eurozonen-Länder, geht aus der aktuellen Wifo-Mittelfristprognose hervor. Wettbewerbsnachteile bremsen hierzulande das Wachstum. Das Budgetdefizit wird ohne Gegenmaßnahmen der Regierung in den kommenden fünf Jahren über der Maastricht-Grenze von 3 Prozent verharren.

Angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums und des höheren Budgetsaldos sieht Wifo-Chef Gabriel Felbermayr „dringenden Handlungsbedarf“. Die künftige Regierung müsse eine „wachstumsorientierte Reformagenda“ und einen „glaubwürdigen Budget-Konsolidierungspfad“ vorlegen. Das Wirtschaftswachstum müsse man „vor allem in Österreich suchen“, sagte Felbermayr am Donnerstag bei der Präsentation der Mittelfristprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Nicht der Export, sondern der Konsum werde die heimische Konjunktur stützen.

Als Gründe für das geringere Wachstum in Österreich im Vergleich zum Eurozonen-Schnitt ortet das Wifo „in erster Linie eine Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch höhere Lohnsteigerungen und ein höheres Preisniveau für Energie“. Außerdem gebe es auch „strukturelle Probleme, etwa bei der Integration von Migrantinnen und Migranten, der Erwerbsbeteiligung – im Besonderen von Älteren und Frauen – sowie im Bildungssystem, die mittel- bis langfristig das Wirtschaftswachstum bremsen“, heißt es in der Mittelfristprognose.

Die Aussichten für die europäische und die österreichische Wirtschaft haben sich seit den letzten Updates der mittelfristigen Prognose des Wifo im März bzw. Juni 2024 „weiter eingetrübt“. Die Wirtschaftsforscher sehen deutliche Abwärtsrisiken, dass die Prognose möglicherweise nicht hält. Es gebe „ein erhebliches Risiko“, dass durch die neue Trump-Regierung inklusive Abschottung und Zölle die für Österreich und Europa erwartete Belebung des Auslandsgeschäfts nicht so eintrete, erklärte Felbermayr. Ein weiteres Risiko sei, dass die künftige Regierung es in Österreich nicht schaffe, den „grassierenden Pessimismus“ einzudämmen und das wichtige Anspringen des inländischen Konsums nicht wie erwartet eintrete. Wifo-Konjunkturexperte Josef Baumgartner verwies noch auf zwei weitere geopolitische Abwärtsrisiken für die Prognose: Eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten bringe Unsicherheit für die Ölversorgung und eine weitere Intensivierung des Ukraine-Kriegs sei destabilisierend.

Die FPÖ kritisierte erneut die Wirtschaftspolitik der türkis-grünen Regierung und drängt auf eine rasche Lösung des „vorherrschenden Struktur- und Konjunkturproblems“. Die Wirtschaftskammer sieht die Mittelfristprognose als „neuerliche Mahnung, endlich die unter Druck geratene Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu verbessern“. Die NEOS verlangen von der nächsten Bundesregierung „eine echte Reformagenda“ und „einen nachhaltigen Konsolidierungspfad“.

Der Ausgang der US-Wahlen und das Regierungsende in Deutschland sind in der Prognose noch nicht berücksichtigt. Die künftige Trump-Administration und die Zolldrohungen würden „mehr Unsicherheit“ für die Weltwirtschaft bringen, sagte Felbermayr. Der Wifo-Chef empfiehlt der EU, handelspolitisch mit Trump „in einen Dialog zu treten“ und zu versuchen, mit ihm „Deals“ zu schließen. Das Ende der Ampel-Koalition in Deutschland kommt für Felbermayr „zu einer Unzeit“. Deutschland ist der wichtigste Exportmarkt für österreichische Unternehmen.

Positive Nachrichten gibt es bei den Verbraucherpreisen: Die Inflation in Österreich geht laut Wifo-Prognose im Jahr 2025 weiter zurück und soll zur Jahresmitte den EZB-Zielwert von 2 Prozent erreichen. Für den Zeitraum 2025 bis 2029 erwarten die Wirtschaftsforscher eine jährliche Teuerung von im Schnitt 2 Prozent. Da die Arbeitskräfteknappheit wieder zunimmt, soll die Arbeitslosenquote zwischen 2025 und 2029 deutlich von 7,2 Prozent auf 5,7 Prozent sinken. Ein Problem für die heimische Wirtschaft bleiben weiterhin die hohen Energiepreise. Erdgas dürfte laut Wifo-Prognose im Zeitraum 2025 bis 2029 rund 1,5-mal so viel und Strom doppelt so viel kosten wie noch 2018/2020.

Die mobile Version verlassen