Arbeitszufriedenheit der Jungen seit Corona massiv gesunken

Ein Viertel möchte Job wechseln © APA/THEMENBILD/HANS PUNZ

Der Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) skizziert ein alarmierendes Bild: Vielen jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht es der Umfrage zufolge anhaltend schlecht. „Ein Viertel will Job wechseln“, berichtete Sozialforscher Daniel Schönherr am Dienstag in einer Pressekonferenz mit AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl. 58 Prozent der Unter-26-Jährigen seien in atypischen Arbeitsverhältnissen wie Teilzeit, geringfügig, Leiharbeit oder befristet tätig.

Vor allem die Befristungen nehmen laut AK zu. „Fast ein Fünftel arbeitet in einem befristeten Arbeitsverhältnis – das ist vier Mal so viel wie bei Erwachsenen und doppelt so viel wie vor 20 Jahren“, so Schönherr vom Institut Foresight. Lehrlinge seien da nicht eingerechnet. Vor allem junge Beschäftigte in den Bereichen Tourismus, Landwirtschaft, Unterricht fielen in diese Kettenverträge rein. Stressig sei auch die vergleichsweise kurze Anstellungsdauer von durchschnittlich nur sechs Monaten – bei älteren Arbeitnehmer liege der Schnitt bei zwölf Monaten.

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Hinzu komme, dass der Erhebung zufolge 16 Prozent der Jungen auch in befristeten Mietverhältnissen lebe. „Das ist vermutlich auch ein Grund, warum die Arbeitszufriedenheit sinkt“, sagte Schönherr. „Die Arbeitszufriedenheit stürzt in vielen Bereichen ab.“ Vor der Pandemie, 2019, sei sie noch über jener der Älteren gelegen – 81 Prozent waren zufrieden, jetzt (2023) sind das nur noch 60 Prozent. Mit ihrem Leben insgesamt waren damals 87 Prozent der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zufrieden, aktuell sind es 71 Prozent versus 80 Prozent bei den Über-25-Jährigen (2019: 86 Prozent).

Bei den älteren Erwachsenen erhole sich die Zufriedenheit mit dem Beruf mittlerweile wieder, bei den jüngeren stagniere sie. „Bei den Erwachsenen ist die Arbeitszufriedenheit auch gesunken, aber nicht so stark wie bei den Jungen“, so Schönherr.

Mit den Kolleginnen und Kollegen sind nur zwei Drittel (68 Prozent) der jungen Beschäftigten zufrieden – vor Corona waren es noch 85 Prozent. In der Arbeit durch Einsamkeit und Isolation stark oder sehr stark belastet fühlen sich 14 Prozent der Jungen und damit doppelt so viele wie bei den Älteren (7 Prozent). Bei den Unter-25-Jährigen, die im Home-Office arbeiten, treffe das sogar auf ein Drittel zu. Das sei auch den instabilen Arbeitsverhältnissen geschuldet, erklärte IFES-Geschäftsführer Reinhard Raml.

25 Prozent der Jungen und 21 Prozent der Älteren klagen über ständigen Arbeitsdruck ohne Zeit zum Verschnaufen. 21 Prozent der Unter-25-Jährigen beklagen zudem einen ständigen Wechsel der Arbeitsabläufe. „Den Jüngeren wird es derzeit viel schwerer gemacht im Berufsleben“, meinte Raml. Vor der Pandemie seien die Jüngeren beim Berufseinstieg zufriedener gewesen. „Was lange Zeit stabil war, hat sich durch die Pandemie verändert, das heißt wir stagnieren auf einem Niveau, das durchaus besorgniserregend ist.“ Die Pandemie sei ja schon eine Weile vorbei. „Das ist jetzt schon eine Form von Long Covid“, so der Meinungsforscher.

Das Arbeitsumfeld habe sich stark verdichtet. 71 Prozent der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten „ein relativ stark ausgeprägtes Gefühl von Arbeitsunlust“ – 2019 waren es 41 Prozent. Das sei nicht mit Faulheit gleichzusetzen. Stark angestiegen seien auch Depressionen. „Die Jugendpsychiatrie ist voll.“ Doch auch die generelle Gereiztheit infolge von Stress und Druck sei relativ hoch. Das Nicht-Abschalten-Können habe nach der Corona-Pandemie stark zugenommen.

„Die Struktur ist nicht so, dass wir hier Entspannung am Arbeitsmarkt sehen“, merkte Raml an. In den nächsten zehn Jahren gehen sehr viele Menschen in Pension. „Es ist sicher so, dass die Arbeitsverdichtung zunimmt.“ Smartphones und die neuen Medien verdichten den Druck ebenfalls, sagte der IFES-Chef auch mit Blick auf die ständige Erreichbarkeit.

Die Mehrheit der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann der Erhebung zufolge nicht von ihrem Job leben und ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Vor der Pandemie kamen 60 Prozent ohne Finanzielle Unterstützung aus, jetzt sind es nur noch 40 Prozent. 28 Prozent könnten es sich nicht leisten, in den Urlaub zu fahren und 16 Prozent hätten Sorge, dass sie sich in einem halben Jahr die Miete nicht mehr leisten können.

Die AK fordert nun ein Verbot von Leiharbeit und befristeten Arbeitsverhältnissen für Unter-18-Jährige, sofern keine Begründung wie etwa Karenzvertretung oder Ferialarbeit vorliegt. „Das braucht man nicht, weil man kann eh immer kündigen – es gibt nur verpönte Gründe“, betonte AK-OÖ-Präsident Stangl. Weiters fordere die Arbeiterkammer den Ausbau der Sozialarbeit im schulpsychologischen Bereich, „vor allem in Berufsschulen“. Und weiters: „Wir glauben nicht, dass es befristete Mietverhältnisse braucht – wir fordern die Abschaffung von befristeten Mietverträgen – bei Eigenbedarf soll man natürlich zugreifen können“, so Stangl.

Basis der vorliegenden Erhebung waren laut Raml über 4.000 stichprobenartig befragte unselbstständig Beschäftigte, davon bis zu 500 Junge, die im Jahr 2023 persönlich und in Online-Interviews Auskunft gaben. Laut Statistik sind in Österreich rund 450.000 junge Menschen unter 26 Jahren berufstätig.

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