Israel gibt Entwarnung und droht mit Gegenschlag

Großattacke des Iran auf Israel © APA/AFP/JACK GUEZ

Nach den iranischen Raketenangriffen auf Israel hat die israelische Armee Dienstagabend vorläufig Entwarnung gegeben. „Im Moment“ gehe keine Gefahr mehr vom Iran aus, erklärte die Armee. Die Menschen könnten die Schutzräume wieder verlassen. Israel drohte indes mit einem Gegenschlag. „Wie wir der internationalen Gemeinschaft bereits zuvor klargemacht haben, muss jeder Feind, der Israel angreift, mit einer harten Reaktion rechnen“, twitterte UNO-Botschafter Danny Danon.

Der Iran bezeichnete seinen Raketenangriff auf Israel als angemessene Reaktion auf die Eskalation in Nahost und drohte mit weiteren Attacken. „Irans legale, rationale und legitime Reaktion auf die Terroranschläge des zionistischen Regimes – die Angriffe auf iranische Staatsbürger und Interessen sowie die Verletzung der nationalen Souveränität der Islamischen Republik Iran – wurde ordnungsgemäß durchgeführt“, teilte die iranische UNO-Vertretung in New York mit. Sollte Israel es wagen, darauf zu reagieren, „wird eine vernichtende Reaktion folgen.“

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Nach den Worten eines hochrangigen Vertreters des Iran gab das Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, den Befehl für den Raketenbeschuss. Man sei zu jedem Vergeltungsschlag bereit, sagte er. Khamenei sei nach dem Angriff an einem sicheren Ort untergebracht. Der Angriff sei eine Vergeltung für die Tötung von Hamas-Auslandschef Ismail Haniyeh Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah sowie eines iranischen Generals, hieß es im Staatsfernsehen.

Der iranische Präsident Masoud Pezeshkian schrieb auf X, sein Land strebe nicht nach einem Krieg, werde aber jeder Bedrohung entschlossen entgegentreten. Der Iran habe eine starke Antwort auf die Aggression des „zionistischen Regimes“ gegeben. Die iranischen Revolutionsgarden erklärten, 90 Prozent der iranischen Raketen hätten ihre Ziele in Israel getroffen.

Wie später am Abend mitgeteilt wurde, setzte der Iran erstmals Hyperschallraketen ein. Mit der Rakete vom Typ Fatah-1 sei es den Luftstreitkräften der Revolutionsgarden gelungen, die israelische Luftabwehr zu überwinden, berichtete der staatliche Rundfunk. Die Hyperschallrakete wurde vor 15 Monaten vorgestellt.

ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer verurteilte die Attacken Teherans „aufs Schärfste“. „Wir fordern den Iran auf, die Feindseligkeiten gegen den Staat Israel unverzüglich einzustellen und unterstützen das Recht Israels, sich zu verteidigen, uneingeschränkt“, twitterte Nehammer. ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka teilte der APA mit, dass „ein weiteres Drehen an der Eskalationsspirale“ unbedingt vermieden werden müsse. Israel habe das Recht, sich und seine Einwohner gegen derartige Angriffe entsprechend zu verteidigen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte „einen Waffenstillstand“.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ließ auf „X“ wissen: „Der Eintritt des Iran in den Krieg der Terrororganisationen Hamas und Hisbollah durch massive Raketenangriffe gegen Israel ist schärfstens zu verurteilen. Er führt die Region weitere Schritte an den Rand des Abgrundes und bedroht die Sicherheit und den Frieden in der Welt.“ Irans Attacken seien sofort einzustellen. „Wir befürworten die umsichtige Nahostpolitik, die die USA bisher verfolgt haben und hoffen, dass sie diese auch in der aufgeheizten Situation aufrecht erhalten und damit eine weitere Ausweitung des Konfliktes vermeiden.“

Seitens des Außenministeriums hieß es auf „X“; Wir setzen uns weiterhin voll und ganz für die Sicherheit Israels ein und sind entsetzt über die Raketenangriffe des Irans heute Nacht. Dies ist eine weitere gefährliche Eskalation in einer ohnehin schon höchst brisanten Situation. Alle müssen sich zurückhalten, um einen Flächenbrand in der gesamten Region zu vermeiden.„

Angesichts der Raketenangriffe hatte US-Präsident Joe Biden die Armee seines Landes angewiesen, Israel zu Hilfe zu kommen und iranische Raketen abzuschießen. Später bezeichnete die US-Regierung den iranischen Raketenangriff auf Israel als “vereitelt und unwirksam“. „Uns ist nichts über Schäden an Flugzeugen oder strategischen militärischen Einrichtungen in Israel bekannt“, sagte US-Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington. Man habe bereits deutlich gemacht, dass dieser Angriff Konsequenzen haben werde und daran arbeite man nun mit Israel. Es handle sich um eine „bedeutende Eskalation“. Kriegsschiffe des US-Militärs hätten dabei geholfen, den Raketenangriff abzuwehren.

Die USA hatten zuvor bereits ihre Militärpräsenz in der Nahost-Region verstärkt. Auch beim ersten direkten Angriff des Iran auf Israel im April hatten sich die USA am Abschuss iranischer Drohnen und Raketen beteiligt. Laut Reuters-Zeugen wurden iranische, in Richtung Jerusalem abgefeuerte Raketen, über jordanischem Luftraum abgefangen.

Kurz vor dem Angriff auf Israel habe der Iran Russland informiert, sagte ein hochrangiger Vertreter des Irans der Nachrichtenagentur Reuters. Die USA seien über diplomatische Kanäle ebenfalls kurz zuvor gewarnt worden, hieß es weiter.

Bei den Raketenangriffen wurde mindestens ein Mensch getötet, zwei weitere wurden leicht verletzt. Im besetzten Westjordanland sei ein Palästinenser in Jericho durch herabfallende Raketenteile getötet worden, teilte der örtliche Gouverneur mit. Der israelische Rettungsdienst Magen David Adom meldete zwei leicht Verletzte durch Granatsplitter im Raum Tel Aviv. Zudem seien landesweit einige Menschen sehr leicht verletzt worden, während sie die Schutzräume aufsuchten, andere erlitten Angstattacken, hieß es weiter.

Dem israelischen Militärradio zufolge wurden knapp 200 Raketen auf Israel abgefeuert. Wie die israelische Flughafenbehörde außerdem mitteilte, sind auf allen Flughäfen in Israel Starts und Landungen ausgesetzt.

Aufgrund der aktuellen Lage umfliegt die AUA den iranischen, irakischen und jordanischen Luftraum bis einschließlich 2. Oktober. Das bedeutet, dass der Austrian Airlines Flug von und nach Erbil am Mittwoch gestrichen wird. Die Verbindungen von und nach Tel Aviv bleiben bis einschließlich 31. Oktober ausgesetzt. Nach Teheran finden bis einschließlich 14. Oktober keine Flüge statt, teilten die Austrian Airlines der APA Dienstagabend mit.

Der Iran sperrte unterdessen den Luftraum über Teheran. Flüge am Hauptstadtflughafen seien zunächst gestrichen worden, berichtete die Nachrichtenagentur ISNA am Abend unter Berufung auf den Geschäftsführer des Airports.

In Jordanien wurden die Menschen vor dem Raketenangriff gewarnt. Bürger sollten zu Hause bleiben, um ihre eigene Sicherheit und die ihrer Familien zu gewährleisten, hieß es in einer Mitteilung des jordanischen Militärs. Dieses würde das Land gegen jegliche Bedrohung verteidigen, die die Sicherheit Jordaniens gefährden könne. Die Behörde für zivile Luftfahrt kündigte an, der Luftraum über Jordanien werde vorübergehend geschlossen. Jordanien liegt wie der Irak zwischen dem Iran und Israel. In sozialen Medien machten Videos mit vielen Raketen die Runde, die über dem Nachbarland Israels als helle Leuchtkugeln am Nachthimmel zu erkennen sind.