In der Nacht auf Freitag kam es wieder zu einem für unsere Breiten eher seltenen Himmelsspektakel: Die Nacht hindurch sorgte ein Sonnensturm, laut Geosphere Austria (vormals ZAMG) der zweitstärkste seit dem Jahr 2005, für Polarlichter am Himmel. Die Sicht auf das Phänomen war in Österreich aber durch die Wetterlage beeinträchtigt, die beste Sicht gab es in Vorarlberg und Tirol. Auch auf Webcams sind die Polarlichter erkennbar (foto-webcam.eu).
Der Sonnensturm war in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, begleitet von einem starken Strahlungsausbruch, der Mittwoch um 02.00 Uhr recht zentral auf der Sonnenoberfläche beobachtet werden konnte, gestartet. „Mittels sogenannter Koronografaufnahmen von Weltraumteleskopen wurde schnell ersichtlich, dass sich der Sturm mit hoher Geschwindigkeit auf die Erde zubewegt“, sagte Eva Weiler vom Space Weather Office der Geosphere Austria. „Die Parameter, die von solchen Aufnahmen abgeleitet werden können, insbesondere Richtung und Geschwindigkeit des Sturms, sind wichtige Anfangswerte für Modelle, die die Ankunftszeit der Stürme bei der Erde vorhersagen“, sagte Weiler. Das Sonnensturmmodell der Geosphere habe die Ankunftszeit des Sturms bei der Erde auf fünf Stunden genau abgeschätzt. Das sei ein Wert innerhalb der Fehlergrenzen.
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Am Donnerstag um 16.49 Uhr (Mitteleuropäische Sommerzeit) erreichte der Sonnensturm letztlich die Erde, sorgte anschließend für Polarlichter in Österreich sowie weltweit in hohen bis mittleren Breitengraden. Die Sicht auf die extrem starken Polarlichter, „die die ganze Nacht andauerten“, sei durch Regen und starke Bewölkung beeinträchtigt gewesen und es habe nur „kurzzeitig einige Wolkenlücken“ gegeben, berichtete der Obmann des Astronomischen Arbeitskreises Salzkammergut der Sternwarte Gahberg, Erwin Filimon, gegenüber der APA. Aufgrund der starken Sonnenaktivität sei es aber auch in den nächsten Tagen bzw. Wochen sehr wahrscheinlich, „dass weitere Polarlichter in Österreich zu sehen sind“.
Beobachtungen waren vor allem im Norden und Westen Europas sowie in Slowenien und Italien möglich. Auch über weiten Teilen Deutschlands, etwa in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern, leuchteten in der Nacht farbenfrohe Polarlichter. Das Phänomen tauchte auch über den USA und Großbritannien auf, und selbst in Südfrankreich konnten über dem Mittelmeer ebenfalls rote bis grüne Lichtschleier beobachtet werden.
Nach derzeitigem Stand ist der Sturm um etwa 20 Prozent schwächer als jener im Mai dieses Jahres. Damit ist dieser geomagnetische Sturm nach dem Mai-Event der zweitstärkste in diesem Sonnenzyklus und überhaupt seit 2005″, sagte Weiler. Zudem sei der jüngste Sonnensturm der viertstärkste seit dem Halloween-Ereignis von 2003, teilte Weiler gegenüber der APA mit: „Auswirkungen auf das Stromnetz seien nicht zu erwarten. Aber es kann zu Störungen beim Gebrauch von globalen Navigationssystemen kommen. Der Sturm wird am Freitag noch einige Stunden andauern, was weitere Sichtungen von Polarlichtern in jenen Gebieten der Erde ermöglicht, die nicht dem Tageslicht ausgesetzt sind.“
Der aktuelle Sonnenzyklus sei stärker als der vorhergehende, erklärte die Expertin. Es sei nicht ganz klar, ob schon das Maximum der Sonnenaktivität erreicht worden sei oder noch bevorstehe. In den nächsten Monaten könnte es aber weitere Sonnenstürme geben, die die Erde treffen und die auch unter günstigen Bedingungen zu Polarlichtern in Mitteleuropa führen können.
Polarlichter sind ein Ergebnis des derzeitigen Brodelns auf der Sonne: Deren Aktivität schwankt in einem etwa elfjährigen Zyklus. Der momentane Zyklus hat gerade sein Maximum – ein solches dauert ein paar Jahre, in denen es stets relativ viele Sonneneruptionen gibt. Die bunten Himmelslichter entstehen, wenn koronale Massenauswürfe (CME), also riesige Wolken aus Sonnenplasma, auf das Magnetfeld der Erde treffen.
Die Massenauswürfe können geomagnetische Stürme erzeugen. Die US-Wetterbehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) meldete in der Nacht auf Freitag, dass die aktuellen Stürme Kategorie G4 erreicht hätten. Die in großen Teilen Deutschlands sichtbaren Polarlichter im Mai wurden von einem Sturm der Kategorie G5 ausgelöst, der höchsten Kategorie.