Die Tötung von Hamas-Chef Yahya Sinwar bietet Israel nach den Worten von US-Außenminister Antony Blinken eine günstige Gelegenheit, um auf ein Abkommen zur Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln im Gazastreifen hinzuwirken. Blinken habe bei einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu die Notwendigkeit unterstrichen, diese „Chance“ zu nutzen, sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller in Jerusalem.
Demnach sagte Blinken, dass der Konflikt zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf eine Weise beendet werden müsse, „die Israelis und Palästinensern gleichermaßen dauerhafte Sicherheit bietet“. Blinken habe in dem Gespräch zudem betont, dass Israel zusätzliche Maßnahmen ergreifen müsse, um die Lieferung der humanitären Hilfe in den Gazastreifen zu verstärken und aufrechtzuerhalten, sagte Miller. Israel solle zudem „sicherstellen, dass die Hilfe die Zivilbevölkerung im gesamten Gazastreifen erreicht“.
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Im Gespräch mit Blinken habe auch Netanyahu geäußert, dass Sinwars Tod „eine positive Auswirkung auf die Rückkehr der Geiseln“ haben könnte, teilte das Büro des israelischen Regierungschefs mit. Weiter sei „die iranische Bedrohung“ zur Sprache gekommen und „die Notwendigkeit, dass beide Länder ihre Kräfte gegen sie vereinen“. Der US-Außenminister habe zudem eine „diplomatische Lösung“ im Libanon gefordert. Bei ihrem Treffen hätten beide Seiten auch „die Art der Regierung im Gazastreifen nach dem Ende des Krieges“ erörtert, hieß es weiter.
Blinken war zum Auftakt einer Nahost-Reise am Dienstag in Israel eingetroffen. Es ist sein elfter Besuch in der Region seit Beginn des Gaza-Krieges, der durch den beispiellosen Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden war. Blinken will am Mittwoch weiter nach Jordanien reisen. Dort werde er Gespräche über humanitäre Hilfslieferungen für den Gazastreifen führen, sagte ein US-Beamter an Bord von Blinkens Flugzeug.
Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl in den USA zeigten sich US-Vertreter hoffnungsvoll, dass Blinkens Reise Fortschritte bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen erzielen könnte. Bisherige Bemühungen, den Krieg zu beenden und die Auswirkungen in der Region einzudämmen, blieben erfolglos.
Sinwar war vergangene Woche bei einem israelischen Armeeeinsatz im Süden des Gazastreifens getötet worden. Der Hamas-Chef und Drahtzieher des Überfalls vom 7. Oktober war von US-Beamten als unnachgiebig in den Verhandlungen beschrieben worden.
Aus Hamas-Kreisen erfuhr die Nachrichtenagentur AFP unterdessen, dass die vom Iran unterstützte Palästinenser-Organisation zunächst keinen Nachfolger für Sinwar bestimmen will. Stattdessen solle ein fünfköpfiges Gremium, dessen Mitglieder sich derzeit in Katar befänden, die Führung der islamistischen Gruppierung übernehmen. Das Komitee war den Angaben zufolge im August nach der Tötung des damaligen Hamas-Chefs Ismail Haniyeh in Teheran gebildet worden.
Es ist Blinkens erster Besuch in der Region, seit der Konflikt zwischen Israel und der mit der Hamas und dem Iran verbündeten Hisbollah-Miliz im Libanon eskaliert ist. Die Hisbollah hatte nach Beginn des Gazakriegs mit permanenten Raketenangriffen auf den Norden Israels eine zweite Front gegen Israel eröffnet.
Wie die Hisbollah am Dienstag mitteilte, lehnt die radikalislamische Miliz Verhandlungen mit Israel ab, solange die Kämpfe andauern. Das betonte der Leiter des Medienbüros der militanten Gruppe, Mohammad Afif, auf einer Pressekonferenz in den südlichen Vororten Beiruts. Zugleich bekennt er: „Die Hisbollah übernimmt die volle und alleinige Verantwortung für den Angriff auf das Haus von Israels Premierminister Netanyahu.“