In die zähen Verhandlungen auf der UNO-Klimakonferenz in Baku ist am Freitag zwar Bewegung gekommen, ein Durchbruch vor Samstag war allerdings nicht mehr in Reichweite. Laut den von der COP-Präsidentschaft vorgelegten Beschlussvorlagen sollen vor allem Industriestaaten ihre jährlichen Klimafinanzierungsbeiträge an Entwicklungsländer bis 2035 auf 250 Milliarden Dollar (240 Milliarden Euro) erhöhen, was nicht nur diese als unzureichend kritisierten.
Die ursprünglich bis Freitagabend 18.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) angesetzte Konferenz wird nun voraussichtlich in der Nacht auf Samstag weitergehen. Am späten Abend fanden sich am Veranstaltungsort erneut zahlreiche Delegierte ein. Ziel ist das Erreichen eines Kompromisses, der in einer abschließenden Plenarsitzung fast 200 Nationen zur Genehmigung vorgelegt werden soll. Nach Angaben der Organisatoren wird diese Sitzung nicht vor Samstag um 10.00 Uhr Ortszeit (07.00 Uhr MEZ) stattfinden. Jedes Abkommen auf der COP29 muss von allen Ländern angenommen werden. Die Zeit drängt, viele Delegationen planen, vor Sonntag abzureisen.
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Bisher hatten sich die Industriestaaten zu Beiträgen von jährlich 100 Milliarden Dollar an Entwicklungsländer ab 2020 verpflichtet. In Baku wird über einen neuen Finanzrahmen für den Zeitraum von 2025 bis 2035 verhandelt. Die Entwicklungsländer verlangen dafür eine Erhöhung der jährlichen Zuwendungen auf 1,3 Billionen Dollar. Auch diese Zahl ist in dem Beschlussentwurf enthalten als anzustrebendes Gesamtziel im Jahr 2035. Zu den 250 Milliarden Dollar heißt es, Industriestaaten sollten hierbei „die Führung übernehmen“.
„Einladung“ zu freiwilligen zusätzlichen Beiträgen an China & Co.
Neben staatlichen Beiträgen der Industriestaaten sollen auch Mittel multilateraler Institutionen sowie private Investitionen berücksichtigt werden. Entwicklungsländer werden „eingeladen“, freiwillig zusätzliche Beiträge zu leisten. Dies zielt auf die Forderung der Industriestaaten, auch wirtschaftlich starke Schwellenländer wie China oder reiche Golfstaaten in den Kreis der Geberländer einzubeziehen. Aktuell wird ein Teil der Gelder als Kredit ausbezahlt.
Trotzdem seien mit den neuen und überarbeiteten Beschlussentwürfen der Präsidentschaft Aserbaidschans Fortschritte erzielt worden, resümierte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf der COP29. Der Weg zum Ziel sei aber steinig, da noch immer viele offene Stellen in den Vorlagen zu finden seien. „Der finale Text kann besser oder auch schlechter werden. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren“, sagte Gewessler am Freitag.
Gewessler warnt vor Rückschritten
Hinweise auf Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen fehlen in diesem Beschlussentwurf. Bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen müsse „Kurs gehalten“ werden, so Gewessler dazu. Im Vorjahr wurde bei der Klimakonferenz in Dubai erstmals der Ausstieg aus fossilen Energien festgehalten. „Wir dürfen jetzt keinen Schritt zurückgehen“, sagte Gewessler nach einer EU-Koordinierung mit anderen Ministerinnen und Ministern und Vertretern der Union.
Allerdings wird in einem weiteren Papier wie von den Industrieländern gefordert auf Beschlüsse der Vorgängerkonferenz von Dubai verwiesen. Dabei geht es um die Abkehr von fossilen Energieträgern sowie die Verdreifachung erneuerbarer Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030.
„Verachtung“ vonseiten der Gruppe der kleinen Inselstaaten
Kritik an den Papieren kam zunächst vor allem aus den Reihen der Entwicklungsländer. Der Verhandlungsführer der Gruppe der afrikanischen Staaten, Ali Mohamed, bezeichnete die Vorlagen als „völlig unannehmbar“ und „ungeeignet, die Vorgaben des Pariser Abkommens umzusetzen“. Die Gruppe der kleinen Inselstaaten (AOSIS) drückte ihre „Verachtung“ dafür aus. „Die Zahl ist zu niedrig“, erklärten auch die UNO-Ökonomen Amar Bhattacharya, Vera Songwe und Nicholas Stern mit Blick auf die 250 Milliarden Dollar.
Auch Umwelt- und Entwicklungsverbände bewerteten die Entwürfe kritisch. Die Summe von 250 Milliarden Dollar sei „enttäuschend“, sagte die Klimachefin von WWF-Deutschland, Viviane Raddatz. Christoph Bals von Germanwatch wies darauf hin, die geforderten 1,3 Billionen Dollar würden in dem Text nur schwach angedeutet.
„Wirklich verhärtete Fronten“
„Die nach diesem Text vorgesehene Unterstützung in den kommenden zehn Jahren wird dem wachsenden Bedarf der einkommensschwachen Länder in keiner Weise gerecht“, kritisierte auch Jan Kowalzig von Oxfam. Etwas positiver fielen Bewertungen der Formulierungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen aus.
„Wirklich verhärtete Fronten“ seien im Laufe der Woche zu beobachten gewesen, blickt die ehemalige Generalsekretärin des Weltklimarates (IPCC), Renate Christ, in einem von „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“ organisierten Pressegespräch am Freitag auf den bisherigen Verlauf der COP29 zurück. Trotzdem wäre es „sehr schlimm, das jetzt abzubrechen“.