Wiener Würstelstände sind immaterielles Weltkulturerbe

Würstelstände wurden von der UNESCO geadelt © APA/THEMENBILD/GEORG HOCHMUTH

Den „schoafen René“ und andere Würstelstandbetreiber freut es: Die Wiener Institution ist nun auch immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO. Neben dem frei stehenden Stand begründete die UNESCO dies mit dem Angebot, der Atmosphäre und dem Sprachschatz, der sich rund um die Imbissstände gebildet hat. Damit ist amtlich, dass auch Begriffe wie die „Haaße“ (Burenwurst), das „Krokodü“ (Essig- oder Delikatessgurke) und das „Oaschpfeiferl“ (scharfer Pfefferoni) umfasst sind.

„Damit reiht sich diese einzigartige Institution in die Gesellschaft der Wiener Kaffeehaus- und Heurigenkultur ein und unterstreicht die Bedeutung der Würstelstände als Orte der Begegnung, der kulinarischen Vielfalt und der Wiener Lebensart“, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung der Stadt. „Der Wiener Würstelstand ist nicht nur ein Ort der kulinarischen Genüsse, sondern auch ein lebendiges Symbol der Wiener Lebensart. Seine Ernennung zum immateriellen Kulturerbe ehrt die Tradition, die Gastfreundschaft und die Vielfalt unserer Stadt“, kommentierte der erfreute Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

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Auch Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, freute sich über die Ehrung für das kulinarische Gut: „Dass die UNESCO nun den Wiener Würstelstand als Kulturerbe auszeichnet, ist eine schöne Bestätigung der Arbeit unserer Standler und mehr als verdient. Die Würstelstände gehören zu Wien, wie die Heurigen und die Kaffeehäuser. Sie sind nicht nur eine kulinarische Institution, sondern auch soziale Treffpunkte. Und viele Standbetreiber verlassen sich nicht nur auf die Tradition, sondern entwickeln ihr Gewerbe durch neue Angebote weiter.“

Feier mit Schampus und „Eitriger“

Dem „schoafen René“ und seinen Kollegen war am Mittwoch naturgemäß zum Feiern zumute, wenngleich nur partiell standesgemäß: „Der Bitzinger (Standbetreiber unter anderem vor der Albertina, Anm.) hat eine Magnumflasche Champagner mitgebracht“, sagte René Kachlir, Betreiber des Standes am Schwarzenbergplatz, zur APA. Dazu gab’s Käsekrainer (Eitrige), „des rutscht“. Kachlir lobte vor allem seine Kollegin Patricia Pölzl, die den Würstelstand „eh scho wuascht“ beim Zentralfriedhof betreibt. Sie habe die Bewerbung in perfekter Weise geschrieben, sodass die UNESCO auch bei ihren hohen Anforderungen gar nicht anders konnte, als dem Antrag zuzustimmen.

Geschichte bis in die k.u k.-Zeit

Die Geschichte der Wiener Würstelstände reicht bis in die Zeit der Monarchie, wo fahrbare Garküchen Veteranen eine Einkommensquelle boten. Mit der Erlaubnis fester Standorte ab 1969 entwickelte sich die Institution weiter und prägt das Alltagsleben der Stadt. Der Snack beim Bitzinger nach dem Besuch der Staatsoper gehört genauso dazu wie der schnelle Imbiss für Schichtarbeiterinnen und -arbeiter. So sind die Würstelstände auch Orte, an dem soziale Barrieren verschwinden.

Die Würstelstände sind mittlerweile auch in die Wiener Kultur eingegangen. Sie sind in der Literatur bei Friedrich Torbergs „Tante Jolesch“ und HC Artmanns „Im Schatten der Burenwurscht“ zu finden und wurden in Elisabeth T. Spiras „Alltagsgeschichten“ in legendärer Weise gewürdigt. Der älteste noch bestehende Stand ist übrigens der 1928 eröffnete „Würstelstand Leo“ am Döblinger Gürtel, so die Stadt.

Die „Eitrige“ ist für Touristen

Klar ist auch trotz dem immateriellen Weltkulturerbe: Wer beim Würstelstand eine „Eitrige mit an Gschissenen (süßer Senf, Anm.), an Bugl (Brotscherzerl, Anm.) und an Blech (eine Dose Bier, Anm.)“ bestellt, outet sich als Tourist, der ein bisschen zu viel im Vorfeld gegoogelt hat.