Bei den Koalitionsverhandlungen haben sich am Mittwoch die Spitzenverhandler zu den heißen Themen Budget und Konjunktur eingeschaltet. Bei einem „Runden Tisch“ kamen am Nachmittag Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), SPÖ-Chef Andreas Babler und die NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger mit Wirtschaftsexperten zusammen. Anschließend berieten die drei Parteispitzen im Bundeskanzleramt bis zum späten Abend weiter. Über Ergebnisse wollen sie erst am Donnerstag informieren.
Die schwierige Budgetsituation hatte zuletzt das Gesprächsklima bei den Koalitionsverhandlungen deutlich getrübt. Ziel des Gesprächs war es daher auch, sich zumindest über die wirtschaftliche und budgetäre Ausgangslage zu einigen. SPÖ-Chef Andreas Babler meinte, dies sei „Grundlage für nahezu jede Entscheidung“ in den Untergruppen. NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger „wunderte“ sich ihrerseits vor Beginn des Treffens über den Schlagabtausch zwischen ÖVP und SPÖ in den vergangenen Tagen, insbesondere seitens der Sozialdemokraten: „Die Zeit sich was auszurichten, sollte vorbei sein.“
Lesen Sie auch
Meinl-Reisinger bei Steuern zurückhaltend
Mäßig begeistert zeigte sie sich weiter von Steuererhöhungen, wie sie zuletzt auch ÖVP-Chef Karl Nehammer nicht mehr ausgeschlossen hatte. Grundsätzlich sei es nun der Job der Verhandler, in der jetzigen Situation zu sagen, wo Staat und Politik Effizienzen heben und sparsamer mit Steuergeldern umgehen können: „Das ist der allererste Schritt, bevor man nachdenkt, wie man Bürger belastet.“
Fiskalratspräsident Christoph Badelt, der als Experte an dem Treffen im Bundeskanzleramt teilnahm, betonte hingegen vor Beginn der Sitzung, dass Steuererhöhungen und Reformen angesichts des großen Budgetlochs unumgänglich seien: „Das Konsolidierungsvolumen ist so groß, dass es sowohl ausgaben- als auch einnahmenseitige Maßnahmen brauchen wird.“ Seinen Angaben zufolge kann man die Budgetzahlen noch nicht letztgültig sagen: „Vollkommene Sicherheit gibt es noch nicht.“
Ähnlich äußerte sich Wifo-Chef Gabriel Felbermayr nach dem Termin am Abend. „Wir brauchen einen Abbau des Defizits, das wird man von beiden Seiten angehen müssen einnahmen- und ausgabenseitig“, langfristig seien aber vor allem Ausgabenelemente die wichtigen, so Felbermayr. Die wesentlichen Zahlen würden auf dem Tisch liegen, sagte er auf eine entsprechende Frage.
Anderl gegen Erhöhung der Grunderwerbssteuer
Wenig begeistert von einer jüngst von ÖVP-Chef Nehammer ins Spiel gebrachten möglichen Erhöhung der Grunderwerbssteuer zeigte sich Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl am Abend in der „Zib2“. „Das ist sicher nicht der richtige Weg“ und treffe etwa Familien, die sich mit einem hohen Kredit ein Kleingartenhaus errichtet hätten. Der erste Weg müsse es sein dort hinzusehen, „wo einfach mehr Geld vorhanden ist“, sagte Anderl mit Blick auf Vermögenssteuern und hielt auch an ihrer Forderung nach Arbeitszeitverkürzungen fest.
Der NEOS-Abgeordnete Sepp Schellhorn sprach nach dem „Runden Tisch“ von einem „guten Termin, es geht weiter“. Nun werde in einem straffen Zeitplan weiter verhandelt. Nach den anschließenden Gesprächen der Chefverhandler gab es keine Pressestatements. Die Parteichefs verließen das Bundeskanzleramt über einen Hinterausgang. Am Donnerstag soll über das weitere Vorgehen informiert werden.
Die Chefs der Verhandlungsteams von ÖVP, SPÖ und NEOS wollen die Budgetzahlen möglichst außer Streit stellen. In Sachen Konsolidierungsbedarf waren zuletzt Zahlen zwischen 15 und 23 Milliarden Euro durch die Gegend geschwirrt. Während die SPÖ auf einen „Kassasturz“ zum Budget drängte, hatte die ÖVP hatte zuletzt argumentiert, man solle noch aktualisierte EU-Zahlen einbeziehen, die laut Parteichef Nehammer aber erst Mitte des Monats vorliegen werden.
Besser dürften die Aussichten nicht wirklich werden, zeigten am Mittwoch doch auch die neuesten Wirtschaftsdaten ein überraschend negatives Bild. Das BIP-Minus von 0,6 Prozent im dritten Quartal ist deutlich höher als die vom Wifo prognostizierten 0,1 Prozent, die auch Basis für die Defizitprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts waren. Damit ist davon auszugehen, dass die kurz vor Weihnachten erwartete nächste Prognose noch schlechter ausfällt als die zuletzt genannten 3,7 Prozent für heuer und 4,0 für 2025.