Mit der Einstellung der Online-Ausgabe des Oberösterreichischen Volksblattes zu Jahresende 2024 verliert Oberösterreichs Medienlandschaft einen wichtigen Player, gewachsen aus der katholischen Kirche, der unser Land 156 Jahre lang medial mitgeprägt hat.
Gegründet vom Katholikenverein, erschien das Volksblatt am 2. Jänner 1869 zum ersten Mal: Programmatisch hieß es im Aufmacher: Eine Zeitung für das ganze Land und eine, die auf die Gesellschaft einwirken möge, solle sie sein. Der Katholische Preßverein, der die „Förderung der katholischen Interessen auf dem Gebiet der gesamten Presse in der Diözese Linz“ (aus der Satzung 1870) zum Ziel hatte, verlegte sie in weiterer Folge bis 1970. Viele Jahre der Geschichte des Volksblattes sind somit mit der katholischen Kirche eng verknüpft.
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Freilich war das Volksblatt zur Zeit seiner Gründung und in den Folgejahrzehnten auch ein Kind seiner Zeit. Die Zeitung wird zum Sprachrohr des katholischen Lagers, auch wenn sich Bischof Gföllner (1915–1941) von der eigenen Presse manchmal im Stich gelassen fühlte, und bleibt dies auch im Ständestaat.
Bedeutsam ist der im „Linzer Volksblatt“ am 7. Dezember 1935 abgedruckte „Sozialhirtenbrief“ der österreichischen Bischöfe, in dem diese angesichts der wirtschaftlichen Krise eindringlich den Ruf nach sozialer Gerechtigkeit erheben. 1938 wird die Zeitung von der NSDAP eingestellt. 1945 wiedergegründet, erscheint sie ab 1950 wieder unter der Ägide des Preßvereins als katholische Zeitung. 1970 wird das Volksblatt von der Österreichischen Volkspartei übernommen und bereichert die oberösterreichische Medienlandschaft weitere 54 Jahre.
Medien sind Deuterinnen der Wirklichkeit. Sie sind wesentliche Pfeiler unserer liberalen Demokratie. Die Gestaltung unseres Lebensumfeldes ist abhängig von hinreichendem Wissen über aktuelle gesellschaftliche, wissenschaftliche oder politische Vorgänge und vom richtigen Handeln aus diesen Erkenntnissen. Das Volksblatt ist immer in enger Beziehung zu den Menschen – so die Grundausrichtung von Anfang an – hier in Oberösterreich gestanden. Es wurden nicht nur Daten und Ereignisse aneinandergereiht, es wurden Erfahrungen und Weltsichten in Beziehung gesetzt.
Uns steht – wie es eine Generation zuvor noch nicht der Fall war – eine Flut an Informationen via Smartphone permanent zur Verfügung. Das überfordert bisweilen. Insbesondere auf Social Media stellen unüberprüfbare Behauptungen oder als Fakten verkaufte Unwahrheiten die Gesellschaft vor gehörige Probleme. Angesichts dessen ist jeder einzelne Verlust seriöser Print- und Onlinemedien äußerst bedauerlich.
Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Journalistinnen und Journalisten und all jenen, die für die Herausgabe des Oberösterreichischen Volksblattes Verantwortung getragen haben, sehr für ihre Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten. Das Volksblatt hat darauf geachtet, dass im Zentrum der Nachricht der Mensch steht. So hat es viel zur Entwicklung des Guten in unserem Land beigetragen und Wege der Gemeinschaft und des Friedens erschlossen.
Von Bischof Manfred Scheuer