Mehr Medienkompetenz in der Schule

MISCHA – Medien in Schule und Ausbildung hat in den letzten Schuljahren mehrere Schreibwettbewerbe initiiert, an denen zahlreiche Schülerinnen und Schüler mitgemacht und eigene Beiträge zu verschiedenen Themen verfasst haben.

Die Veröffentlichung der Siegerbeiträge in Zeitungen und Magazinen ist eine besondere Motivation für Schülerinnen und Schüler und damit ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Wettbewerbe.

Im Wintersemester 2020/21 wurde in Kooperation mit „Initiative for Teaching Entrepreneurship“ (ifte) ein Schreibwettbewerb zum Titel „Mobilität – Immer in Bewegung“ ausgeschrieben und Schülerinnen und Schüler ab der 9. Schulstufe eingeladen, einen Beitrag zu verfassen.

Aufgrund der zahlreichen Einsendungen hat die Jury gleich zwei Gewinnertexte prämiert. Die 17-jährige Schülerin Dana Junghans aus Rankweil in Vorarlberg und der 20-jährige William Stastný vom Österreichischen Gymnasium in Prag konnten mit ihren Kommentaren überzeugen.

Flügel aus Eisen und Stahl

Kommentar von Dana Junghans (HLW Rankweil, Vorarlberg)

Es gibt eine alte griechische Sage. Sie handelt von einem jungen Mann, der mit Hilfe wächserner Flügel das Fliegen meisterte – zumindest kurzfristig, denn er kam der Sonne zu nahe, seine Flügel schmolzen und er stürzte in die Tiefen des Ozeans. Die Lehre der Geschichte? – Übermut kommt vor dem Fall. Doch warum wollte besagter Grieche überhaupt fliegen? Es ging ihm um Freiheit – oder besser gesagt: räumliche Mobilität.

Tatsächlich ist räumliche Mobilität essenziell für das Überleben eines Menschen, denn sie beschreibt die körperliche Bewegungsfreiheit. Der Homo Sapiens ist nicht darauf ausgelegt, Fotosynthese zu betreiben – außer ihm wachsen Wurzeln und Blätter, was aus evolutionstheoretischer Sicht allerdings stark zu bezweifeln ist. Aber nicht nur die
Fortbewegung zu Fuß ist im Konzept der räumlichen Mobilität inkludiert, sondern sie
umfasst auch jegliche Transporthilfen wie z. B. – um an obige Sage anzuknüpfen – die
wächsernen Flügel des Ikarus oder die über eine Milliarde Autos, die in der
Weltgeschichte unterwegs sind.

Man könnte also behaupten, dass dank der Industrialisierung seit dem 19. Jahrhundert
die Menschheit heute so mobil ist wie nie zuvor. Autos, Züge und Schiffe verfrachten
einen, fast schon in Sekundenschnelle, von A nach B. Und damit ist das Ende der
Transportmöglichkeiten des 21. Jahrhunderts noch nicht erreicht. Denn der Mensch hat
mindestens ein weiteres Ass im Ärmel: Flugzeuge – Flügel aus Eisen und Stahl. Sie
ermöglichen, ein Territorium in Anspruch zu nehmen, für das der Mensch nie gedacht
war: den Luftraum. Mit dieser Errungenschaft ist Mobilität sogar noch einfacher als
zuvor. Man kauft sich ein Ticket, setzt sich in den nächstbesten Flieger und schon sitzt
man – allem Hochgebirge und Weltmeer zu Trotz – innerhalb weniger Stunden auf einer mehr oder weniger verlassenen Insel.

Mobilität. Für Ikarus bedeutet sie Freiheit. Doch was bedeutet sie für uns? Tatsächlich
hat Fliegen aktuell für viele nur noch wenig mit diesem Gefühl der Ungebundenheit zu
tun. Gerade „Berufsflieger“ wissen wovon hier die Rede ist: man quetscht sich auf einen viel zu kleinen Sitz mit einem viel zu engen Gurt. Das Gefühl der Freiheit bleibt aus. Wie kompensiert der Mensch dieses unerfüllte Sehnen nach Freiheit? Er baut, auf der Suche nach dem Glücksgefühl, das Ikarus damals verspürte, Maschinen, die immer höher und weiter kommen – bis zum Mond und darüber hinaus. Doch das Gefühl der Freiheit bleibt weiterhin aus.

Was wäre, wenn man einen evolutionstechnischen Schritt zurückgehen würde? Wenn
man auf dem Boden bleiben würde? Nur vom Fliegen träumen würde?

Mutter Natur würde es einem danken, denn ohne Flugzeuge fallen schließlich die dabei
ausgestoßenen Treibhausgase weg. Die Menschheit wird aber so oder so eher früher
als später an ihre Grenzen stoßen. Sie hat nämlich in ihrem Weiterentwicklungswahn
eine wichtige Sache vergessen: auch Flügel aus Eisen und Stahl schmelzen, wenn sie
der Sonne zu nahekommen.

Wie sollte aus deiner Sicht die Mobilität der Zukunft aussehen?

Kommentar von William Šťastný (Österreichisches Gymnasium Prag)

Mobilität ist ein breites Themengebiet. Aber nicht für jeden von uns ist es selbstverständlich, sich frei zu bewegen. Im Laufe der Jahrhunderte gab es viele Innovationen wie Rollstühle, Prothesen und Rehabilitationsverfahren. Dies ermöglichte es jenen Menschen, deren körperliche Fähigkeiten eingeschränkt sind, ein mobileres Leben zu führen. Dies werden jedoch nicht die letzten Innovationen in diesem Bereich sein, und ich glaube, dass es durch die Verwendung von Stammzellen oder anderen wissenschaftlichen Entdeckungen möglich sein wird, die Mobilität für Menschen mit Beeinträchtigungen in Zukunft vollständig wiederherzustellen.

Dies mag zu optimistisch erscheinen. Wissenschaftlich ist es aber erwiesen, dass Stammzellen in der Lage sind, beschädigtes Gewebe wiederherzustellen und zu reparieren. Dies schließt auch die Nerven ein und könnte weitreichende Folgen haben. So könnte eine Person, deren Rückenmark etwa aufgrund eines Unfalls beschädigt wurde und daher die Arme oder Beine nicht mehr bewegen kann, möglicherweise wieder die volle Kontrolle über die Gliedmaßen erlangen.

Das derzeit größte Problem, mit dem die Stammzellforschung kämpft, ist die Debatte über die Ethik. Ist es ethisch vertretbar, einem künstlichen Embryo ein Leben zu nehmen, um das Leben eines anderen Menschen zu retten oder zu verbessern? Ich denke, dass Menschen mit Behinderungen eine Chance auf ein normales Leben verdienen, wenn sie dies wünschen. Daher denke ich, dass die Stammzellforschung und ihre Verwendung als Heilsubstanz das nächste goldene Zeitalter der Medizin einleiten werden.

Aber was ist mit Menschen, die Gliedmaßen verloren haben? Die Wissenschaft kann uns immer überraschen. Denken wir zurück an das neunzehnte Jahrhundert. Wer hätte sich damals vorstellen können, dass Transplantationen ein so wichtiger Bestandteil der Medizin werden würden? Heutzutage können wir vieles transplantieren – Organe wie Gliedmaßen. Bisher wurde jedoch noch keine Möglichkeit gefunden, einen Arm oder ein Bein künstlich nachwachsen zu lassen. Während dies für uns noch im Bereich der Science-Fiction liegt, sehen unsere Prothesen zunehmend aus wie aus Star Wars. Die Innovationen in diesem Bereich haben vielen Menschen mit Missbildungen oder fehlenden Gliedmaßen das Leben erheblich erleichtert.

Womit wir heute zu kämpfen haben, könnte die Wissenschaft von morgen zum Kinderspiel machen. Die ethische Debatte hat bereits zu lange gedauert und wir sollten vorankommen, damit die Wissenschaft der Menschheit weiterhin helfen kann. Daher halte ich weitere Investitionen in die Stammzellforschung und die prothetische Entwicklung für erforderlich. Bevor diese Technologien verfügbar sein werden, sollten wir uns jedoch alle bemühen, das Leben von Menschen mit geringerer Mobilität so schön und zugänglich wie möglich zu gestalten. Viele der betroffenen Menschen mussten schon oft ihre Stärke beweisen und haben mehr aushalten müssen, als wir uns vorstellen können. Deshalb sollten wir versuchen, die Welt für sie zu einem besseren Ort zu machen.