Frauen erkranken anders als Männer: Wissen noch zu gering

JKU-medTalk widmete sich der Gendermedizin: Die meisten Erkenntnisse gibt es bisher bei Herzerkrankungen – Handlungsbedarf aber groß

V. l.: JKU-Vizerektorin Elgin Drda, Herzchirurg Andreas Zierer, Nierenspezialistin Marlies Antlanger, Moderatorin Christine Haiden und Onkologe Clemens Schmitt
V. l.: JKU-Vizerektorin Elgin Drda, Herzchirurg Andreas Zierer, Nierenspezialistin Marlies Antlanger, Moderatorin Christine Haiden und Onkologe Clemens Schmitt © Röbl

Dem Spannungsfeld Gender- und personalisierte Medizin widmete sich der 2. medTalk Mittwochnachmittag im Loft der medizinischen Fakultät in Linz.

Klare Erkenntnis dabei war, dass es noch viel zu wenig Wissen, darüber gibt, wie sich manche Erkrankungen auf Männer oder Frauen auswirken und ob eine gezielte geschlechtsspezifische Behandlung zu einem anderen Ergebnis – besseren Outcome – führen würde.

Im Bereich der kardiovaskulären (Herz- und Blutgefäße betreffenden) Erkrankungen würden Studien bereits eindeutig belegen, dass Frauen etwa bei einem Herzinfarkt andere Symptome schildern als Männer und sie meist mit einem weit fortgeschritteneren Krankheitsverlauf zur Behandlung kommen, schilderte Univ.-Prof. Andreas Zierer, Vorstand der Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Kepler Uniklinikum (KUK).

Entsprechend höher sei die Sterblichkeit. Europaweit wären im Vorjahr 46 Prozent der Todesfälle von Frauen auf eine kardiovaskuläre Erkrankung zurückzuführen, bei den Männern nur 37 Prozent. Demnach könnten 400.000 Frauen pro Jahr überleben, würde das Ausmaß ihrer Erkrankung frühzeitig erkannt.

Ergebnisse nicht nach Geschlecht analysiert

Laut Univ.-Prof. Clemens Schmitt, Vorstand der Hämatologie und Internistischen Onkologie, gäbe es eine große Menge an Studiendaten, deren Ergebnisse derzeit noch nicht nach dem Geschlecht ausgewertet werden.

Gerade in der Krebsforschung würde er sich wünschen, einen Mittelweg zwischen evidenzbasierter (durch Studiendaten belegter) und personalisierter Medizin zu finden, quasi Schubladen mit je nach Erkrankung relevanten Gruppengrößen, um dem einzelnen Patienten eine vielfach erprobte Krebstherapie angedeihen zu lassen, die zudem noch genau zu ihm passt. „Denn eine Therapie exakt heruntergebrochen auf eine Person kann nicht vielfach erprobt sein“, erläutert Schmitt die Komplexität.

Oberärztin Priv.-Doz. Marlies Antlanger, Nephrologin am KUK, erläuterte, dass es deutlich mehr Frauen gibt, die an einer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche und -versagen) leiden als Männer, aber zwei Drittel der Dialyse-Patienten männlich sind und auch mehr Männer transplantiert werden müssen.

Das hätte mit biologischen Faktoren zu tun, aber auch damit, dass Frauen mehr zur Vorsorge gehen, genauer die Therapie hinterfragen würden und mehr Therapietreue an den Tag legen. „Frauen fragen etwa im Zuge einer Krebserkrankung nach einer psychologischen Betreuung, Männern muss man sie aktiv anbieten“, so die Erfahrung des Onkologen.