Religionsfreiheit findet ihre Grenzen, „wo Gegenentwürfe zu unserer Lebensrealität gezeichnet werden“ — diese von Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) aufgezeichnete rote Linie wird hierzulande überschritten. Das belegt die am Montag präsentierte Studie zu „Koranschulen und Moscheeunterricht in OÖ“.
Im Auftrag der Integrationsstelle des Landes beforschte ein Team unter Leitung des Theologen Thomas Schlager-Weidinger von der PH der Diözese Linz 15 von 65 oö. Moscheegemeinden. Zwischendurch stand das Projekt auf der Kippe, weil die Forscher wegen Medienberichten, in denen im Zusammenhang mit der unfertigen Studie ein „Fokus auf die Themen Parallelgesellschaft und politischer Islam gelegt wurde“, mit dem Ende ihrer Arbeit gedroht hatten.
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Diese Irritationen waren am Montag vergessen: Hattmannsdorfer dankte der Islamischen Relgionsgemeinde (IRG) „für die gute Zusammenarbeit“, deren Ergebnis freilich viele Befürchtungen bestätigt. In den oö. Moscheen wird nicht nur kaum Deutsch gesprochen, viele sind auch Schulen des politischen Islams, wo den 1405 dort unterrichteten Kindern ein islamistisches Weltbild vermittelt wird.
Die Kritikpunkte
Dies belegt die vom Religionspädagogen Mouhanad Khorchide (Uni Münster) beigesteuerte Analyse des Lehrmaterials. Seine zentralen Kritikpunkte:
- Keines der Materialien hat einen Bezug zum Leben der Muslime in Österreich.
- Fast alle Lehrbücher vermittelten „eine religiös exklusivistische Haltung, die den Islam über andere Religionen stellt“.
- In den meisten Büchern werden „erwachsene Mädchen, aber auch Mütter (diese sogar zuhause) stets mit Kopftuch abgebildet“, zum Teil sogar minderjährige Mädchen.
- In fast allen Darstellungen in den türkischsprachigen Büchern „haben muslimische Kinder nur muslimische Freunde und Freundinnen“.
- Die meisten Materialien seien „eine Art Sammlung an Restriktionen“. Es würden, so Khorchide, „kaum Reflexionsprozesse bei den Kindern angestoßen, sondern die Botschaft ist klar: Du sollst dich an die Ratschläge/Instruktionen halten, ansonsten wirst du mit einer negativen Konsequenz konfrontiert“.
Das verwundert nicht angesichts des laut Studie zentralen Ziels des Moscheeunterrichtes: Rezitation des Korans in arabischer Sprache. „Um eine inhaltliche Auseinandersetzung geht es nicht.“
Nun soll alles anders werden. Denn die IRG teilt Hattmannsdorfers Forderung nach einer Überarbeitung der Lehrbücher, der sich auch FPÖ-Landesparteisekretär Michael Gruber und die für Integration zuständige Linzer SPÖ-Vizebürgermeisterin Tina Blöchl anschlossen. Gemeinsam wolle man Deutschkurse, Aus- und Fortbildung für Lehrkräfte und eine Überprüfung des Lehrmaterials im Hinblick auf Österreich-Bezug, Befähigung zur Mündigkeit und interreligiöse Kompetenz organisieren.
Bock als Gärtner?
Ein Problem blendet die Studie jedoch aus: Dass sich nämlich der islamistische Bock zum Reformgärtner macht. Schlager-Weidinger sieht den fehlenden Blick auf ideologische Hintergründe und Vernetzungen der Moscheegemeinden zwar nicht als Mangel, weil nicht Untersuchungsauftrag, dieser würde aber das ernüchternde Forschungsergebnis erklären: Sechs der 15 untersuchten Einrichtungen betreibt die Austria Linz Islamische Föderation (Alif), die Teil der in Deutschland als „extremistisch“ eingestuften Milli-Görüs-Gemeinschaft (IGMG) ist, drei die Atib-Union mit engsten Beziehungen zur türkischen Religionsbehörde Diyanet. Moscheeunterricht gibt laut Studie auch der den rechtsextremen Grauen Wölfen zugerechnete Linzer Verein „Avraysa“.
Sowohl IRG-Vorsitzender Binur Mustafi, als auch IRG-Bildungsreferent Keskin Muharrem kommen von der Islamischen Föderation. Der Inhalt der Lehrbücher konnte die beiden daher kaum überraschen, gibt er doch nur die Milli-Görüs-Ideologie wider. 32 der 36 untersuchten Bücher werden vom Plural-Verlag bezogen, der in Köln unter dem Dach der IGMG-Zentrale residiert. Die Studie lässt all diese aufschlussreichen Zusammenhänge unerwähnt.
Für den Islamismus-Experten Efgani Dönmez „sind diese Koranschulen mit ihren reaktionären, nationalistisch-islamistischen Betreibern im Hintergrund eine absolute Gefahr“, die in Österreich keinesfalls salonfähig gemacht werden dürften.
Von Manfred Maurer