Auf Kriegsfuß mit der Wissenschaft

Islam-Vereine machen mobil gegen Forscher, die den Politischen Islam zu entschleiern versuchen

Ednan Aslan gerät wie manche anderen Wissenschaftler gerät immer wieder unter Beschuss, weil er Fragen aufwirft, denen sich Islam-Vereine nicht gern stellen.
Ednan Aslan gerät wie manche anderen Wissenschaftler gerät immer wieder unter Beschuss, weil er Fragen aufwirft, denen sich Islam-Vereine nicht gern stellen. © APA/Hochmuth

„Ich könnte mich zu Tode ärgern, dass ich ihn eingeladen habe“ — Susanne Schröter streute sofort Asche aufs Haupt, als der ehemalige Grünen-Politiker Boris Palmer Ende April auf einer von ihr organisierten Konferenz über Migration an der Frankfurter Goethe-Universität für einen Eklat sorgte.

Der Tübinger Oberbürgermeister benutzte das „N….“-Wort und leistete sich eine Holocaust-Relativierung, indem er die ihm entgegenschlagende Empörung mit dem Judenstern verglich.

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Holocaust-Vergleiche

Die Distanzierung ersparte Schröter den Shitstorm nicht. In Webforen wird der Ethnologie-Professorin Rassismus vorgeworfen und ihre Entfernung von der Uni gefordert. Der Zorn quillt vor allem aus einer Ecke, wo es völlig normal ist, das eigene Schicksal mit dem der Juden zu vergleichen: Islamistische Gruppierungen feuern aus allen Rohren auf Schröter, ist sie doch auch Leiterin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“ und Mitglied im Expertenrat der österreichischen Dokustelle Politischer Islam.

Die Islamisten-Gruppe „Realität Islam“ bejubelte den Entzug der Lehrbefugnis für den islamischen Religionspädagogen Ourghi, der in seinen Büchern gegen Kopftuch und muslimischen Antisemitismus anschreibt. © Screenshot: Generation Islam

Als sie es 2019 wagte, zu einer Konferenz über das Kopftuch die Feministin Alice Schwarzer einzuladen, hagelte es Vorwürfe des „antimuslimischen Rassismus“. Die kopftuchaverse Schwarzer ist Islamisten ein Dorn im Auge, weil sie den Hijab partout nicht als Symbol weiblicher Selbstbestimmung sehen will. Und wer Schwarzer ein Forum gibt, ist für die Agitatoren der Online-Plattform „Realität Islam“ Rassist. „Lügenschröter“, wie man die Professorin dort nennt, lässt sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit über den Politischen Islam nicht bremsen, aber sie ist in der Defensive. Für die islamistischen Agitatoren ein Erfolg.

Was darf man fragen?

Danach streben sie auch in Österreich. Nach Schröter kam bei „Realität Islam“ Ednan Aslan an die Reihe, wobei der Plattform hier nur die Rolle des Sekundanten der Muslimischen Jugend Österreichs (MJÖ) zukommt. Der Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Wien hat wieder einmal seine Nase zu tief in die Abgründe muslimischen Denkens gesteckt. Für eine Studie wurden Einstellungen zu Aussagen wie dieser abgefragt: „Juden haben auf der Welt zu viel Einfluss.“ Oder: „Muslime sollten nur mit ihresgleichen befreundet sein.“ Oder: „Männer sind Schwächlinge, wenn sie keine Gewalt anwenden.“

Skandalöse, weil islamfeindliche Narrative fördernde Fragen, wie Kritiker finden? Wenn Vordenker hierzulande einflussreicher Islam-Verbände gegen eine jüdische Weltherrschaft anpredigen, wenn eine Koransure (5:51) Muslimen Freundschaft mit Christen und Juden verbietet, und wenn in einer anderen Studie zehn Prozent der Wiener Muslime Gewalt gegen religiöses Fehlverhalten befürworten, dann drängen sich die gestellten Fragen auf.

Pranger in Kirchen-Uni

Dennoch steht der Wissenschaftler zusammen mit vielen Kollegen am Pranger. Nicht nur bei „Realität Islam“, sondern auch an einem von Kollegen aufgestellten. An der katholischen (!) Georgetown-Universität in Washington DC führt die „Bridge Initiative“ eine öffentliche Liste mit vermeintlich islamophoben Wissenschaftlern und Politikern. Kanzler Karl Nehammer steht ebenso drauf wie Aslan, Schröter und Mouhanad Khorchide, Leiter des wissenschaftlichen Beirates der DPI. Auch der Wiener Historiker Heiko Heinisch und die Politologin Nina Scholz sind gelistet, weil sie Licht ins islamistische Dunkel bringen. Ebenso der deutsche Psychologe Ahmad Mansour, der kürzlich in Linz — beschützt von sieben Bodyguards — zu diesem Thema referiert hat.

Susanne Schröter: Weil sie den politischen Islam untersucht, wird sie von Islamisten im Web als „Islamhasserin“ denunziert. © Screenshot: Realität Islam

Manche Wissenschafter arrangieren sich freilich mit dem von Islam-Vereinen ausgehenden Druck. So wäre eine Studie über Koranschulen in OÖ fast gescheitert, weil in Medienberichten darüber auch Politischer Islam und Parallelgesellschaften thematisiert wurden, was der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) nicht passte. Das Forscherteam um Studienleiter Thomas Schlager-Weidinger von der PH der Diözese Linz drohte dem Auftraggeber Land OÖ mit Einstellung der Arbeit, um sich die Kooperation der — unliebsame Forscher wie Heinisch boykottierenden — IGGÖ zu sichern. Schlager-Weidinger muss nicht fürchten, an den Washingtoner Pranger gestellt zu werden.

Selektive Solidarität

Es gibt aber auch Widerstand gegen das Wissenschaftler-Mobbing. In Deutschland haben 850 Personen des öffentlichen Lebens, darunter viele Professoren, ihre Unterstützung für Schröter bekundet.

Einer ähnlichen Solidarisierungswelle kann sich ihr Kollege Aslan hierzulande nicht erfreuen. Eine solche gab es lediglich für Farid Hafez, als dieser 2020 ins Visier der „Operation Luxor“ geraten war. Der in Ried im Innkreis geborene Politologe ist Mitbetreiber des Washingtoner Islamophobie-Prangers.

Von Manfred Maurer