VOLKSBLATT: Aktuell sitzen 705 Abgeordnete im EU-Parlament, kennt man da noch alle?
WINZIG: Die Covid-Zeit hat bewirkt, dass man nicht mehr alle kennt. Die knapp drei Jahre ist man ja meist zuhause vor dem Bildschirm gesessen und war nur online dabei. Aber es geht enorm schnell, dass man wieder am neuesten Stand ist.
Im Parlament sitzen auch Gruppierungen, die sich dezidiert gegen die EU aussprechen. Wie schwierig ist da die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit ist mit vielen Fraktionen sehr gut. Aber zum Beispiel die FPÖ ist einer Fraktion mit der AFD, Le Pen & Co. Und gerade diese Fraktion ist nicht besonders konstruktiv.
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Für viele ist Brüssel ein Bürokratie-Monster, dass sich überall einmischt. Wie kann man dieses Bild zurechtrücken?
Es stimmt leider, dass es einen gewissen Hang zur Überregulierung gibt. Aber ich glaube es wurde erkannt und es wird auch gegengesteuert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auch einige Sachen gestoppt. Und es ist auch unsere Aufgabe im Wahlkampf zu zeigen, dass die EU aber auch sehr viel bringt.
In wenigen Monaten übernimmt Ungarn den Vorsitz im EU-Rat. Ist das eine Chance oder eine Gefahr?
Ich bin da nicht hysterisch und bin der Meinung, dass Viktor Orban jetzt halt zeigen muss, wie er zur EU steht. Er muss zeigen, wie er aktiv werden kann und dass er auch gestalten kann. Die Gefahren sind überschaubar, denn es gibt die 26 anderen Länder, es gibt das EU-Parlament und auch die Kommission.
Zurückblickend: Was war in dieser Periode für Sie das Highlight im EU-Parlament?
Es gab viele Highlights. Ich habe sehr viel verhandelt, aber natürlich war die Roaming-Verordnung 2022 besonders wichtig.
Und wo wird in den kommenden sechs Jahren die größte Herausforderung liegen?
Die größte Herausforderung wird es sein, dass wir wieder Frieden in Europa bekommen. Und auch der „Green Deal“ und die Klimawende werden uns beschäftigen. Auch die Wettbewerbsfähigkeit Europas gilt es zu stärken, gerade im Verhältnis zu China und den USA – also mir wird sicher nicht langweilig.
Am 9. Juni wählt Österreich ihre Vertreter für das EU-Parlament. 2019 wurde die ÖVP klare Nummer 1, womit rechnen Sie heuer?
Wir wollen schon wieder auf Platz 1. Und ich wünsche mir, dass wir aus der Wahl gestärkt hervorgehen.
Mit ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig sprach Herbert Schicho