Wenn der Nino aus Wien über den Song Contest nachzudenken beginnt

Im Interview mit dem 36-jährigen Liedermacher, der am 14. März in Laakirchen zu Gast sein wird

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Gerade noch hat das L’Orfeo Barockorchester im Zuge der Salzkammergut Festwochen Gmunden Mozarts Requiem gegeben, schon steht mit Der Nino aus Wien eine ganz andere Partie in den Startlöchern. Am 14. März spielt der gebürtige Nino Mandl (36) mit Die Auswienband im ALFA in Steyrermühl. Beginn ist um 19.30 Uhr, Karten gibt es noch auf www.festwochen-gmunden.at. Das VOLKSBLATT hat mit dem Liedermacher über sein neues Album, den Song Contest und Rapid geplaudert.

VOLKSBLATT: Ihr 15. Album …

NINO AUS WIEN: Ist es schon das 15.? Ich dachte, es ist das 13., das gefühlt 13..

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Kommt drauf an, was man dazu zählt …

Es sind auch 13 Tracks drauf, ich glaube das erste Mal. Sonst sind es 12 oder 10. Ich habe früher ziemlich schnell Alben gemacht, und da hat sich ‚was angesammelt. Aber das heißt nicht, dass alle Alben wahnsinnig gelungen sein müssen. Vielleicht hätten zehn auch gereicht (lacht). Aber, es gehört alles dazu, Ich mag das neue Album „endlich Wienerlieder“ (erscheint am 15. März, Anm.) wirklich sehr und höre es mir selber gerne an, was nicht bei allen Alben der Fall ist. Aber dieses Album habe ich eigentlich freiwillig oft gehört.

Die Lieder solcher Alben singen Sie dann auch besonders gerne live?

Das muss ich erst herausfinden, ich habe noch nicht alle Lieder live gespielt. Das kann man nie wissen, ob es dann auch Live-Lieder sind. Ich werde sicher nicht alle Lieder vom Album live spielen, das habe ich noch nie gemacht. Aber ein, zwei habe ich schon live gespielt, und ich tue ich mir leicht dabei. Aber ich finde es ein schönes Album zum Durchhören.

Ich mochte die Entstehung sehr, und das spielt immer eine Rolle. Das waren schöne Aufnahmesessions an drei verschiedenen Orten mit verschiedenen Menschen, und es war immer eine gemütliche Stimmung. Soletti Liptauer und Weißwein, eine richtige Heurigen-Stimmung. Vielleicht ist das der Grund, warum ich es gerne höre, weil ich es gerne aufgenommen habe.

„endlich Wienerlieder“ – ist der Titel eine Reaktion drauf, dass Sie immer danach gefragt werden, ob Ihre Lieder Wienerlieder sind?

Es ist ein bisschen ein Witz, ein Schmäh, dieser Albumtitel. Mir sagen oft Leute, jetzt mach ‚mal ein richtiges Wienerlied-Album. Man muss schon sagen, es sind ja keine Wienerlieder im klassischen Sinn. Es gibt so eine Wienerlied-Szene, die wirklich im Heurigen singt, aber damit hat meine Musik eigentlich nichts zu tun. Aber in Deutschland wiederum nennt man alles, was an Musik aus Wien kommt, Wienerlieder. Also ist es eine Ansichtssache.

Also kann jeder für sich entscheiden, ob das Etikettenschwindel ist.

Genau. Aber es ist zumindest so, dass jedes Lied auf dem Album für mich etwas mit Wien zu tun hat. Manches offensichtlich, manches weniger offensichtlich. Aber für mich ist es als Nino aus Wien fällig gewesen, ein Wien-Album aufzunehmen.

Wie sind Ernst Molden und Sie auf die Idee gekommen, „La Paloma“ neu zu erfinden?

Ich habe mir den Film „Große Freiheit Nr. 7“ mit Hans Albers aus den 1940er-Jahren angeschaut, wo der Albers „La Paloma“ singt. Und das Lied blieb mir wochenlang als Ohrwurm im Kopf. Irgendwann beim Geschirrspülen ist mir der Text mit den Wienern gekommen, und ich fand es irgenwie lustig, mal nicht wie der Albers auf Hoher See zu fahren, sondern mit der U-Bahn nach Hause. Alles ein bisschen trister, trostloser und auch ein bisschen mit Alkoholismus verbunden. Halt eine Wiener Version von „La Paloma“. Und der Ernst war der ideale Tanzpartner dafür.

Wer sind die anderen Gäste auf dem Album?

Meine Band, die mit mir seit 2009 spielt, ist auf fünf Liedern drauf. Die Natalie Ofenböck singt ein Lied mit mir. Tubonika, das sind steirische Freunde von mir, die steirische Harmonika und Tuba spielen, sind dabei. Ich fand das auch ganz lustig, auf einem sogenannten Wienerlied-Album auch ein paar Steierer dabei zu haben. Es sind nicht wahnsinnig viele Gäste, aber die Hauptsache war, mit Freunden zu musizieiren.

Ich habe mich sehr über das „Schnackerl“-Lied gefreut – endlich ein Lied darüber. Anhand dieses Beispiels: Wie entstehen Lieder bei Ihnen?

„Schnackerl“ ist wirklich von Schnackerl beeinflusst. Ich hatte starkes Schnackerl, das nicht mehr weggehen wollte. Das war wirklich anstrengend. Als es dann weg war, musste ich das künstlerisch verarbeiten. Ich dachte, ich drehe es um: „Du hast sicher Schnackerl, weil ich an dich denk‘“. Ich finde den Gedanken schön, dass jemand an dich denkt, wenn du Schnackerl hast. Das habe ich immer schon schön gefunden.

Und zur Frage, wie meine Lieder entstehen: Am liebsten mag ich es, wenn die Musik und der Text gleichzeitig kommen. Wenn ich eine Gitarre in die Hand nehme und einen Akkord spiele und dazu kommt schon der erste Vers. Das ist meine liebste Weise, Songs zu schreiben. Es ist aber auch nicht immer so. Selten habe ich zuerst den Text, den ich dann vertone.

Gibt es auch Lieder, die am Schreibtisch mit Notenblatt vor Ihnen entstehen, ganz systematisch?

Die Lieder bauen sich so über Wochen im Kopf auf. Dann wirkt es so, als wären sie schnell da, aber in Wahrheit arbeite ich im Kopf schon vor. Und irgendwann kommt es dann einfach raus.

Aber was hast du gesagt? Notenblatt?

Ja

Na, Notenblatt nicht. Ich kann keine Noten lesen in dem Sinn. Ich spiele die Akkorde, die ich mir beigebracht habe, und ich weiß ehrlich gesagt gar nicht von allen wie sie heißen. Aber es passt.

Und dann werden die Akkorde aufgenommen zum Merken?

Ich nehme gerne mit dem Handy auf. 70 Prozent meines musikalischen Lebens bestehen aus kurzen Handyaufnahmen von Ideen. Ich liebe auch den Handysound, deshalb ist ein Lied auf dem neuen Album, „Mond“, eine unfertige Handyaufnahme, die ich um 5 Uhr früh mit dem iPhone aufgenommen habe. Das war mein persönlicher Traum, einmal eine Handyaufnahme auf ein Album zu pressen. Ich finde, es ist so schön eingebettet in die anderen Aufnahmen, es fällt gar nicht jedem auf. Ich wollte diesmal verschiedene Arten der Produktion mischen, das habe ich noch nie gemacht. Normalerweise nehme ich alles an einem Ort auf, aber so ist das Album sehr bunt geworden.

Ist Wien jetzt auserzählt für Sie?

Naja. Wien kommt sowieso immer auf jedem Album irgendwie vor. Dieses Album ist ein bisschen konzeptioneller als die vorigen. Ich habe aber noch nicht alles erzählt über Wien. Wer weiß, vielleicht kommt in zehn Jahren ein „endlich Wienerlieder 2“. Glaub‘ ich aber nicht (lacht). Man wird sehen, wie es weitergeht. Ich werde weiter Musik schreiben und bin gespannt, wo es mich hinführt.

Sie spielen heuer u.a. auch noch in der Elbphilharmonie. Funktioniert das Österreichische beim deutschen Publikum? Von der Sprache bis zum Schmäh …

Deutschland ist halt sehr groß, und es gibt so viele Teile. In Bayern stehen sie offensichtlich auf die Wiener, da gibt es schon lange einen Austausch, und die Bayern freuen sich, wenn die Wiener kommen. Aber im Ruhrpott und so fühlt man sich eher verloren und nicht verstanden. Da ist auch nicht so viel los, wenn wir in Bochum oder so spielen. Wie probieren es trotzdem immer wieder und es kann auch lustig sein, aber die Ruhrpott-Wien-Connection ist noch nicht so stark ausgeprägt. Aber die großen Städte wie Hamburg und Berlin funktionieren eher auch.

Ein Freund von mir meinte: Warum schickt Österreich nicht den Nino zum Song Contest. Wäre das was für Sie?

(lacht) Ich glaube, der Eberhard Forcher bestimmt seit Jahren, wer für Österreich zum Song Contest fährt. Und der hat auch noch nicht an mich gedacht. Also, ich werde mich nicht selbst bewerben, aber wenn er mich fragt, würde ich zumindest überlegen. Voll. Aber wahrscheinlich würde ich absagen. Aber die Anfrage würde ich annehmen und drüber nachdenken.

Es würde auf einige Faktoren ankommen, auf den Song und was man dort darstellen und bewirken will. Aber mein Bassist, der hat den großen Traum, einmal beim Song Contest dabei zu sein. Ich würde wohl eher für ihn ein Wort einlegen, dass er mal spielen kann dort, weil er ist viel motivierter als ich.

Aber grundsätzlich wäre es ‚mal wieder an der Zeit, ein bisschen Indie-Musik zu machen, auf Deutsch oder Wienerisch. Das könnte nicht schaden.

Und noch eine allerletzte Frage: Ist es gerade recht schwer, Rapid-Fan zu sein?

Ich war gerade im Stadion, aber es ist gerade echt bitter. Rapid hat gegen die Austria toll gespielt, 3:0 gewonnen, das erste Heim-Derby nach acht Jahren gewonnen. Alle haben sich sehr gefreut und dann passieren solche Dinge, die wirklich nicht leiwand sind, total unnötig, gschissen, dumme Geschichte. Jetzt sind sie auch alle gesperrt. Es ist wirklich, wirklich zach. Aber ich glaube, das ist auch eine Chance für Rapid, etwas daraus mitzunehmen und sich einfach weiterzuentwickeln, in der Gegenwart anzukommen. Ich hoffe es jedefalls.

Aber es ist sowieso nicht leicht, Rapidler zu sein. Es war nie einfach. Es geht immer nur um die paar Momente, wo alles passt, aber man ist dann sehr schnell wieder in der Realität angekommen. Und dann beginnen diese idiotischen Gesänge der eigenen Spieler. Dann spielen wir gegen Lustenau 1:1, also … es ist wirklich schlimm. Aber ich habe keine andere Wahl, ich muss bei Rapid bleiben, das kriegt man nicht mehr weg.

Von Mariella Moshammer