EU-Rechnungshof kritisiert täuschende Lebensmitteletiketten

Angaben zum Nährwert wie der Nutri-Score werden nicht EU-weit eingesetzt © APA/dpa/Patrick Pleul

Die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher würden mit immer mehr Gütesiegeln, Logos und Bewertungen auf Lebensmitteln regelrecht bombardiert. Diese könnten nicht nur verwirrend, sondern auch irreführend sein, kritisiert der Europäische Rechnungshof in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Hunderte verschiedene Kennzeichnungssysteme und die lückenhaften EU-Rechtsvorschriften würden eine Täuschung der Konsumierenden unterstützen, so die Prüfer.

„Anstatt Klarheit zu schaffen, führen Lebensmitteletiketten oft zu Verwirrung; es gibt hunderte verschiedene Kennzeichnungssysteme, Logos und Werbeversprechen, die die Käufer entschlüsseln müssen“, so Keit Pentus-Rosimannus, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs, in einer Pressekonferenz am Montag. „Die Unternehmen legen bei den Angaben auf den Verpackungen große Kreativität an den Tag. Die EU-Vorschriften halten mit dem sich ständig entwickelnden Markt nicht Schritt, sodass rund 450 Millionen Verbraucher vorsätzlich oder unbeabsichtigt irreführenden Botschaften ausgesetzt sind.“

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Etiketten sollten eigentlich helfen

Die Lebensmittelkennzeichnung solle den Menschen eigentlich helfen, beim Einkaufen fundierte Entscheidungen zu treffen, so die Prüfenden. Etiketten enthalten Informationen über den Inhalt und die Eigenschaften von Lebensmitteln. Oft versuchen die Hersteller auch, durch die Betonung angeblicher Vorteile wie „gesund“, „Bio“ oder „glutenfrei“ Produkte attraktiver zu machen. Der Bericht betont, die EU-Vorschriften würden grundlegende Informationen auf den Etiketten garantieren.

Allerdings wurden auch große Mängel bei den Vorschriften festgestellt: Selbst Produkte mit hohem Fett-, Zucker- oder Salzgehalt dürften als „gesund“ oder „nahrhaft“ bezeichnet werden, beispielsweise zuckerhaltige Energieriegel als „High-Protein-Produkte“. Angaben zum Nährwert auf der Vorderseite von Verpackungen wie „Nutri-Score“ oder „NutrInform“ würden nicht in allen EU-Ländern genutzt, da sich keines der Systeme wirklich durchgesetzt habe, so der Bericht weiter. Diese irreführenden Tendenzen würden durch die Flut freiwilliger Labels, Logos und Angaben noch verstärkt.

Österreich verwendet keinen „Nutri-Score“

Österreich ist laut ERH eines von 15 EU-Ländern, die keine spezifische Empfehlung bezüglich der Angaben zum Nährwert auf der Vorderseite von Verpackungen haben. Deutschland, Frankreich und die Benelux-Länder empfehlen beispielsweise die Verwendung des „Nutri-Score“-Labels. Der Bericht beinhaltet auch eine Analyse der jährlichen Kontrollen der Lebensmittelkennzeichnung. In Österreich lag laut ERH der Fokus bei mehr als drei Viertel aller Kontrollen auf der Überprüfung der Ursprungskennzeichnung, während andere EU-Länder den Schwerpunkt auf tierische Erzeugnisse oder andere Erzeugnisse legten.

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Weiters kritisiert der Rechnungshof, einige Konsumentinnen und Konsumenten könnten sich durch Kennzeichnungen sogar benachteiligt fühlen. Laut Bericht sind Vegetarier und Veganer besonders betroffen: Die Nutzung der Aufschriften „vegan“ oder „vegetarisch“ sei nicht reglementiert, da es keine EU-weite Definition gebe.

Im Bericht wird der EU-Kommission daher dringend empfohlen, die Lücken im EU-Rechtsrahmen zu schließen und die Kennzeichnungspraktiken regelmäßig zu analysieren. Die Kommission sollte die Mitgliedstaaten dazu bringen, ihre Kontrollen der freiwilligen Kennzeichnungen und des Online-Einzelhandels zu verstärken, indem sie Leitlinien und Beispiele für bewährte Verfahren bereitstellt. Sensibilisierungskampagnen oder Leitfäden sollten den Verbrauchern helfen, die Lebensmittelkennzeichnung besser zu verstehen.