Die Industriestaaten sollen laut einem bei der UNO-Klimakonferenz eingebrachten Vorschlag ihre jährlichen Zahlungen für Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen bis 2035 auf 250 Milliarden Dollar (240 Milliarden Euro) erhöhen. Dies ist in einem Beschlussentwurf enthalten, den am Freitag bei der COP29 in Baku die aserbaidschanische Präsidentschaft der Konferenz vorlegte. Unklar blieb zunächst, ob der Vorschlag mit den unterschiedlichen Parteien abgestimmt war.
Bisher hatten sich die Industriestaaten zu Beiträgen von jährlich 100 Milliarden Dollar an Entwicklungsländer ab 2020 verpflichtet. In Baku wird über einen neuen Finanzrahmen für den Zeitraum von 2025 bis 2035 verhandelt. Die Entwicklungsländer verlangen dafür eine Erhöhung der jährlichen Zahlungen auf 1,3 Billionen Dollar.
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Staatliche Zahlungen der Industrieländer als „Kern“
Auch diese Zahl ist in dem Beschlussentwurf enthalten als Gesamtziel für Zahlungen im Jahr 2035. Dieser Beitrag würde sich aber demnach aus unterschiedlichen Quellen speisen. Dem Textentwurf zufolge würden die staatlichen Zahlungen der Industriestaaten einen „Kern“ bilden, der durch private Investitionen ergänzt würde. Schwellenländer sind laut aktuellem Entwurf nur „eingeladen“, sich bei der Finanzierung zu beteiligen.
Die Industriestaaten pochen zudem darauf, auch wirtschaftlich starke Schwellenländer wie China oder reiche Golfstaaten in den Kreis der Geberländer einzubeziehen. Auch weitere Finanzquellen wurden vorgeschlagen, etwa Abgaben auf Gewinne der fossilen Energiewirtschaft oder den Luft- und Seeverkehr. Zudem wird auch jetzt bereits ein Teil der Gelder als Kredit ausbezahlt.
Ministerin Gewessler sah zuletzt keine Verhandlungsbasis
Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) kündigte im Laufe des Tages noch ein Briefing für Journalisten in Baku an. Am Donnerstag sah sie beim Thema Klimafinanzierung keine Basis für eine weitere Diskussion und forderte die Präsidentschaft auf, sich stärker und konstruktiver in den Verhandlungsprozess einzubringen. Nach Veröffentlichung der neuen Entwürfe traf sich die EU-Koordinierung zur Beratungen. „Zu spät, zu wenig, einfach nicht genug – dieser Text wird für viele der Seiten am Verhandlungstisch nicht reichen, vor allem nicht für den globalen Süden“, kommentierte die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling den neuen Entwurf. Es gebe zu wenig Geld, das zudem erst in zehn Jahren ankomme und das sei unzureichend. „Die EU muss endlich echten Willen zu Kompromissen zeigen und alle Staaten dazu bewegen, aufeinander zuzugehen“, forderte sie.
Auch von Greenpeace Österreich kam Kritik am neuen Papier: „Eine Zahl zur Klimafinanzierung liegt am Tisch, bleibt aber weit unter dem tatsächlichen Bedarf der Entwicklungsländer. Die Industrieländer müssen endlich den Ernst der Lage erkennen. Es braucht weit mehr Geld für Klimaschutz und Anpassung als die vorgelegten Angebote“, sagte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace. Die Verursacher der Erderwärmung, also „Kohle-, Öl- und Gaskonzerne“ müssten finanziell verpflichtet werden, um die klaffende Finanzierungslücke zu schließen. Diese Option würde gänzlich im neuen Entwurf fehlen. Zudem würden die Vorschläge zum Klimaschutz zu schwach bleiben. Der Appell, den Ausstieg aus fossilen Energien in nationalen Klimaschutzplänen zu verankern, sei nun gestrichen worden, so Duregger.
Entwurf als „Schlag ins Gesicht“
Als „Schlag ins Gesicht der ärmsten Länder der Welt“ bezeichnete Martin Krenn, Sprecher der Allianz für Klimagerechtigkeit, den jüngsten Vorstoß der Präsidentschaft Aserbaidschans. „Die Staaten müssen sofort in die Verhandlungsräume zurückkehren und ein Ergebnis erzielen, das tatsächlich Leben rettet und den Übergang zur Klimaneutralität im globalen Süden ermöglicht.“
Im Sinne der Klimagerechtigkeit sei dieses Zwischenergebnis absolut inakzeptabel, hieß es auch von Maria Hammer von Südwind. Die aktuell vorgeschlagene Summe sei nicht seriös. „Sie stellt, wenn überhaupt, eine Inflationsanpassung der bisherigen, unzureichenden Finanzierung dar und wird die tatsächliche Erhöhung des neuen Klimafinanzierungsziels um zehn Jahre verschieben.“
Forderung nach mehr zinslosen Zuschüssen vorerst ignoriert
Klima-Experte Jan Kowalzig von Oxfam erklärte zum 250-Milliarden-Ziel: „Anders als bisher sind hier nicht mehr explizit die Industrieländer allein verantwortlich. Vielmehr würden sie hier nur eine Führungsrolle einnehmen.“ Auch wird die Forderung von Entwicklungsstaaten nicht aufgenommen, dass überwiegend zinslose Zuschüsse fließen sollen.
Die Klimaexpertin Viviane Raddatz von der Entwicklungsorganisation WWF sagte: „Es ist nicht klar, wie viel echte Zuschüsse und öffentliche Mittel hier einfließen sollen, und wie viel aus privaten Quellen kommt.“ Als Gesamtziel wird in dem fünfseitigen Text eine Summe von mindestens 1,3 Billionen US-Dollar genannt – dabei sollen auch Entwicklungsbanken und private Geldquellen eine wichtige Rolle spielen, sowie weitere Geberländer. Kowalzig kritisierte, dass niemand konkret für diesen Teil des Globalziels wirklich verantwortlich sei