Zeuge im Hells-Angels-Prozess mit „Umbringen“ bedroht

Viertägiger Prozess im Großen Schwurgerichtssaal © APA/THEMENBILD/TOBIAS STEINMAURER

Am Wiener Landesgericht ist am Mittwoch der Prozess gegen drei mutmaßliche Mitglieder der Rockerbande Hells Angels fortgesetzt worden. Ein Zeuge war erst zur Aussage bereit, nachdem die Angeklagten aus dem Saal gebracht wurden. Dann berichtete er, er sei vor seinem Zeugenauftritt bedroht worden. Am Rieder Hauptplatz hätten ihn unbekannte Hells Angels-Mitglieder angesprochen und gewarnt. „Wenn bei der Verhandlung was sagst, bringen’s mich um“, gab der Zeuge die Drohung wieder.

Der Zeuge wirkte sichtlich verängstigt. Sein Vater hatte ihn von Oberösterreich nach Wien chauffiert, wobei die Fahrt von der Polizei begleitet wurde. Den Angeklagten im Alter von 31, 38 und 50 Jahren wird eine Fülle an strafbaren Handlungen angekreidet. Die inkriminierten Vorwürfe reichen von Schutzgelderpressung über Körperverletzungen bis zu gefährlichen Drohungen und Nötigungen. Ein zentraler Anklagepunkt betrifft ein Tanzlokal in Oberösterreich, das schon in der Vergangenheit Opfer von Schutzgelderpressungen gewesen sein dürfte. Im Jahr 2014 gab es bereits einmal einen Brandanschlag mit einem Molotowcocktail. Damals konnten die Täter nicht ausgeforscht werden.

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Am 17. September 2023 wurde das Lokal – unter neuem Namen – gleich nach der Wiedereröffnung nach der Sommerpause erneut von mutmaßlich Kriminellen heimgesucht. Laut Anklage wurden Lokalgäste, der Geschäftsführer und der DJ von Mitgliedern der Hells Angels aus Österreich und einer Gruppierung aus Deutschland aufgesucht und zusammengeschlagen, weil sie dort keine Drogen verkaufen wollten.

Sämtliche drei Angeklagte – weitere Beteiligte konnten bisher nicht ausgeforscht werden – beteuern, sie wären an diesen Vorgängen nicht beteiligt gewesen. Der 38-jährige Hauptangeklagte habe „ein lupenreines Alibi“, hatte sein Verteidiger Philipp Wolm beim Verhandlungsauftakt erklärt. Der Mann sei nicht am Tatort, sondern mit einer Geliebten in einer Therme gewesen, was sich mit Fotos belegen lasse, meinte Wolm.

Der Belastungszeuge versicherte nun allerdings unter Wahrheitspflicht, er habe den 38-Jährigen in dem Lokal gesehen und sei von diesem auch angesprochen worden („Hoit die Papp’n“). Er könne allerdings nicht sagen, ob sich der Mann an der Schlägerei beteiligt habe. Er habe dann einen Lokalgast mit einer Platzwunde am Kopf aus dem Tanzlokal gebracht. Dabei habe er gehört, wie ein ihm unbekanntes Hells Angels-Mitglied in Richtung des Geschäftsführers „Entweder du zahlst oder wir kommen wieder!“ zugerufen habe.

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Hinsichtlich der beiden Mitangeklagten hielt der Mann seine ursprünglich belastenden Angaben nicht mehr aufrecht. Zum 50-Jährigen hatte er im Ermittlungsverfahren erklärt, dieser wäre ebenfalls im Tanzlokal gewesen, beim Jüngsten meinte er, er „glaube“ das. Heute meinte er, er sei sich „nimmer sicher“, er habe „vielleicht jemanden verwechselt“ und könne sich „nicht mehr erinnern, ob die zwei dabei waren“. Er könne sich „Sachen nicht lang merken, ich hab‘ Probleme damit.“

Zum Zeitpunkt, als das Tanzlokal von 30 bis 35 Hells Angels-Mitgliedern gestürmt wurde, dürften sich mehr als 600 Gäste dort aufgehalten haben. Auch eine Mitarbeiterin identifizierte in ihrer Zeugeneinvernahme den Hauptangeklagten. Sie sei dem Mann mit den auffallenden Tattoos auf der Damentoilette begegnet: „Des is er. Des war der Mensch.“ Der zusammengeschlagene DJ und der Geschäftsführer waren sich dagegen nicht sicher. „I könnt keinen Einzelnen identifizieren“, versicherte der DJ. Der Geschäftsführer gab an, es habe nie Probleme mit den Hells Angels und schon gar keine Schutzgeld-Forderungen gegeben.

Die Verhandlung wird am kommenden Freitag fortgesetzt. Verläuft alles plangemäß, könnte es dann auch schon Urteile geben.