Live Blog zum Terroranschlag in der Wiener Innenstadt
Es war exakt 20 Uhr, als Kujtim F. am Montag in der Wiener Innenstadt das Feuer auf die Nachtschwärmer eröffnete. Neun Minuten später waren vier Menschen tot, 22 verletzt und auch der Täter von WEGA-Beamten „neutralisiert“.
Sechs Schauplätze
Der 20-jährige verurteilte IS-Sympathisant war mit einer verkürzten Kalaschnikow — einem Sturmgewehr —, einer Faustfeuerwaffe und einer Machete bewaffnet, als er sein Blutbad auf der Seiten- stettengasse, in der sich auch die jüdische Synagoge befindet, begann. An sechs Schauplätzen rund um den Schwedenplatz schoss der Täter wahllos auf Menschen vor und in den Lokalen auf der Partymeile.
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Die Menschen, die aufgrund der warmen Temperaturen am Abend vor dem Lockdown zahlreich anzutreffen waren, flohen in Panik oder verschanzten sich in den Lokalen. Und mussten dort teils stundenlang ausharren.
Von Beginn an war die Gefährdungslage unklar. Die Polizei rückte mit allen verfügbaren Kräften an, um den oder die Täter zu stellen. 150 Cobra- und 100 WEGA-Beamte sowie 100 Streifenpolizisten und die Hundestaffel standen im Einsatz. Die Innenstadt wurde abgeriegelt. Auch das Bundesheer stellte Soldaten zum Schutz ab.
Sprengstoffgürtel war eine Attrappe
WEGA-Beamten gelang es schließlich, den Schützen vor der Ruprechtskirche zu erschießen. Da der 20-Jährige augenscheinlich einen Sprengstoffgürtel trug – dieser stellte sich später als Attrappe heraus –, der entschärft werden sollte, lag seine Leiche noch stundenlang auf der Straße.
Nehammer: „Klares Indiz für Nähe zu IS“
Noch in der Nacht wurde die Wohnung des Mannes durchsucht — die Polizei musste dafür die Türe aufsprengen. In der Wohnung wurden Munitionsteile sichergestellt. Zusätzlich wurde umfangreiches weiteres Beweismaterial beschlagnahmt, das erst ausgewertet werden muss.
Es gebe aber bereits ein „klares Indiz zur Nähe zum Islamischen Staat (IS)“, sagte Innenminister Karl Nehammer. Der 20-Jährige habe auch ein dementsprechendes Facebook-Posting veröffentlicht. Er sei auf einem Foto mit der Kalaschnikow und der Machete zu sehen gewesen. Darunter habe sinngemäß gestanden: „Ich diene dem Sultanat.“
Noch 13 Opfer in Krankenhäusern
Bei den Todesopfern handelt es sich um „eine ältere Frau, einen älteren Mann, einen jüngeren Mann und eine Kellnerin“, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz informierte. Eine der Frauen stammt aus Deutschland, hieß es am Abend.
Einer der Männer aus Niederösterreich. Von den Verletzen befanden sich am Dienstag noch 13 schwerverletzte Personen im Spital, drei davon in kritischem Zustand, informierte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Vier Opfer konnten so weit stabilisiert werden, dass sie sich nicht mehr in Lebensgefahr befinden. Auch ein angeschossener Polizist konnte erfolgreich operiert werden und befand sich in einem stabilen Zustand.
18 Hausdurchsuchungen
Insgesamt wurden am Dienstag 18 Hausdurchsuchungen im Umfeld des Täters in Wien und Niederösterreich durchgeführt. „Die Beweismittel werden aktuell gesichtet und ausgewertet“, sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf. 14 Personen aus dem Umfeld des Täters wurden vorläufig festgenommen, auch in Linz (siehe Seite 10). Sie wurden am Dienstagnachmittag noch einvernommen. Die Festgenommenen stammen aus dem Bekannten- und Freundeskreis des 20-Jährigen. Nach ersten Erkenntnissen gab es keine Hinweise, dass sie aktiv in den Anschlag involviert waren.
20.000 Videos für Polizei hochgeladen
Ausgewertet werden nun die Videos von Augenzeugen des Angriffs. Die Polizei hatte dazu aufgerufen, sie auf der Ministeriumsseite hochzuladen. 20.000 Videos seien eingelangt, so der Innenminister. Die Beamten müssen ein Terabyte an Daten durchsehen. Bei der Sichtung der Hälfte der Aufnahmen sei kein Hinweis auf einen zweiten Täter zu sehen. Dennoch bleibe die erhöhte Sicherheitsstufe aufrecht, betonte Nehammer: „Wir wollen ausschließen, dass es einen zusätzlichen Täter gibt.“