Eine Befragung von 370 ME/CFS-Erkrankten und Angehörigen in Österreich hat hohe Alltags- und finanzielle Belastungen sowie mangelnde Anerkennung und fehlende spezialisierte Behandlung aufgezeigt. Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom ist eine schwerwiegende Multisystemerkrankung, die meist nach Virusinfektionen auftritt. Schätzungen gehen von einer Verdoppelung der Fallzahlen infolge der Covid-Pandemie und 80.000 Betroffenen in Österreich aus.
Durchgeführt wurde die Analyse vom Meinungsforschungsinstitut Patientenstimme gemeinsam mit der Patientenorganisation NichtGenesen. Insgesamt nahmen 1.026 Personen aus dem deutschsprachigen Raum an der Online-Umfrage teil. 55 Prozent der Befragten hatten ME/CFS infolge einer Covid-19-Infektion entwickelt. Anhand von vier Zustandsbeschreibungen gemäß der NICE-Guideline wurde auch der Schweregrad der Erkrankung abgefragt.
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21 Prozent der Teilnehmer in Österreich sind leicht betroffen, 54 Prozent leiden an einem mittleren Schweregrad, bei dem sämtliche Aktivitäten des täglichen Lebens deutlich beeinträchtigt sind und eine reguläre Berufsausübung oft nicht mehr möglich ist. 21 Prozent sind so schwer betroffen, dass sie für beinahe alle Aktivitäten des Alltags Unterstützung benötigen und das Haus kaum mehr verlassen können. Sie leiden unter eingeschränkter Konzentrations- und Merkfähigkeit, viele sind auf einen Rollstuhl angewiesen. Vier Prozent der Befragten sind schwerst betroffen und dadurch bettlägerig, benötigen Pflege und Abschirmung von sämtlichen äußeren Reizen.
Verschlechterungen nach Reha-Aufenthalten
Bis zur Diagnosestellung vergingen im Schnitt 18 Monate, wobei die Hälfte der Befragten angab, zumindest einmal Zugang zu Ärztinnen und Ärzten bzw. Zentren gehabt zu haben, die auf ME/CFS spezialisiert sind. Im Schnitt warten die Patientinnen und Patienten 14 Wochen auf einen Termin. Die laufende Weiterbetreuung erfolgt meist in einer neurologischen oder hausärztlichen Praxis, kaum in spezialisierten Zentren. Fast die Hälfte der sehr schwer Betroffenen wird jedoch gar nicht medizinisch betreut. 59 Prozent der Befragten gaben an, dass die Erkrankung von Ärzten bzw. anderem medizinischem Personal (76 Prozent) nicht ernst genommen wird.
34 Prozent der Befragten waren wegen der Erkrankung bereits in einer Rehaklinik, wobei nur bei rund einem Drittel die Behandlung auf ME/CFS angepasst wurde. Besonders hervorzuheben ist, dass insbesondere die post-exertionelle Malaise (PEM, Leitsymptom von ME/CFS) durch den Reha-Aufenthalt in der Mehrzahl der Fälle deutlich verschlechtert wurde, und zwar umso häufiger, je höher der Schweregrad der Erkrankung war, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung. „Das Wissen über die Erkrankung und deren adäquate Behandlung ist noch viel zu gering“, sagte Eva Brosch von Patientenstimme. „Unsere Daten zeigen einen klaren Handlungsbedarf seitens der Gesundheitspolitik.“
Detaillierte Ergebnisse: patientenstimme.eu