Wiener-Linien-Leitstellen koordinieren 900 Fahrzeuge

++ THEMENBILD ++ Eigene U-Bahn-Leitstelle mit viel Technik © APA/HELMUT FOHRINGER

Mehr als 900 Fahrzeuge der Wiener Linien sind in Spitzenzeiten gleichzeitig unterwegs. 400 Straßenbahnen, fast 380 Busse und 128 U-Bahn-Züge transportieren rund zwei Millionen Fahrgäste pro Tag. Störungen werden in der Betriebsleitstelle koordiniert, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben es dort regelmäßig mit Falschparkern sowie kleineren Rettungseinsätzen und Verkehrsunfällen zu tun, berichtete deren Leiter Özgür Akpinar. Die U-Bahn hat eine zusätzliche Leitstelle.

Es muss also nicht gleich ein Brand sein, wie kürzlich in einem Sonderzug der U1, oder ein Unwetter samt Hochwasser, bei dem Mitte September U-Bahn-Linien teilweise eingestellt wurden und von der Betriebsleitstelle auch oberirdisch ein Vielfaches an Vorfällen im Vergleich zu normalen Tagen zu bearbeiten war. Im Schnitt sind es laut Wiener Linien 130 bis 150 unerwartete Ereignisse täglich, bei Hochwasser oder Schneefall 300 bis 400. Am Sturmabend vor dem Hochwasser gab es allein auf der Straßenbahnlinie 60 neun Oberleitungsgebrechen, erzählte Akpinar. „Also neun Mal ist uns ein Baum oder Ast auf die Oberleitung gefallen.“

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Einsatz- und Störungsmanagement

Die Betriebsleitstelle ist in der Unternehmenszentrale in Erdberg in einem Raum mit mehreren Computerarbeitsplätzen angesiedelt. Sie ist „für das Einsatz- und Störungsmanagement bei den Wiener Linien zuständig. Wir kümmern uns darum, dass die Wienerinnen und Wiener ihre Ziele von A nach B erreichen“, sagte Akpinar bei einem Rundgang mit der APA.

„Alles was schienengebunden ist, macht für uns große Herausforderungen“, erläuterte der Leiter der Betriebsleitstelle zu den Schwierigkeiten bei Verkehrsbehinderungen. Busse könnten, wenn sie nicht in einer engen Seitengasse sind, weggelenkt werden oder an einem Hindernis vorbeifahren. „Bei einer Straßenbahn müssen wir größere Umwege fahren, damit wir überhaupt noch alle Haltestellen oder so viele Haltestellen wie möglich für den Fahrgast bedienen können.“

Häufig seien Zwischenfälle wegen gesundheitlicher Probleme von Passagieren. Etwa auch bei Unfällen mit Verletzten werden von der Leitstelle über Funk mit der Fahrerin oder dem Fahrer standardisierte Fragen durchgegangen, wie zum Alter, der Art der Verletzungen und ob die Person ansprechbar ist oder nicht. Diese Informationen werden dann an die verständigte Rettung weitergegeben. „Nach der Rettung kommt erst die Polizei, weil das Wichtigste ist Menschenrettung“, betonte Akpinar zu den Arbeitsabläufen.

1.400 Funkgespräche pro Tag

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Rund 1.400 Funkgespräche und 300 Telefonate mit internen und externen Einsatzkräften werden von der Leitstelle täglich bearbeitet. Zu 50 bis 70 der Vorfälle pro Tag wird auch einer der neun Funkwagen der Wiener Linien beordert und eine Expertin oder ein Experte beurteilt die Lage an Ort und Stelle, beispielsweise ob weitergefahren werden kann oder nicht, erläuterte Akpinar.

Insgesamt 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die rund um die Uhr besetzte Betriebsleitstelle. Sechs Dienste sind es pro Tag, als hauptverantwortlicher Schichtleiter fungiert der sogenannte Verkehrsmanager. Gleich ums Eck der Leitstellenmitarbeiter sitzen die Kolleginnen und Kollegen der Fahrgastinformation, berichtete Akpinar. Diese hören die Funksprüche mit und bieten bei Behinderungen auf der Strecke den Fahrgästen über Durchsagen und andere Kanäle Alternativen für ihre Route an.

Eigene U-Bahn-Leitstelle

Größer und spektakulärer als die Betriebsleitstelle präsentiert sich die zusätzliche U-Bahn-Leitstelle im runden Gebäude neben der Wiener-Linien-Zentrale. Auf riesigen Screens an der gebogenen Wand sind die Strecken sowie Haltestellen der einzelnen Linien zu sehen und mit Abkürzungen, Zahlen- und Farbcodes live die Züge im Netz zu verfolgen. Auch für die künftige U5 ist bereits ein Sektor vorgesehen, erläuterte Sebastian Czylok, Leiter der U-Bahn-Leitstelle.

Bis zu rund 20 Personen versehen hier gleichzeitig Dienst, in der Nacht weniger. Vor den Bildschirmen der U-Bahn-Linien sitzen in der ersten Reihe die Stellwerkswärterinnen und -wärter, untertags zwei pro Linie, vor zusätzlichen Computerbildschirmen. Das „sind jene Kolleginnen und Kollegen, die tatsächlich die Weichen und Signale bedienen“ und über Funk mit den Fahrerinnen und Fahrern in Kontakt sind, sagte Czylok.

„Diese Kollegen sind auch die ersten, die bei Betriebsstörungen reagieren, die entsprechend einmal Züge anhalten, die sich einen Überblick über die Situation verschaffen müssen und dann entsprechend mit den anderen Aufsichtsfunktionen über die Leitstelle die weiteren Maßnahmen absprechen und umsetzen.“ Auch bei anderen Themen, wie zum Beispiel wenn ein Zug getauscht werden muss, dann sind sie die Ansprechpartner, die mit unserem Verschubpersonal von den verschiedenen Werkstätten in Kontakt treten, berichtete Czylok. „Das sind so ganz, ganz alltägliche Abläufe, die zigfach im Netz passieren und jeden Tag praktiziert werden.“

System fällt „auf sichere Seite“

„Die Stellwerkswärter haben eine sehr große Verantwortung in ihrer Tätigkeit“, sagte der Leiter der U-Bahn-Leitstelle. Je nach Streckenlänge sind pro Linie 20 bis 30 Züge gleichzeitig unterwegs. Das Computersystem sei zwar von sehr hoher Sicherheit geprägt. „Alles bei der Eisenbahn ist technisch gesehen grundsätzlich ‚fail safe‘ ausgelegt. Das heißt im Zweifelsfall fällt das technische System auf die sichere Seite“, betonte Czylok. „Es gibt aber auch natürlich Situationen, wo dann auf einmal der Mensch gefordert ist, eine Entscheidung zu fällen.“

Hinter den Stellwerkswärtern befinden sich unterstützende Arbeitsplätze, zum Beispiel solche, die bei Events besetzt sind. Das sei etwa zu Silvester der Fall, wo es zusätzlichen Koordinierungsbedarf gibt. Außerdem gibt es in der U-Bahn-Leitstelle Personen, „die sich um die Personaldisposition kümmern, also das Fahrpersonal im Netz verteilen“, berichtete Czylok. In der letzten Reihe sitzen Mitarbeiter mit Aufsichtsfunktionen, dort kommen Notrufe aus den Stationen an. Auch die gesamten Videokameras in den Stationen und Abstellanlagen können in der U-Bahn-Leitstelle live abgerufen werden. Ebenso kann bei Brandgeruch, der beispielsweise vom Bremsvorgang kommen kann, wie Czylok erläuterte, oder wie beim Ausnahmefall des Feuers in der U1, aus der Leitstelle eine Brandrauchabsaugung in den Stationen eingeschaltet werden.

Regelmäßig in die Werkstatt

Unmittelbar neben der U-Bahn-Leitstelle befindet sich eine von mehreren Dienststellen der U-Bahn-Revision. In diesen sind – ohne der U6 mit ihren eigenen Wagentypen und Werkstatt – rund 300 Mitarbeiter der Wiener Linien beschäftigt. Die Züge lassen sich in verschiedenen Hallen zusammensetzen, warten und reparieren. In der sogenannten Hebestandshalle können die Waggons angehoben und von unten serviciert werden, erläuterte Thomas Weber, Leiter der U-Bahn-Revision.

Auch auf anderen Abstellgleisen in den riesigen Gebäuden sind die fast 200 Tonnen schweren und aus sechs Waggons bestehenden Züge von unten oder – für die in erster Linie für die Klimaanlagen notwendige Dachrevision – von oben zugängig. Für die U-Bahn-Züge steht je nach Fahrzeugtyp alle vier bis sechs Wochen eine Inspektion an, berichtete Weber, und „einmal im Jahr eine große Revision“.