Für Patienten mit einer Herz- bzw. Herzmuskelschwäche, einer sogenannten terminalen Herzinsuffizienz, die keine andere Therapie-Option mehr haben, kommt die Implantation eines Kunstherzen (LVAD) infrage. Im Kepler Uniklinikum (KUK) in Linz, wurde das erste Kunstherz 2019 eingesetzt. Seither erhielten 24 erwachsene Patienten dieses lebensrettende Hilfsmittel implantiert, neun davon allein in den vergangenen 24 Monaten. Damit ist das KUK nach Wien federführend bei derartigen Eingriffen.
In Österreich leiden circa 160.000 Menschen an Herzinsuffizienz und pro Jahr gehen rund 27.000 Krankenhausaufnahmen auf diese Erkrankung zurück. Die chronische ischämische Herzkrankheit, bei der eine Einengung bzw. ein Verschluss eines oder mehrerer Herzkranzgefäße vorliegt, ist die häufigste Ursache der Herzinsuffizienz und gleichzeitig die häufigste Todesursache in Europa.
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Zusätzlich gibt es andere Grunderkrankungen, die zu einer Herzschwäche führen können (z.B. Herzklappenerkrankungen, Herzmuskelentzündungen – als Folge einer Chemotherapie …). Diese weiteren Ursachen für eine Herzschwäche bilden die vierthäufigste Todesursache in Europa. Im Endstadium ist die Herzschwäche nur noch durch eine Herztransplantation oder eine Kunstherzimplantation behandelbar.
Magnetisch gelagerte Zentrifugalpumpe
„LVAD“ steht für left ventricular assist device und wird im Volksmund als „Kunstherz“ bezeichnet. Technisch gesehen handelt es sich um eine magnetisch gelagerte Zentrifugalpumpe, die innerhalb eines Pumpenkopfes direkten Blutkontakt hat und das Blut mit kontinuierlichem Fluss und einer Pumpleistung von circa drei bis sechs Liter pro Minute (entspricht der Pumpleistung eines gesunden Herzens) aus der linken Herzkammer abzieht und in die Körperschlagader zurückpumpt.
Diese Pumpe liegt vollständig im Brustraum innerhalb des Herzbeutels. Sie ist über ein Kabel durch die Haut mit einer Steuereinheit verbunden und wird über zwei Akkus mit Strom versorgt. Die Patientin bzw. der Patient tragen die Steuereinheit und Akkus stets mittels eines Gürtels am Körper.
Möglich ist die komplexe Implantation nur durch die enge Zusammenarbeit der Teams der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin und der Universitätsklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin.
Die drei Fachbereiche haben eine ausgewiesene Expertise in der interdisziplinären Behandlung von Patienten mit schwersten Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems inklusive der vorübergehenden mechanischen Herz-Lungenunterstützung mittels ECMO und/oder Impella-Therapie.
Drei optionale Therapieziele
Drei verschiedene Therapieziele werden durch eine LVAD-Implantation ermöglicht:
1. „Bridge to recovery“: Es gibt Formen der Herzschwäche (z.B. virale Herzmuskelentzündungen), bei denen sich das Herz wieder so weit erholen kann, dass das Kunstherz nach einer gewissen Zeit wieder erfolgreich explantiert werden kann.
2. „Bridge to transplant“: Vor allem bei jüngeren Patienten (bis ca. 65 Jahren) bietet sich die Möglichkeit an, ein LVAD zu implantieren und diese gleichzeitig auf die Warteliste für eine Herztransplantation zu setzen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass dadurch die Sterblichkeit auf der Warteliste für ein Spenderherz signifikant reduziert werden kann. Dies ist vor allem in Hinblick auf die stetig länger werdenden Wartezeiten auf Organspenden sehr wichtig.
3. „Destination therapy“: Die mögliche Unterstützungsdauer eines implantierten LVADs hat sich in den vergangenen Jahren durch technische Weiterentwicklungen stetig verlängert. Mittlerweile kann ein Kunstherz bis zu zehn Jahre und länger funktionieren, ohne ausgetauscht werden zu müssen. Die Fünfjahres-Überlebensraten liegen dabei, je nach Bericht, bei 60 Prozent und darüber. Dadurch ist eine dauerhafte LVAD-Unterstützung als definitive Therapie möglich geworden.
„Gesundheit ist unser wichtigstes Gut. Gesundheitsversorgung daher unser wichtigster Auftrag. Mein großer Dank gilt dem engagierten Team, das diese Spitzenmedizin möglich macht und den Menschen in unserem Land neue Perspektiven schenkt. Gemeinsam haben wir ein Ziel: Dass die Gesundheitsversorgung in Oberösterreich für unsere Patientinnen und Patienten auch in Zukunft gut und stark bleibt“, betont Gesundheitsreferentin LH-Stv. Christine Haberlander.
„Ich gratuliere dem hochprofessionellen Kunstherzteam. Hinter diesen Implantationszahlen steckt hohes Fachkönnen und Engagement der Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter aller beteiligten Berufsgruppen“, erklärt Franz Harnoncourt, Geschäftsführer des Kepler Universitätsklinikums.
„Sowohl in der Koronarchirurgie als auch in der Herzklappenchirurgie werden die neuesten Operationsmethoden auf hohen medizinischem Niveau angeboten. Mit dem erfolgreichen LVAD-Programm ist es uns gelungen, einen weiteren medizinischen Meilenstein zu setzen“, freut sich der Ärztliche Direktor Priv.-Doz. Karl-Heinz Stadlbauer.
„Die Pflege unterstützt das LVAD-Kunstherzprogramm mit hochqualifizierten und engagierten Mitarbeitern im Bereich der OP- und Anästhesie-Pflege, der Intensivpflege sowie der Stationspflege. Im Bereich der Nachsorge werden die Patienten in der Ambulanz von Pflegepersonen und Kardiotechnikern ausgezeichnet betreut“, berichtet Pflegedirektorin Simone Pammer.
„Durch die Zusammenarbeit der medizinischen Fakultät der JKU und des Kepler Universitätsklinikums ist es möglich geworden, oberösterreichischen Patienten mit modernsten, Hightech-Behandlungsmethoden, wie einer Kunstherzimplantation, zu helfen“, zeigt sich Univ.-Prof. Andreas Zierer, Vorstand der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie erfreut.
„Das LVAD-Programm gibt uns die Möglichkeit, die Prognose und Lebensqualität unserer Patienten mit schwerster Herzinsuffizienz signifikant zu verbessern. Durch den technischen Fortschritt der Kunstherzsysteme und dem stetigen weltweiten Erfahrungsgewinn ist auch in Zukunft mit einer weiteren Optimierung der Patientenbetreuung und der Langzeitergebnisse zu rechnen“, so Prim. Prof. Clemens Steinwender, Vorstand der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin.
Univ.-Prof. Jens Meier, Vorstand der Universitätsklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, betont: „Das LVAD-Kunstherzprogramm konnte in den vergangenen fünf Jahren sehr erfolgreich im Kepler Universitätsklinikum etabliert werden und stellt eine wichtige medizinische Innovation für Patientinnen und Patienten mit schwerster Herzinsuffizienz in Oberösterreich dar.“