Die von der islamistischen Milli Görüs-Bewegung und ihrem 2011 verstorbenen Gründer Necmettin Erbakan vertretene Ideologie bedeutet keine abstrakte Bedrohung, sondern eine sehr konkrete. Das muss gerade der Islamismus-Kritiker Efgani Dönmez erfahren.
Am Mittwoch erhielt er via Facebook eine kaum verklausulierte Morddrohung, deren Urheber sich als Milli Görüs- und Erbakan-Anhänger zu erkennen gab.
Morddrohung mit Anekdote über Sultan Selim, den Grausamen
„Wer bist du, dass du den ehrwürdig verstorbenen Erbakan diffamierst“, heißt es in dem Droh-Mail. Und weiter: „Ich gebe dir einen Denkzettel, lies das gut durch, vielleicht kommst du dann zur Vernunft.“ Was folgt, ist eine historische Anekdote, in der Sultan Yavuz Selim einem Vogel den Kopf abreißt. Dönmez versteht die damit ausgedrückte Morddrohung: „Die Botschaft ist, wenn du singst, wird dir der Kopf abgerissen.“
Sultan Selim herrschte im 15. Jahrhundert und trug den Beinamen „der Grausame“. Denn der neunte Sultan des Osmanischen Reiches verfolgte als strenggläubiger Sunnit brutal Anhänger anderer muslimischer Glaubensrichtungen wie Aleviten oder Schiiten. Nichtsdestotrotz wird dieser Herrscher heute vom türkischen Regime verehrt. So ließ Staatschef Recep Tayyip Erdogan die 2016 eröffnete dritte Bosporus-Brücke in Istanbul nach Selim benennen. In Deutschland tragen von türkischstämmigen Fundis geführte Moscheen — etwa in Mannheim und Offenburg — den Namen des grausamen Sultans.
Verfassungsschutz ermittelt, Drohbotschafter identifiziert
Der Urheber der indirekten Morddrohung gegen den früheren ÖVP-Abgeordneten Dönmez muss sich auf ein strafrechtliches Nachspiel einstellen. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) hat Ermittlungen eingeleitet. Der junge Mann mit türkischer Abstammung ist bereits identifiziert…