Das Comeback von Oasis beherrscht in Großbritannien die Musikwelt

Gallagher-Brüder kündigten Konzertreihe für 2025 an - Tickets, Hotels, Songs äußerst gefragt

Als Street-Art sind Liam and Noel Gallagher in Manchester schon präsent. © Foto: APA/AFP/Paul Ellis

Es sind alle Anzeichen eines Hypes vorhanden: Die Buchungsseiten überlastet, Beschwerden über extrem gestiegene Hotelpreise am Tournee-Ort und explodierende Downloadzahlen. Das Comeback von Oasis beherrscht in ihrer Heimat Großbritannien die Musikwelt. Vor genau 30 Jahre hat die Britpop-Band um Noel und Liam Gallagher am 30. August 1994 ihr Debütalbum „Definitely Maybe“ herausgebracht.

Jahrelang waren die Brüder – Sänger Liam (51) und Gitarrist Noel (57) – schwer zerstritten. Vor 15 Jahren kam es Backstage beim französischen Musikfestival Rock en Seine zum großen Knall, seitdem sollen sich die Gallaghers nicht mehr gemeinsam in einem Raum aufgehalten haben, sagt die Legende. Umso überraschender kommt nun die große Comeback-Tour, die für den Sommer 2025 angekündigt ist.

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Der Auftakt ist für den 4. Juli in der walisischen Hauptstadt Cardiff geplant. Weitere Konzerte sind in der Oasis-Heimatstadt Manchester, im Londoner Wembley-Stadion sowie im schottischen Edinburgh und im irischen Dublin angekündigt. Gerade wurden wegen äußerst hoher Kartennachfrage drei Zusatzshows in Großbritannien angekündigt. Spekuliert wird zudem über eine Welttournee mit Auftritten in den USA. Aufgeregt berichteten Fans, dass ihre Hotelreservierung bei einer Hotelgruppe in Manchester angeblich aus technischen Gründen storniert worden sei – anschließend sei das Zimmer aber zum dreifachen Preis wieder angeboten worden. Das Unternehmen dementierte.

Wer eines der begehrten Tickets will, konnte sich für eine Verlosung anmelden. Dabei bekamen nicht alle Interessenten eine Bestätigungsmail, dass sie beim Vorverkaufsstart am Samstagmorgen eine Chance auf eine Karte haben. Die Band beteuerte: „Ihr könnt sicher sein, dass sie auf dem Weg sind, während wir eine beispiellose Zahl von Anmeldungen verarbeiten.“

Auch sonst trägt die Gruppe zum Hype bei: „Die einzige Möglichkeit, die Band zu sehen, wird auf ihrer Oasis Live ‚25 World Tour sein“, hieß es in sozialen Medien. Eine TV-Übertragung werde es nicht geben, ebenso wenig einen Auftritt beim größten britischen Musikfestival Glastonbury, das im Fernsehen gezeigt wird.

Oasis, das war feinster Gitarren-Pop, vor allem aber die beiden Gallaghers als Frontmänner. Selbstbewusste, teils überhebliche Sprüche, verwuschelte Haare, Sonnenbrillen, der Inbegriff von „Cool Britannia“. Zwei Genies, die sich ergänzen: Noel der begnadete Songwriter, Liam die markante Stimme.

Mitte der 90er waren die Jungs aus Manchester der angesagteste Musikexport aus dem Heimatland von Beatles, Stones und Co. Spätestens ihr Zweitling „(What‘s The Story) Morning Glory?“ von 1995 mit den Mega-Hits „Wonderwall“ und „Don’t Look Back In Anger“ machte sie weltberühmt. Mit Blur („Modern Life Is Rubbish“) kam es zum „Battle of Britpop“ – welche Band die Stilrichtung erfunden hat, ist bis heute eine Streitfrage.

Blur um Frontmann Damon Albarn spielt immer noch. Oasis hingegen zerschellte 2009 am Streit der extrovertierten Gallaghers. Die Provokation war schon immer ihr Ding. Nun aber will die Band offenbar einen ihrer größten Hits mit Leben füllen: „Don’t Look Back in Anger“ – schau nicht im Zorn zurück.

Nicht alle sind vom Comeback des Jahres elektrisiert. „Musikalisch fand ich die Band schon immer unglaublich öde, das war ja schon in den 90ern nur ein machistisch aufgepumpter Revival-Aufguss von 60er- und 70er-Jahre-Bands, ohne eigene Ideen, groß nur durch Attitüde“, sagte der Popkritiker Jens Balzer im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Aufregung um Oasis spiegle vielmehr Sentimentalitäten wider. „In so unsicheren Krisenzeiten wie diesen wollen viele Menschen nichts ‚Neues‘, sondern lieber Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend und an unbeschwertere Zeiten“, sagt Balzer. „Und natürlich kommen einem die 90er-Jahre, denen Oasis entspringen, rückblickend als unbeschwerte und heitere Ära vor.“

Aber was treibt die Gallaghers an, dass sie ihren Streit nach 15 Jahren beilegen oder zumindest ignorieren? In der britischen Presse wird spekuliert, das Comeback habe ein Volumen von 400 Millionen Pfund (knapp 475 Mio Euro). Aber Geld spiele nicht die entscheidende Rolle bei den Gutverdienern, meint Balzer.

„Schwerer wiegt sicher die Kränkung darüber, dass beide als Solokünstler – natürlich – nicht annähernd an die alten Erfolge als Oasis anschließen konnten“, sagt der Schriftsteller (aktuelles Buch: „After Woke“). „Auf die ganz großen Stadionbühnen wie jetzt ins Wembley kommen sie nur gemeinsam und mit den alten Kamellen zurück, das haben sie nach 15 Jahren erfolgloser Alternativversuche richtig verstanden.“ Neue künstlerische Impulse erwartet er nicht. Tatsächlich gibt es bisher keine Ankündigung eines neuen Albums.

Die alten Songs scheinen aber immer noch – oder auch: wieder – zu ziehen. Der Streaming-Riese Spotify meldete einen weltweiten Anstieg bei Oasis-Streams von 690 Prozent, in Großbritannien zogen vor allem weniger bekannte Titel stark an. Für Deutschland registrierte GfK Entertainment am Mittwoch – also am Tag nach der Comeback-Ankündigung – hohe Download-Zahlen der großen Hits. „Wonderwall“ war der am dritthäufigsten heruntergeladene Song, „Don’t Look Back in Anger“ landete auf Platz sechs. Das zeige, dass die Nachricht von der Reunion offenbar einige Fans animiert habe, die Musik wieder zu hören, kommentierte GfK-Experte Hans Schmucker.

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