Sie sind wieder da, die legendären Beamten des Weihnachtsamtes „MA 2412“. Vor 20 Jahren war die ORF-Reihe Kult. Jetzt sind Weber und Breitfuß alias Dorfer und Düringer frühpensioniert und entkommen einander trotzdem nicht.
Zwei Specials laufen unter dem Titel „Weber & Breitfuß“ am 18. Dezember um 20.15 und 21.05 Uhr in ORF 1. Alfred Dorfer erklärt im Interview, warum er die Reihe für generationenübergreifend hält.
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VOLKSBLATT: Wie entstand die Idee für die Fortsetzung?
ALFRED DORFER: Die Geschichte ist sehr romantisch. Wir sind in Linz gesessen, der Roland und ich, in einem Kaffeehaus beim Dom. Da stand eine Gruppe von HTL-Schülern, die ein Foto haben wollten mit uns. Sie haben gesagt, sie wären große Fans von „MA 2412“, dabei waren sie ja noch gar nicht auf der Welt, als wir das gedreht haben. Man weiß ja nie so genau, wie die eigene Arbeit ankommt, und da haben wir das erste Mal erkannt, dass wir etwas geschaffen haben, das in jede Generation weitergetragen wird. Deshalb haben wir das jetzt gemacht.
Haben Sie sich als Vorbereitung für „Weber & Breitfuß“ alte Folgen angesehen?
Ich schau‘ mir meine Sachen prinzipiell nicht an, weil ich mich selber im Fernsehen oder auf der Leinwand nicht gut aushalte. Dadurch, dass es ja ein wenig ein neues Format sein sollte, wollten wir uns gar nicht zu viel orientieren daran.
Wie schwierig war es, sich in die Diktion der Serie wieder hineinzufinden?
Es ist wie radlfahren. Man ist die ersten zehn Minuten ein bissl unsicher, aber dann ist die körperliche Erinnerung wieder da. Wir haben diese Rollen schon sehr, sehr internalisiert, wie es so schön heißt. Außer mit der Eigenschaft, dass Herr Weber doch auch älter geworden ist. So wie ich übrigens auch (lacht). Für einen Typen wie ihn tauchen mit dem Altwerden Probleme auf, die andere vielleicht nicht in diesem Ausmaß haben.
Sind Weber und Breitfuß im Denken gealtert?
Ich glaub‘, das ist so wie Stan & Ollie: Die sind im Prinzip von den Archetypen im Denken im Beamtenwesen verhaftet geblieben, aber vielleicht jetzt etwas gesetzter geworden.
Sie und Roland Düringer haben die Drehbücher geschrieben: Hat jeder seine eigene Figur weitergedacht?
Im Prinzip ist das Wissen um die andere Figur so groß, dass wir, wenn wir schreiben, relativ genau wissen, was die andere Figur sagen würde. Das hat natürlich Spaß gemacht, der Düringer und ich kennen uns 40 Jahre, haben gemeinsam Schauspiel studiert und unseren Job immer als Freude verstanden, nie Dinge nur einfach so irgendwie gemacht.
Warum ist man nicht wieder aufs Amt gegangen?
Als wir 2002 aufgehört haben, hatten wir das Gefühl, dass das räumliche Limit ausgeschöpft ist. Die Idee war jetzt, die beiden altersadäquat in Frühpension zu schicken, allerdings mit dem Damokles-Schwert, dass man jederzeit wieder einberufen werden kann für soziale Dienste. Die Ämter haben sich ja auch weiterentwickelt — wie ich meine, zum Positiven —, es gibt weniger Schikanen …
Haben Sie gerade einen Antrag beim Finanzamt laufen?
Lacht und schweigt.
Welche Themen liegen Ihnen da jetzt am Herzen?
Als erste Folge erschien uns die Reha sehr, sehr passend, eine Beamten-Reha, wo Menschen eine Krankheit vortäuschen, damit sie nicht in den Sozialdienst müssen. Das mit dem Dracula-Film ist eine biografische Geschichte, wir fanden, dieser Film im Film, diese Selbstreflexion, wäre lustig, indem man dem Breitfuß im Alter ein Hobby gibt: Er ist gern Statist beim Film, um ein bisschen was dazu zu verdienen und da treffen sie wieder aufeinander, ohne voneinander loszukönnen. Das ist eine Art Genreparodie. Für künftige Folgen — nächstes Jahr sollen wieder zwei gedreht werden — gibt’s die Idee, dass Weber und Breitfuß wieder eingezogen werden und von Haus zu Haus gehen, um die Raumtemperatur zu messen und zu schauen, ob die Leute richtige duschen und die Energieregeln einhalten. Die große Lust, die die beiden haben, Leute zu sekkieren, ein wenig Macht auszuüben …
Sind in Zeiten „politischer Korrektheit“ die alten Schmähs noch zeitgemäß?
Die Sprache hat sich für alle Menschen verändert. Die politische Korrektheit ist natürlich eine absolute Humorbremse. Das ist ein Spießertum, das halt über die Leute kommt, hat aber nichts damit zu tun, wie sie wirklich sind, denken und sprechen, obwohl sie sich anpassen müssen. Wir reden nimmermehr so wie in den Nullerjahren, aber politisch korrekt sind diese beiden Figuren deshalb nicht.
Webers Anzüglichkeiten hat man auch nicht ausgespart, die naive Blondine ist ebenfalls wieder da …
Diesen Frauentyp gibt es immer noch und auch diese Männertypen, die ja auch nicht positiv sind. Dass ist ja nicht, nur weil wir plötzlich darüber diskutieren, aus der Welt geschafft. Daher ist natürlich immer noch darstellbar, welche Mechanismen unter Menschen laufen. Es ist Aufgabe der Satire, da ein Bewusstsein zu schaffen.
Wie hätten sich Weber und Breitfuß in Corona-Zeiten verhalten?
Der Breitfuß wäre der brave Impfer gewesen und hätte die Maske auch aufgehabt, wenn er alleine im Auto gesessen wäre. Der Weber hätte wahrscheinlich in seiner Scheiß-drauf-Art nur Sachen gemacht, wenn er hätte müssen. Demonstrieren wäre er nicht gegangen, das wäre ein zu klares Statement. Weber hätte wahrscheinlich am Stammtisch die Klappe aufgerissen, aber nicht Zeugnis abgelegt.
Herr Claus (Karl Ferdinand Kratzl) und Wolfgang Böck als Obersenatsrat fehlen leider.
Das hatte zeitliche Gründe, beide standen nicht zur Verfügung. Wir möchten sie aber natürlich gern wieder ins Boot holen.
Warum haben beide Teile fast die gleiche Besetzung?
Weil wir von der Genesis aus der Gruppe kommen, was vollkommen abgekommen ist in der Satire, im Kabarett. Wir wollten eine Art Ensemble mit Gästen spielen. Eva Billisich und Andrea Händler etwa waren auch schon in „Muttertag“ dabei. Wir haben ein Ensemble, so wie es Loriot gehabt hat und auch bei Stan & Ollie und Charlie Chaplin war das so. Das sind Leute, die improvisieren können, verstehen, die keinen Textpicker haben.
Themenwechsel: Schauen Sie die Fußball-WM oder boykottieren Sie sie?
Ich boykottiere sie nicht, aber ich hab‘ noch kein Match gesehen, irgendwie sträubt sich was dagegen. Dass das jetzt so aufgebauscht wird mit der Moral, finde ich lächerlich, weil wir seit zwölf Jahren wissen, wie es dort eben so ist. Ich gebe aber zu, dass das Rundherum und auch die Jahreszeit mein Interesse enorm dämpfen.
Sie sind mit Ihrem 7. Soloprogramm „und…“ unterwegs. Gehört Linz da zu Ihren fixen Stationen (16. Jänner)?
Mein Anknüpfungspunkt in Linz ist natürlich der Posthof. Ich habe dort schon oft gespielt und fühle mich da unglaublich wohl. Oberösterreich war schon in den 1980ern das Bundesland mit den meisten Auftrittsmöglichkeiten und ist es immer noch, hier ist die intensivste Szene. Für mich ist das ein Vorreiterland wie auch in Sachen Musikschulen.
Wann wird es ein neues Programm von Ihnen geben?
Nächstes Jahr fange ich an, mir zu überlegen, wie es weitergeht. Aktuell schreibe ich an einem Drehbuch, und ich fahre immer noch viel herum. Ich habe mich bisher sehr zurückhalten, weil es keine Planungssicherheit gab. Mittlerweile ist sie, glaube ich, wieder da.
Seit 2001 helfen Sie mit dem Alfred-Dorfer-Stipendium allein erziehenden Studenten.
Es ist eine Verpflichtung, nicht nur die Klappe von 20 bis 22 Uhr aufzureißen, sondern auch zu versuchen, im täglichen Leben einzugreifen. Mein Schwerpunkt sind immer Frauenthemen gewesen, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass das ein schweres Schicksal ist. Daher gibt es diese Kooperation mit den Frauenhäusern und der Caritas. Ich möchte jetzt nicht wie Jesus dastehen, aber das ist, was ich als meine Aufgabe sehe, die ich wahnsinnig gerne erfülle.
Mit ALFRED DORFER sprach Melanie Wagenhofer