Der „Jedermann“ 2021 wird schräg

Lars Eidinger boxend im Fatsuit, Verena Altenberger in rotem Seidenchiffon und der Teufel als Frau

Jedermann Lars Eidiger und Mirco Kreibich (Ein Schuldknecht)
Jedermann Lars Eidiger und Mirco Kreibich (Ein Schuldknecht) © SF/Matthias Horn

„Ist es nicht egal, welche Frisur die Buhlschaft hat?“, sagte Verena Altenberger, als gar viel Gerausche um ihre stoppelkurzen Haare entbrannte. Dass sie diese jetzt auch als Buhlschaft auf dem Salzburger Domplatz trägt, scheint fix, wie die ersten Probenfotos zeigen. Und auch über das Buhlschaft-Kleid wird nun wieder viel geredet.

Es wird ein roter Hosenanzug sein mit fließendem Umhang. Dass die Buhlschaft wieder einen Hosenanzug trägt, sei vom Kontext her klar gewesen, sagt Kostümbildnerin Renate Martin. „Sie ist keine Renaissancefigur. Ein Mieder ist für das 21. Jahrhundert nicht zeitgemäß.“

Der neue Jedermann Lars Eidinger tritt in schwarzem Renaissancerock, einer aus Goldgarn gestrickten Hose im 1970er-Stil und blauen Absatzschuhen auf. Die Fotos zeigen aber auch den Jedermann im Fatsuit oder im Boxring, mit dem Schuldknecht als ausgeknockten Gegner. „Lars beschäftigt sich sehr mit seinen Kostümen“, erzählte Martin.

Er schlug einen Fatsuit als Inbegriff des reichen Mannes vor. Daraus wurde das Kostüm aus leichtem Material angefertigt. „Er hat es angezogen und war so begeistert, dass er es bis zur Premiere nicht mehr ausziehen will.“

„Teufelin“ Mavie Hörbiger trägt zwar nicht Prada, aber einen beigen, absatzlosen, riesigen Hufschuh. In der Rolle des „Gott“ lastet auf ihrem Kopf eine schwere Perücke mit 1,10 Meter langen, weißen Kunsthaaren. Der Tod, von Edith Clever verkörpert, erscheint zuerst in einem schwarzen, dann in einem weißen Kostüm. Fazit: Das Ensemble trägt genderfluide Kostüme, stilistisch angesiedelt zwischen Renaissance, Barock und 21. Jahrhundert. Der „Jedermann“2021 wird schräg.

„Jedermann“-Premiere als Start der Festspiele

Am Samstag starten die diesjährigen Salzburger Festspiele mit der Premiere des „Jedermann“ — je nach Wetter am Domplatz oder im Großen Festspielhaus. Die Wiederaufnahme der Inszenierung von Regisseur Michael Sturminger ist in den Probenwochen zu einer Quasi-Neufassung geworden.

Nach dezidiert zeitgenössischen Interpretationen habe man sich vom Heute „in Richtung Zeitlosigkeit, aber auch in Richtung historischer Referenzen“ bewegt, hatte Sturminger angekündigt. Seit der Fotoprobe hat man eine Ahnung, was damit gemeint sein könnte.

Man darf gespannt sein, wie Lars Eidinger, der von Stück, Kollegen und Probenatmosphäre in den höchsten Tönen geschwärmt hatte, diese Freiheit nutzen wird. Sicher ist, dass es daneben auch zahlreiche spannende Umbesetzungen gibt. So spielt Angela Winkler Jedermanns Mutter. Winklers Vorgängerin als Jedermanns Mutter, Edith Clever nun den Tod. Mavie Hörbiger ist der erste weibliche Teufel.

Lars Eidinger hat für die Rolle des Jedermann einstweilen einen Zwei-Jahres-Vertrag — kündigte aber bereits augenzwinkernd an: „Vielleicht spiele ich bis zu meinem Lebensende hier den Jedermann.“