folkshilfe erobern Brucknerhaus im Sturm

Umjubeltes Unplugged-Konzert begeistert Fans

folkshilfe-Sänger Florian Ritt mit seiner Quetschn © APA/HERBERT P. OCZERET

Von der Straße ins Linzer Brucknerhaus. Das hätte sich wohl keiner der drei Musiker von folkshilfe träumen lassen, als das oberösterreichische Trio 2011 als Straßenmusiker-Combo begann. Mittlerweile eine der beliebtesten Mundart-Popbands im Land und vier Alben sowie einen Amadeus Award später, haben es Frontman und Akkordeonist Florian Ritt, Gitarrist Paul Slaviczek und Drummer Gabriel Fröhlich in Höhen geschafft, von denen viele Musiker nur zu träumen wagen. Bei ihrer jüngsten Unplugged-Tour mit ihrem Album „Vire“ im Gepäck, treten sie vorwärtsstrebend in großen Konzerthäusern auf, wie nun zweimal hintereinander im ausverkauften Brucknerhaus oder demnächst im Konzerthaus in Wien.

Ob ihr sogenannter Quetschn-Pop und Austrofolk freilich in diesen ehrwürdigen Konzerthallen gleichermaßen zur Geltung kommt wie bei großen Freiluftveranstaltungen, etwa dem Wiener Donauinselfest, bleibt allerdings fraglich.

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Schaumgebremst im ehrwürdigen Saal

Während da die Fans wild abtanzen und ihren Emotionen ungehemmt freien Lauf lassen dürfen, geht es im Brucknerhaus in den fest eingebauten Sitzreihen eher sittsam und geordnet zu. Die ehrwürdige, klassische Konzertsaal-Atmosphäre tut ein übriges dazu, dass das Unplugged-Konzert eher einem der folkshilfe-Hits, nämlich „Owa vom Gas“ entspricht. Oder wie Florian Ritt gleich zu Beginn oben auf der Bühne klarmacht, das alles sei neu für die Band, man hätte die Stuhlreihen im Saal drinnen gelassen, weil man mal auf „Schön“ machen wolle, das hätte aber zur Folge, dass man mehr aufpassen müsse, was man sagt, weil das Publikum genau zuhöre und nicht vom Tanzen abgelenkt sei.

Und so gerät die erste Hälfte des Konzerts zu einer schönen, aber schaumgebremsten Performance. Der Titel „Wanderer“ als Opener wird zu dem eher unspektakulären Resumee „Jetzt schau uns aun wia ma dosteh …Wir san ganz weit oben“. Und auch mit einem angestrengt aufputschenden „Hallo wie geht’s eich so“ wird das eher jugendliche, festivalaffine Publikum vorerst noch nicht recht warm. “Najo eh“!!! Schließlich darf man in den Sitzreihen nicht aufstehen und tanzen, obwohl die Musik dazu schon einladen würde. Das scheint sich im Gegenzug wiederum auf das Dreiergespann der folkshilfe auszuwirken, das ob der Konzerthallen-Atmosphäre unplugged eher ehrfürchtig ans Werk geht und vorerst nicht so recht in Fahrt kommt. Es ist zum „Wana“ möchte man meinen, wie der gleichnamige Song es richtig beschreibt.

Die Stimmung steigt

Mit dem Top-Hit „Mir laungts“ geht es treffend weiter, doch die Fans sind keine Spielverderber und sehen über die Anlaufschwierigkeiten der Band großzügig hinweg. Denn schließlich heißt es im folgenden Titel „Owa vom Gas“, ein beschaulicher Reggae zum Mitschunkeln, bei dem brav mitgeklatscht wird und die Musiker quasi mitgetragen werden. Auch der große Hitparadenstürmer „Maria Dolores“ gerät noch etwas zaghaft, bevor es nach der Pause in der zweiten Hälfte des Konzertes endlich richtig abgeht, und Musiker sowie Fans warm werden und ihre Scheu vor dem klassischen Brucknerhaus-Ambiente ablegen.

Gesellschaftskritik, Schmäh und persönliche Texte

„Hau di her – samma mehr“ vereinigt lautstark Publikum und Band zu einer begeisterten Einheit, absolut textsicher wird lautstark im Dialekt mitgesungen, was endlich auch für die Stimmung auf der Bühne den langersehnten Kick bringt. Von da an sind folkshilfe wieder am Punkt, wie man sie kennt. Flott und rotzig, aber auch nachdenklich und tiefgründig stehen ihre Hits für eine bunte Mischung aus Gesellschaftskritik, ordentlichen Schmäh und ganz persönliche Texte.

Etwa der neue Song „Ohne di“, der im Brucknerhaus Premiere hat und den Florian Ritt als Hommage an eine tot eweihte Person zum Niederknien berührend vorträgt. Dass der Sound letztlich absolut stimmig und mitreißend herüberkommt, dafür sorgt auch ein kleines und feines Gastmusiker-Ensemble, das folkshilfe für die Unplugged-Tour engagiert haben. Mit von der Partie sind eine herausragende Bianca Ortner an den Keyboards und Percussion, die mit ihrer eindrucksvollen Singstimme das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Margit Gruber und Mira Gregoric, die als Teufelsgeigerinnen den konzertanten Sound an diesem Abend virtuos bestimmen, und Jojo Lackner am Bass, der gemeinsam mit Drummer Gabriel Fröhlich den Rhythmus zunehmen vorantreibt. Paul Slavicek an der akustischen Gitarre sticht mehrfach durch gekonnte Soli hervor und natürlich Leadsänger Florian Ritt, der auf seiner Quetschn den typischen Sound von folkshilfe vorgibt.

So gerät der Konzertabend letztlich doch noch zum Triumph. Mit Hits wie  „Schena Mensch“, „Simone“, „Seit a poa Tog“ und „Kummama“, als eine von mehreren Zugaben, verwandelt sich der große Saal im Brucknerhaus doch noch zu einem bebenden Dancefloor, als die Fans am Ende ihre nunmehr Klassik erprobte Lieblingsband mit Standing Ovations und tosendem Jubel abfeiern.

Von Barbara Duftschmid