Inge Maux: „Ich will hinter meinen Rollen verschwinden“

Die oberösterreichische Schauspielerin Inge Maux ist stark im Fernsehen unterwegs

Die Schauspielerin Inge Maux wurde 1944 in Mettmach im Innviertel geboren.
Die Schauspielerin Inge Maux wurde 1944 in Mettmach im Innviertel geboren. © privat

Es gab sensationelle Zuschauerquoten für die österreichischen Produktionen „Das Glück ist ein Vogerl“ und den Wiener „Tatort“ namens „Unten“: An beiden ORF-Hauptabenden war Inge Maux zu sehen – „kleine“ Rollen, aber unvergessliche Auftritte. Das VOLKSBLATT hat mit der aus Mettmach stammenden Schauspielerin gesprochen

VOLKSBLATT: Bis zu 931.000 Zuseher aller Geschlechter für „Das Glück ist ein Vogerl“, bis zu 972.000 für den Austro-Tatort „Unten“: So viel Wahrnehmung innerhalb weniger Tage, faktisch ein Millionenpublikum — davon kann man als Schauspieler nur träumen?

INGE MAUX: Es ist geradezu unheimlich.

Interessant ist, dass Sie zwei Rollen verkörpert haben, in denen Sie sich optisch so unterschiedlich präsentierten, dass viele Leute Sie wohl als „Sackerl-Grete“ im „Tatort“ gar nicht erkannt haben?

Da dankt man einen Teil der Wirkung unbedingt den Maskenbildnern und Kostümbildnern, und ich vergesse nie zu würdigen, was diese für uns Schauspieler tun. Kiky von Rebental war stundenlang damit beschäftigt, mich mit grauem Haar und aufgeklebten Adern im Gesicht in die Sandlerin – die Deutschen sagen dazu „Pennerin“ – zu verwandeln. Groteskerweise fühlt man sich dann „sauwohl“ in der Rolle, man bewegt sich auf einmal ganz anders, fängt an, darin zu leben.

Und wie waren die Erfahrungen der Inge Maux als „Sandlerin“?

Das war sehr interessant. Wir haben in der Karlsplatz-Passage gedreht, und in den Drehpausen saß ich einfach da, und echte Menschen gingen vorbei, und ich merkte sehr wohl, wie sie auf jemanden wie diese Frau reagierten — entweder sie schauten gar nicht hin, oder sie schauten weg, oder sie zeigten unverhohlen Verachtung. Das hat mir erst klar gemacht, was es bedeuten muss, aus der Gesellschaft ausgestoßen zu sein.

Ist die „Sackerl-Grete“ darum ein so abweisender, anfangs fast bösartiger Typ?

Selbstverständlich. Sie erlebt, dass sie ausgegrenzt wird, und das erregt dann so etwas wie Zorn: Gut, wenn ihr mich nicht mögt, ich mag euch auch nicht! Der Regisseur Daniel Prochaska , mit dem ich ja schon den Kinderfilm „Das unheimliche Haus“ gemacht habe, weiß außerdem sehr genau, was er will, und so haben wir diese seltsame, wunderbare Figur erarbeitet.

Wie war die Resonanz darauf, die Sie persönlich erfahren haben?

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Nicht nur, dass der Reporter der „Bild“-Zeitung so begeistert war, dass er ein Interview mit mir gemacht hat, was mich natürlich ungemein gefreut hat: Ich habe tatsächlich noch nie in meinem ganzen Leben so viel Resonanz auf eine Rolle bekommen – und noch nie so ausschließlich positiv. Niemand hat gesagt, wie „hässlich“ ich doch wäre oder wie man so etwas spielen kann, im Gegenteil. Es kamen die wunderbarsten Rückmeldungen, die Regisseurin Mirjam Unger hat mir geschrieben, ich bekäme ihren persönlichen „Oscar“. Jedenfalls ist die Figur ganz offenbar unter die Haut gegangen, und mehr kann man ja nicht erreichen.

So ganz anders die mondäne, ein bisschen verrückte und aufgedreht fröhliche Frau Meier in „Das Glück ist ein Vogerl“ …

Ja, ich will hinter meinen Rollen verschwinden, jede Figur soll ganz für sich dastehen und glaubhaft sein. Ich freue mich sehr, dass ich da als die Dame, die das Krankenzimmer quasi erhellt, dann auch so hübsch sein durfte. Ich kam mit dem Turban, der ein wenig mein privates Markenzeichen ist, zur Kostümprobe, und die Verantwortlichen beschlossen gleich: Das behalten wir! Man hat mir auch noch einen blumengeschmückten Rollator gegeben, um die innere Heiterkeit der Figur zu unterstreichen, aber den hat man, glaube ich, nicht gesehen.

Was sind Ihre nächsten Pläne?

Es ist schon eine Menge fertig, ich hoffe, die ARD sendet bald „Eisland“, wo ich Axel Prahl – diesmal nicht als Münsteraner Kommissar – als tollen Partner kennengelernt habe. Die Spielfilme „Oskars Kleid“, wo ich in der Regie von Hüseyin Tabak die Schwester von Senta Berger spiele, und der Kinderfilm „Himbeeren mit Senf“ von Regisseurin Ruth Olshan sind abgedreht und warten nur darauf, im Frühjahr in die Kinos zu kommen — wenn Corona es erlaubt. Noch länger abgedreht ist meine zweite Zusammenarbeit mit Ulrich Seidl, den ich bei „Paradies Liebe“ kennen- und schätzen gelernt habe. „Böse Spiele“ hätte schon 2020 in Cannes starten sollen, nun ist der Film auf Cannes 2021 verschoben. Ich spiele darin den überdrehten Fan eines Schlager-Stars, eine herrliche Fellini-artige Figur, der leider auch böse mitgespielt wird.

Unvergessen ist auch Ihre „Mame Wolkenbruch“ in der Verfilmung des Romans von Thomas Meyer …

Ja, man hat mir wieder eine jüdische Figur, diesmal eine Großmutter, angeboten: Der wirklich tolle Roman „Der Passfälscher“ von Coma Schönhaus, den ich gerade lese, soll verfilmt werden. Die Frage ist nur, wann für Film und Theater wieder ein normaler Arbeitsbetrieb möglich ist.

Interview: Renate Wagner