Sie singt und tanzt – familiär vorbelastet – schon seit sie ein kleines Kind war. Jetzt tritt sie für Österreich beim größten Musikwettbewerb der Welt an: Die oö. Sängerin Kaleen, mit bürgerlichem Namen Marie-Sophie Kreissl (29), hat im österreichischen Team für den Eurovision Song Contest (ESC) schon seit 2016 hinter den Kulissen Erfahrungen gesammelt. Im Mai steht sie dort selbst auf der Bühne.
Was bedeutet der Name Kaleen?
Kaleen ist ein Name, den ich mir als Kind ausgedacht habe, als ich mit meinen Schwestern Casting-show gespielt habe im Wohnzimmer. Das war immer mein Künstlername als Sängerin mit fünf oder so. Sängerin zu werden war von klein auf immer der große Traum. Es hat ein bisschen gedauert, mich wirklich zu trauen, das zu machen.
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Wie unterscheidet sich die Kunstfigur von der Privatperson Marie-Sophie Kreissl?
Kaleen ist meine Bühnenpersönlichkeit, die definitiv ein bissi anders gestrickt ist als ich privat. Ich bin eigentlich schüchtern und introvertiert. Als Künstlerin bin ich ganz anders: Sobald die Bühne da ist, stelle ich mich hin, bin selbstbewusst, sexy, ein anderer Mensch. Das Lustige ist, dass ich mir das weder vornehme, noch irgendwie ein Ritual habe, wie ich da reinkomme. Es passiert irgendwie einfach.
Sie stammen ursprünglich aus Ried im Traunkreis. Wo haben Sie heute Ihren Lebensmittelpunkt?
Ich lebe seit 2017 in Wien. Ich war in unterschiedlichen Tanzschulen und habe dort alle möglichen Tanzrichtungen gelernt. Gesangstechnisch ist vieles autodidaktisch passiert im Tonstudio meines Vaters, wo ich mich immer selbst aufgenommen habe. Später habe ich eine Gesangsausbildung gemacht. Ich habe einfach das getan, wo es mich hingetrieben hat, und es macht mir beides so viel Spaß, dass ich mich nicht entscheiden möchte.
Sie sind familiär musikalisch-tänzerisch vorgeprägt. Haben Sie bei Ihrem Onkel Alexander, dem einstigen Profi bei „Dancing Stars“, oder Ihrer Großmutter, der Komponistin Hanneliese Kreißl-Wurth, die mit „Steirermen are very good“ berühmt geworden ist, gelernt?
Natürlich macht man vielleicht das, was einem die anderen vorleben. Es gab immer viel Musik zuhause, es ist immer ums Tanzen gegangen. Dann rutscht man da einfach rein und hat anscheinend Talent dazu, das wird gefördert, und man möchte da gar nicht mehr raus. Ich habe dann meinen eigenen Weg gefunden, es hat alles gut zusammengepasst.
Meine Oma macht ein ganz anderes Genre, ich glaube, da können wir uns gegenseitig nicht so gut helfen. Ich habe bei meinem Onkel zwar keine Tanzstunden genommen, aber lange bei ihm in der Tanzschule gelernt und auch unterrichtet.
Könnten Sie sich vorstellen, sich einmal im Schlager oder im volkstümlichen Bereich zu versuchen?
Das habe ich schon oft überlegt, kann aber nur sagen, dass ich mich im Englischen wohler fühle. Ich mag Schlager sehr gerne und auch Volksmusik, weil ich damit aufgewachsen bin, aber als Künstlerin komme ich im Englisch-Pop besser zurecht. Der Song für den ESC wird auch auf Englisch sein.
Als Tänzerin haben Sie schon viele Preise eingeheimst und Erfolge gefeiert, als Sängerin haben Sie erst kürzlich Ihr Debütalbum veröffentlicht. Wie groß ist die Aufregung vor dem großen Auftritt?
Die Aufregung wächst wahrscheinlich bis zum 11. Mai. Ich hoffe aber, dass es bei positiver Aufregung bleibt. Ich freue mich wahnsinnig drauf und habe insofern Respekt, als ich weiß, was da jetzt an Arbeit auf mich zukommt, weil ich das selbst schon oft miterlebt habe mit anderen Künstlern. Aber ich freue mich auf die Herausforderung und hoffe, dass ich dort eine tolle Zeit haben werde.
Wie bereiten Sie sich vor?
Das ist losgegangen in dem Moment, wo wir gewusst haben, dass es so sein wird: ein Team um sich aufstellen, das Musikvideo planen, auch Tanz wird dabei sein. Damit das alles funktioniert, gehe ich ins Fitnessstudio, nehme Vocalcoaching, die ganze Bandbreite. Das ist eine große Verantwortung, und ich möchte es so gut wie möglich machen.
Sie sind ja schon länger im ESC-Team, welche Erfahrungen konnten Sie da schon für den eigenen Auftritt mitnehmen?
Viele große und kleine. Ich glaube, es hat schon sehr viel gebracht, da so oft mit dabei zu sein, ob´s um Blicke in die Kamera geht, ob´s so ist, dass man eine Spur weiter vorne steht, weil das Licht besser ist … Da geht es um die kleinsten Sachen, an denen man feilen kann. Ich bin sehr detailverliebt, am Schluss sollte alles perfekt für einen selbst sein. Das Wichtigste dabei ist auf jeden Fall, authentisch zu sein. Wenn man das schafft und emotional da ist, wo auch der Song ist in den drei Minuten, dann hat man gewonnen. Die Menschen spüren das, was man selbst spürt.
Was darf man auf keinen Fall machen?
No-Gos sind für mich, den Text zu vergessen, man kann ausrutschen, es gibt 100.000 Sachen, die passieren können und mit denen man umgehen können muss.
Wie würden Sie Ihre Musik beschreiben und was für ein Song erwartet uns beim ESC?
Meine Musik ist sehr positiv, sehr energiegeladen und macht gute Laune. Es geht auf jeden Fall auch beim ESC in die Richtung, es wird ein Song in Richtung Techno, in Richtung Energie, Vollgas. Ein schneller Popsong.
Welches Ziel haben Sie sich gesteckt?
Platzierungstechnisch überhaupt nichts. Wir gehen auf jeden Fall mit der Intention heran, zu gewinnen. Aber ich möchte das auch dann dort nicht so wirklich im Hinterkopf haben, weil ich wirklich den Moment auf der Bühne genießen und auf mich stolz sein möchte.
Gibt es Vorbilder für Sie, vielleicht auch in Sachen ESC?
Als Loreen letztes Jahr den Song Contest das zweite Mal gewonnen hat, da hat man schon gemerkt an ihrem Auftreten und an ihrer Perfomance, sie macht es sehr gut, ist auch wahnsinnig authentisch. Abseits vom ESC ist definitiv Beyoncé mein Vorbild. Ich habe sie immer schon sehr bewundert, ihre Auftritte, wie sie ihre Shows gestaltet, ihre Performances auf der Bühne, das ist sicher meine Hauptinspiration.
Von Melanie Wagenhofer