Kulturhauptstadt: Das Wirtshaus mit Zukunft steht in Bad Ischl

Spitzenkoch Christoph „Krauli“ Held und „seine“ Schüler schupfen ein geniales „Bahnhofs-Resti“

Hoffnung für die Wirtshauskultur am Land: Christoph „Krauli“ Held hat mit Schülern der Ischler Tourismusschule im „Genusslabor“ ein zukunftsträchtiges Restaurantkonzept umgesetzt.
Hoffnung für die Wirtshauskultur am Land: Christoph „Krauli“ Held hat mit Schülern der Ischler Tourismusschule im „Genusslabor“ ein zukunftsträchtiges Restaurantkonzept umgesetzt. © Edwin Husic

Das Brot ist noch warm, die Blaukrautsuppe eine nicht nur farblich köstliche Überraschung. Schweinsmedaillons, die sonst heutzutage keine hohen Erwartungen schüren, sind hier herrlich zart und rosa gebraten auf Wurzelpüree gebettet und in angenehmer Gesellschaft von Speckbohnen.

Selbstgemachte Nudeln, die ihre kräftige Farbe vom Saft roter Rüben haben, werden an diesem Tag als vegetarische Alternative kredenzt. So weit die überaus gelungene Kulinarik, die aus regionalen Zutaten gezaubert wird. Fazit: Bodenständige und doch unkonventionelle Kost mit regionalen Zutaten und auf hohem Niveau.

Lesen Sie auch

Getragen von viel Leidenschaft: das „Genusslabor“

Weiter zum Ambiente: Holztische und -boden, Fleckerlteppiche, Kunst und ein wenig Retrozeug wie ein uralter Spielzeugautomat an den Wänden. Ein Schild macht darauf aufmerksam, dass Wasser aus der Leitung als Allgemeingut hier gratis ist. Aus Suppenschüsseln wächst das eine oder andere verzehrbare Kräutlein, hinter der Budel werken junge Köche.

Was Christoph„Krauli“ Held als „Genusslabor“ und Teil des Projektes „Wirtshauslabor“ zur Belebung der verschwindenden Wirtshauskultur am Land für die Kulturhauptstadt angelegt hat, funktionierte schon vor der offiziellen Eröffnung des besonderen Jahres in Bad Ischl wie am Schnürchen, ist aus der Experimentierphase raus und hat das Problem, unter dem die Gastronomie allerortens heutzutage leidet, garantiert nicht: Hier sind genügend hochmotivierte junge Leute am Werk, gut geschult im Service, freundlich, redselig und aufmerksam.

„Die sind besser drauf wie alle anderen in der Gastronomie, weil die Leidenschaft noch nicht abgestumpft ist“, sagt „Krauli“ im VOLKSBLATT-Gespräch. Nachsätze: Wichtiger als ein Businessplan sei die Liebe zur Gastronomie. Und: „Das hier ist das wirkliche Leben.“

Nachhaltig hat hier mehrere Bedeutungen

Die jungen „Wirte“ sind Schüler der 4a der Ischler Tourismusschule, denen die Aufregung in den Anfangstagen zwar anzusehen ist, die aber alles höchst souverän meistern. „Wir hätten uns niemand besseren wünschen können, mit dem zusammen wir arbeiten können, als den ,Krauli´“, sagt unser Kellner Florian Neubauer (17) aus Gmunden.

„Er hat eben einen super Bezug zur Jugend.“ „Krauli“ (Jg. 1985 und aus Bad Goisern), sonst höchst erfolgreich am Siriuskogl tätig, mit einer Haube gekrönt und aus zahlreichen Fernsehsendungen bekannt, hat die angehenden Gastro-Experten unter seine Fittiche genommen, ihnen viel gezeigt und sie alles machen lassen. „Eine größere Praxiserfahrung wie hier kannst du gar nicht machen. Wir waren von Anfang an dabei, als hier alles noch leer gestanden ist, haben wirklich von Null angefangen, alles selbst gemacht“, erzählt Neubauer stolz.

Von Social Media, der Kreation der Gerichte übers Einkaufen und Kochen bis hin zur Buchhaltung und dem Abwasch. Gemeinsam haben sie die Gaststube innerhalb von sieben Wochen umgebaut, der Betrieb soll auch nach dem Kulturhauptstadtjahr weitergehen. Nachhaltiges, wie es von und für solche Projekte immer eingefordert wird. Aber nicht nur nachhaltig im Sinne des weiteren Fortbestandes: „Krauli“ zeigt seinen „Lehrlingen“, wie man das ganze Tier verwertet, verfolgt also Konzepte wie Zero-Waste. „Wir kochen einfach, zeigen, dass das Schwein nicht nur aus Karree besteht, kochen klein und bescheiden, aber so, dass für jeden etwas dabei ist.“

Das „Genusslabor“ hat an bestimmten Tagen im Kulturhauptstadtjahr geöffnet und auch prominente Gäste wie die Healthy Boy Band, bestehend aus den Spitzenköchen Philip Rachinger, Lukas Mraz und Felix Schellhorn.

Von Melanie Wagenhofer