Lehár Festival krönt Bad Ischl endgültig zur Kulturhauptstadt

Fulminanter Start mit Paul Abrahams „Märchen im Grand Hotel“

Nun ist es endlich so weit: Das seit 1961 als Operettenwochen gegründete heutige Lehár Festival Bad Ischl wunde mit einer sensationellen Produktion eröffnet. Der auch Insidern bislang unbekannten Operette „Märchen im Grand Hotel“ von Paul Abraham.

Wie Operetten-Expertin Barbara Kreuzer bereits am Nachmittag im Museum der Stadt erzählte, wurde dieses Werk 1954 als Gastspiel des von Max Reinhardt geleiteten Theaters in der Josefstadt im Theater an der Wien unter Leitung des Komponisten erstmals aufgeführt – und zwar unter der Regie von Otto Preminger.

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Die Nationalsozialisten hatten bereits vorausschauend ihre Fühler gegen die Librettisten Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Bade ausgestreckt, die Folgen sind bekannt. Das „Märchen im Grand Hotel“ war keine Operette im alten Sinn, sie subsumierte zahlreiche Stilrichtungen der musikalischen Unterhaltung, die nun in der Kulturhauptstadt Bad Ischl 90 Jahre später einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Dies von Intendant Thomas Enzinger, der wie kaum ein anderer als Regisseur, alle Elemente des musikalischen Unterhaltungstheaters gleichsam unter einen Hut zu bringen.

Zuvor freilich hatte man bereits die Eröffnung einer von Marie Theres Arnborn kuratierten Ausstellung über die Librettisten Fritz Löhner-Bade, Ludwig Herzer und Alfred Grünwald im Kongress & Theaterhaus miterlebt.

Bei der halbstündigen Eröffnungszeremonie mit zahlreichen kompetenten Rednern wurde der im Rahmen der seinerzeitigen Operettenwochen von Festspiel-Gründer Prof. Eduard Macku entdeckte Kammersänger Heinz Lippert zum Botschafter des Lehár Festivals gekürt, eine Aufgabe, die er mit einigen zwischen Information und Humor angesiedelten Interviews charmant bewältigte.

Der an sich durch die grandiose Susanna Hirschler als Leiterin einer Filmproduktion begonnenen und die Einführung unterbrochene Auftakt musste neu aufgebaut werden, ehe es richtig losgehen konnte, die inhaltlichen Schwierigkeiten und Pleiten im US-Filmgeschäft, am Schauplatz Cannes in einem Grand Hotel, zu lösen.

Es geht letztlich darum, dass ein neuer Film den Pleitegeier verjagen muss, was letztlich nach vielen Verwirrungen und Liebesgeplänkeln sowie scheinbaren oder tatsächlichen Standesunterschieden gelingt. Das Happy End ist demnach vorprogrammiert.

So hat nun Thomas Enzinger als Regisseur mit einem phänomenalen Team die Aufgabe vor sich, die verschiedenen Stilrichtungen musikalischer Art unter einen Hut zu bringen: traditionelle Operetten-Melodie der Entstehungszeit, die Einflüsse des Jazz, des Stepp-Tanzes, der Bewältigung der Massen des Chores und Balletts, der filmisch realen Gegebenheiten und der präzisen Personenführung. Im Vereinen all dieser Eigenschaften ist er derzeit unschlagbar.

Natürlich nicht alleine: Markus Olzinger und Sven Bindseil sorgen für eine unübertreffliche Vielfalt optischer Reize. Evamarie Mayer lässt sich als Choreografin beim Stepp-Tanz gerne durch Marie-Christin Zeisset unterstützen, der das Licht beherrschende Johann Hofbauer ist ebenso perfekt bei der Arbeit. Für den Bewegungschor (alle großartige Solisten!) leistete Matthias Schoberwalter die Einstudierung.

Von den Solisten eiferten Julia Koci und Nina Weiß als grundverschiedene Typen Großartiges. Ähnliches gilt von den verschiedenen Gesellschaftsschichten erzählenden Herren Maximilian Mayer, Oliver Severin, Sebastian A. M. Brummer und Nicolas Lugstein. Susanna Hirschler ist wie immer als Persönlichkeit eine Sonderklasse für sich …

Bleibt der grandiose Christian Huber als Wissenschaftler und am Abend natürlich als Dirigent des Bläser-lastigen Franz Lehár-Orchesters, das in allen Musiksparten zu Hause ist. Der Jubel kannte keine Grenzen.

Von Ingo Rickl