Nazis ließen Kinder von Zwangsarbeiterinnen verhungern

Sendung „Die fremdvölkischen Kinderheim im Gau Oberdonau“ von Katharina Gruber für Radiopreis der Erwachsenenbildung nominiert

Ausschnitt aus einem Sterbeschein eines Kindes aus dem fremdvölkischen Kinderheim in Steyr. © Stadtarchiv Steyr

Die zu Unrecht weit verbreitete Ansicht, man wisse eh schon alles über die Zeit des Nationalsozialismus, widerlegt eine berührende Radiosendung: „Die ,fremdvölkischen´Kinderheime im Gau Oberdonau“ von Katharina Gruber aus der Ö1-Sendereihe „Dimensionen“ beleuchtet ein weiteres dunkles Kapitel, das erst in den letzten Jahren durch intensive lokale Forschung nach und nach ans Licht kommt, in dem Oberösterreich, damals der Gau Oberdonau, eine zentrale Rolle spielt. Der Beitrag ist für den 27. Radiopreis der Erwachsenenbildung nominiert.

Säuglinge und Kleinkinder, die verhungerten oder an Vernachlässigung, die tödliche Krankheiten nach sich zog, verstarben. Mütter, denen die Kinder weggenommen wurden, von denen die meisten nie wieder hörten, Überlebende, die nicht wissen, woher sie stammen. Das prägt das Bild, das sich heute von fremdvölkischen Kinderheimen der Nazis bietet.

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Kinder von Zwangsarbeiterinnen aus dem Osten

Zehntausende Frauen aus der ehemaligen Sowjetunion, aber auch aus Tschechien, Slowenien oder Polen wurden von den Nazis als Zwangsarbeiterinnen aus besetzten Gebieten verschleppt. Sie mussten auf Bauernhöfen, in Haushalten, aber auch in der Industrie Arbeitsdienst leisten. Für Frauen, die (oft durch sexuelle Gewalt) schwanger wurden, rangen NS-Granden darüber, wie mit deren Kindern umzugehen sei: Gauleiter August Eigruber sah künftige Arbeitskräfte für das 1000-jährige Reich in ihnen, andere minderwertiges Leben, dass es zu vernichten gelte.

Das Ergebnis war das erste fremdvölkische Kinderheim in am Lindenhof in Spital am Pyhrn im März 1943. Hunderte solcher Einrichtungen im gesamten Deutschen Reich sollten folgen, viele davon im heutigen Oberösterreich, u.a. in Utzenaich, Pichl bei Wels, Steyr, Timelkam. Zu anderen solchen Stätten in Linz, Desselbrunn, Schardenberg oder Altenfelden gibt es (noch) nur Hinweise. Vom Lindenhof ist belegt, dass hier 106 Kinder untergebracht waren, die Hälfte verstarb im Kinderheim, im Durchgangslager 39 in Linz sollen es 150 gewesen sein, in Utzenaich 34.

Katharina Gruber zeichnet nicht nur die Entwicklungen, die zu diesen grauenhaften Einrichtungen geführt haben, die Zustände dort und deren Entdeckung in unserem Tagen nach, sondern auch Einzelschicksale Betroffener und lässt Zeitzeugen, Betroffene und Experten aus Oberösterreich wie Historiker Gottfried Gansinger aus Ried im Innkreis, Markus Rachbauer vom Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim und die Linzer Soziologin Maria Prieler-Woldan und zu Wort kommen.

Für den 27. Radiopreis der Erwachsenenbildung wurden insgesamt 20 Produktionen in fünf Kategorien nominiert, darunter weitere Beiträge aus und zu Oberösterreich etwa vom Freien Radio Salzkammergut und Radio FRO. Die Preisträger stehen am 8. November fest, feierliche Verleihung findet am 23. Jänner 2025 im ORF RadioKulturhaus in Wien statt.

Von Melanie Wagenhofer