Nix für Klassikpuristen: David Garretts „Millennium Symphony“

Zwischen Rammstein und Swift: Starviolinist legt neues Album vor - Welttournee führt der Geigenstar im März auch nach Wien =

Taylor Swift?, Ed Sheeran?, Harry Styles?, Rammstein?: Wer das neue Album von Geigenstar David Garrett hört, kann nebenbei sehr gut überprüfen, ob er in den vergangenen 25 Jahren musikalisch auf der Höhe der Zeit gelebt hat oder nicht. In Würde ergraute Klassiker aus den 70ern, 80ern oder 90ern wird man auf „Millennium Symphony“, die am Freitag veröffentlicht wurde, nicht finden. Garrett beschränkt sich auf Werke, die nach der Jahrtausendwende entstanden sind.

Radikaler Wechsel

Warum? Das hat mit dem Vorgängeralbum „Iconic“ zu tun, wie er sagt. Das war nämlich anders gelagert. „Es war ein Album mit einer Auswahl von Klassikstücken, die ich neu bearbeitet habe“, sagt Garrett der dpa. Er sei damit eineinhalb Jahre weltweit getourt. „Für mich als Künstler ist es natürlich spannend, nach so einem Projekt einen radikalen Wechsel zu vollziehen“, sagt er. „Ich hatte daher das Gefühl, dass es sich richtig anfühlt, jetzt etwas zu machen, das ein Stück weit moderner und aktueller ist.“

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„Die größten Hits der jüngeren Popgeschichte“

Herausgekommen sind „die größten Hits der jüngeren Popgeschichte in einem monumentalen und genreübergreifenden Rückblick der Spitzenklasse“, wie es etwas marktschreierisch im Begleitmaterial heißt: beispielsweise „Shake It Off“ (Taylor Swift), „Blinding Lights“ (The Weeknd), „As It Was“ (Harry Styles), „Shape Of You“ (Ed Sheeran), „Flowers“ (Miley Cyrus) oder „Komet“ (Udo Lindenberg & Apache 207).

Manche Stücke sind auch eine etwas speziellere Wahl – etwa „Welcome To The Black Parade“ (My Chemical Romance) und „Mein Herz brennt“ (Rammstein). Bei manchen ist man überrascht, dass sich daraus ein Geigenstück entwickeln lässt – bei manchen wirkt der Einsatz von Garretts Instrument sehr organisch und fast zwangsläufig.

Er habe nach Stücken gesucht, die gut auf der Geige funktionierten – und zu denen er einen Bezug habe. „Natürlich gibt es auch die ein oder andere Nummer auf dem Album, die bei mir privat nicht zwingend ganz oben auf der persönlichen Playlist ist. Bei diesen Nummern habe ich aber während des Schreibens eine Qualität erkannt, die mich fasziniert hat“, sagt Garrett. Das beste Beispiel dafür sei „Despacito“, der große Sommerhit. „Da habe ich mich ein Stück weit selbst gezwungen, mal auszuprobieren, wie weit ich komme. Ich wollte mir nicht vorwerfen lassen, etwas nicht ausprobiert zu haben“, sagt der Geiger.

Garrett weiß durchaus, wie seine Arbeit besprochen wird, seit er mit 13 Jahren – Status: Wunderkind! – den ersten Plattenvertrag erhielt. Klassikkenner schätzen die Fähigkeiten des Geigers durchaus, andere Teile des Publikums finden seine Zugewandtheit zum Massengeschmack, seine Rockstarattitüde und Eigenwerbungen wie „ein neuer Crossover-Geniestreich“ im Zusammenhang mit dem Album belächelnswert.

Wenn man es richtig deutet, lässt das Garrett ziemlich kalt. „Millennium Symphony“ etwa sei nicht für Klassikpuristen geschrieben. Und Zuschreibungen wie „David Hasselhoff der Klassik“ seien auch nie aus dem kundigen Feuilleton gekommen. Er finde es gleichwohl seltsam, dass man in Verruf geraten kann, weil man unterhaltsame Musik mache.

Klassische Komponisten hätten doch auch immer unterhalten wollen. „Dieser Aspekt der Unterhaltung, den es in der Klassik über Jahrhunderte gab, der wird oft in den Hintergrund geschoben“, sagt der Violinist. 2025 geht er wieder auf Welttournee. Diese führt ihn am 21. März 2025 auch in die Wiener Stadthalle.