Kunst als Herausforderung

Daniel Spoerri (91) im Kunstforum Wien

Daniel Spoerri, Tableau piège, 1970/1971, Assemblage aus Tablett mit aufgeklebten Frühstücksutensilien
Daniel Spoerri, Tableau piège, 1970/1971, Assemblage aus Tablett mit aufgeklebten Frühstücksutensilien © Daniel Spoerri und Bildrecht Wien/ Kunstpalast - ARTOTHEK

Museen sind die einzigen Orte, wo man derzeit „Kultur“ noch in sich aufnehmen kann. In Wien setzen mehrere Häuser nun zu einem dichten Angebot neuer Ausstellungen an, um das Publikum anzulocken. „Zeitgenössisch“ ist man dabei im Kunstforum unterwegs.

Aktuell müssen die Häuser im Osten Österreichs schließen, bieten jedoch großteils Online-Angebote an. Das Kunstforum Wien auf kunstforumwien.at unter „Digital“.

100 Schlüsselwerke aus sieben Jahrzehnten

So wie der „Hunderter“ Joseph Beuys hat auch Daniel Spoerri, der demnächst in seiner derzeitigen Wahlheimat Wien seinen 91. Geburtstag feiern wird, eine Welt für sich geschaffen.

Die Retrospektive im Kunstforum Wien bemüht sich, ein sieben Jahrzehnte umfassendes Lebenswerk mit rund 100 Schlüsselwerken Spoerris zu belegen, die man in jahrelanger Arbeit von mehr als 40 privaten und öffentlichen Sammlungen zusammengetragen hat (und das in einer Zeit, wo nicht nur der Reise-, sondern auch der Leih-Verkehr der Museen stockt).

Als „Universalkünstler“ bezeichnet man ihn gern, den in Rumänien geborenen Schweizer, der als „gelernter“ Ballett-Tänzer begann, auch erfolgreicher Solist am Stadttheater Bern war — und sich eines Tages „langweilte“. Da er, nach eigener Aussage, „nicht zeichnen konnte“, wurde ihm kreatives Gestalten aller Art zur künstlerischen Möglichkeit.

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Im weitesten Sinn des Wortes ist er immer „Objektkünstler“ geblieben, ein Mann, der den Alltag collagierte, der Dinge sammelte, die andere Leute wegwerfen würden — und der schließlich zu dem fand, was für ihn charakteristisch wurde und ihn mit voller „Eigentümlichkeit“ und Einzigartigkeit in die Kunst der Moderne einschrieb: die „Eat Art“.

Reste von Mahlzeiten als „Kunstgegenstände“

Dass die Reste von Mahlzeiten zu „Kunstgegenständen“ werden können, das hat Spoerri, der immer gern gekocht und auch in Düsseldorf erfolgreich ein Restaurant betrieben hat, „erfunden“.

Diese Reste, die gänzlich aus dem Zufallsprinzip entstanden sind, sorgfältig zu bewahren, indem man sie kunstvoll zusammenklebt, und als sogenannte „Fallenbilder“ oder „Tableau piège“ an die Wand zu hängen — das ist die unverkennbare Spezialität, und dazu gehört neben schmutzigem Geschirr, Besteck und Essensresten auch „Abfälle“ wie Zigarettenasche. Die Momentaufnahme dessen, was eben noch Alltag war.

Wie auch Warhol, wie auch Beuys, zwingt Spoerri den Betrachter zu neuen Wahrnehmungen, an die er vielleicht nie gedacht hätte.

Es sind diese „Fallenbilder“, die in der Ausstellung am meisten beeindrucken, auch wenn man andere Collagen oder originelle Sammlungen (Objekte rund um das Ei in einer eierförmigen Stellage) zu sehen bekommt.

Ein Schwerpunkt ist dann noch im letzten Raum mit Werken und Fotos aus jenem „Giardino di Daniel Spoerri“, den er 10 Hektar groß in der Toscana eingerichtet hat und wo der Besucher neugierig auf die Suche nach Werken gehen kann, die von ihm und zahlreichen gleichgesinnten Kollegen stammen und oft halb versteckt in der Natur ruhen. Kunst als Herausforderung — das ist Spoerris Blick auf die Welt.

Bank Austria Kunstforum Wien, bis 27. Juni // Vom 1. bis voraussichtlich 6. April geschlossen