Mit Expertise und Wortwitz in die Zukunft geschaut

Der Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht gab auf Einladung der Academia Superior Antworten auf Zukunftsfragen

V. l.: Hengstschläger, Haberlander, Stelzer und Precht haben sich über den Dächern von Linz den großen „Fragen an die Zukunft“ gewidmet – und durchaus Antworten gefunden.
V. l.: Hengstschläger, Haberlander, Stelzer und Precht haben sich über den Dächern von Linz den großen „Fragen an die Zukunft“ gewidmet – und durchaus Antworten gefunden. © Academia Superior/Wakolbinger (2)

Um nichts weniger als um „Fragen an die Zukunft“ und deren Beantwortung ging es Montagabend im Linzer Schloss.

Dort stellte sich der bekannte deutsche Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht auf Einladung des oö. Think Tank „Academia Superior“ den Fragen des Humangenetikers Markus Hengstschläger.

Um es gleich vorwegzunehmen: Die Einblicke waren erhellend, die Thesen dank der fundierten Beobachtung und empirischen Forschung Prechts nachvollziehbar und stringent. Und die Zukunftsentwürfe wurden überdies ob der Eloquenz beider Gesprächspartner auf dem Podium in höchst unterhaltsamer Weise dargeboten.

Technische Qualifikationen und mathematisch-naturwissenschaftliche Fähigkeiten würden – wenig überraschend – künftig immer mehr von Bedeutung, sagte Precht. Aber der bei weitem größte Wachstumsmarkt seien „empathische Berufe“, also etwa Pflegekräfte, Lehrerinnen und Lehrer oder Scouts, die Begabungen der Menschen erkennen.

„Würde Leute aus der Praxis in Schulen holen“

Stichwort Lehrerinnen und Lehrer: Dies „müssen Menschen sein, denen man gern zuhört“, betonte der Philosoph. Wenn eine Person vor einem Saal voller Jugendlicher etwa die Goldene Bulle erklären müsse, erkenne man „in fünf Minuten, ob diese Person als Lehrer geeignet ist oder nicht“. Er würde vermehrt auch „Leute aus der Praxis in die Schulen holen“, betonte Precht. Was Unternehmertum bedeute, könne etwa eine leidenschaftliche Unternehmerpersönlichkeit am besten vermitteln.

Es gebe heute hervorragende Lehrkräfte, das Schulsystem selbst stamme aber aus dem 19. Jahrhundert und sei daher nicht mehr adäquat. Damals galt es, Menschen mit einer uniformen Ausbildung für Arbeiten in Militär und Verwaltung auszubilden. „Es ging um Dienst nach Vorschrift auf jeder Ebene.“

Heute seien die Anforderungen gänzlich andere, sagte Precht: Es gehe darum, „Neugier bewahrend die Herausforderungen anzugehen“. Man sollte die Begabungen von Kindern fördern und Schüler nicht mit Fächern traktieren, die nicht ihren Begabungen entsprechen.

„Künstliche Intelligenz wird nicht böswillig“

Künstliche Intelligenz (KI) werde in Zukunft eine größere Rolle spielen, aber nicht zum Untergang der Menschheit führen, ist Precht überzeugt. „Dass KI böswillig wird“ und sich gegen den Menschen richte, sei unwahrscheinlich. Denn die Herausbildung eines Willens sei an eine Physiologie gebunden. Sehr wohl könne es durch KI zu Kontrollverlust kommen. Diese dürfe daher „nicht in Bereichen eingesetzt werden, wo schicksalhafte Entscheidungen getroffen werden“, etwa bei Gericht.

„Gegen Klimawandel gibt es keine Impfung“

Die Corona-Pandemie habe die Digitalisierung beschleunigt und deren Grenzen aufgezeigt, analysierte Precht: „Menschen sind mit Tieren mehr verwandt als mit Smartphones, wir sind soziale Wesen.“ Die weitaus größere Bedrohung sei jedoch der Klimawandel, denn gegen diesen „gibt es keine Impfung“. Wenn die Pandemie zu mehr Bewusstsein für die biologische Verletzbarkeit führe und zu einer ernsthaften Klimapolitik, „dann wäre Corona zu etwas nütze“.

„Die Zukunft fordert uns mit vielen Fragen“, betonte Landeshauptmann Thomas Stelzer: „Wir verstehen die Landes- und Gesellschaftsentwicklung immer gesamthaft.“ Und Academia-Obfrau LH-Stv. Christine Haberlander betonte die Bedeutung des Fragen-Stellens: „Wir lernen durch Fragen. Sie eröffnen uns neue Welten.“ch