Der Jüdische Friedhof Graz wurde am Dienstag nach sieben Jahren Sanierung mit Kosten von rund 1,1 Millionen Euro neu eröffnet. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Graz, Elie Rosen, konnte dazu auch einen „Präsidenten-Kollegen“ – den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) – begrüßen. Diese letzte Ruhestätte, die etwa 1.500 Gräber umfasst, ist aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich zugänglich, kann aber nach Anmeldung besucht werden.
Von 2014 bis 2020/21 wurde der Israelitische Friedhof in Graz durch den Friedhofsfonds instandgesetzt. In mehreren Etappen (Fachplanung, Ausführung, Rodungsarbeiten, Generalplanerleistungen, statische Sanierung der Grabanlagen) wurde die Instandsetzung durchgeführt. Insgesamt förderte der Friedhofsfonds die Sanierung mit rund 1,1 Millionen Euro.
Rosen, der Präsident des Kultusrates der Jüdischen Gemeinde, hoffte, dass die Übergabe zur Stärkung des Bewusstseins des historischen Erbes des Friedhofs beiträgt, wie er gegenüber der APA erklärte. Auch betonte er die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit der Stadt Graz: „Auf jeden Fall zeigt sich ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Unterstützung bei der Pflege des Friedhofs.“
Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) freute sich, dass der gemeinsame Kraftakt gelungen sei und sprach über die Zukunft des Friedhofs: „Seitens der Stadt Graz haben wir uns verpflichtet, den Pflegerhythmus zu intensivieren – das ist auch mit der Holding Graz so besprochen. Da gehört nicht nur der Rasen, sondern auch die Baumpflege, der Bewuchs am Grabstein selbst und vieles Weitere dazu.“ Bisher hatte das Militärkommando Steiermark immer wieder mit Rekruten und Kadersoldaten Pflegearbeiten auf dem Friedhof durchgeführt.
Sobotka hob indes die weit zurückreichende Geschichte der mosaischen Gemeinde hervor: „Das Jüdische Leben hat es in Österreich sehr lange gegeben. Aber warum gab’s dann keinen Friedhof?“, stimmte der Nationalratspräsident die Zuhörerschaft nachdenklich und verwies auf den herrschenden Antisemitismus. Landtagspräsidentin Manuela Khom (ÖVP) hob die mit dem Friedhof verbundene Historie hervor: „Er ist auch ein Stück stille Zeitgeschichte, ein Zeitzeuge.“
Der Friedhof wird von der Israelitischen Kultusgemeinde der Steiermark, Kärnten und dem südlichen Burgenland mit ihren rund 130 Mitgliedern verwaltet. Aktuell beherbergt er rund 1.500 Gräber auf einem Areal von rund 14.000 Quadratmetern.
Öffentlich zugänglich ist der Friedhof aus sicherheitstechnischen Gründen nicht. Er kann aber mehrmals pro Jahr im Zuge von Schwerpunktführungen oder im Rahmen des Bildungsprogrammes der Jüdischen Gemeinde geführt besichtigt werden. Für Einzelpersonen besteht außerdem die Möglichkeit eines Gräberbesuchs – nach Voranmeldung bei der Jüdischen Gemeinde Graz, Vorlage eines Lichtbildausweises und Unterzeichnung eines Sicherheitsmerkblattes.
Zu den bedeutendsten Persönlichkeiten, die am Jüdischen Friedhof Graz beigesetzt wurden, zählen der langjährige Grazer Rabbiner Samuel Mühsam (1838-1907), der (Mit)Begründer des bekannten Kaufhauses Kastner & Öhler, Hermann Öhler (1847-1918), und der Stadtbaumeister Alexander Zerkowitz (1860-1927). Mehrere Massengräber erinnern an die im März/April 1945 von den Nazis ermordeten jüdisch-ungarischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der Todesmärsche.
Der Friedhof wurde 1864 angelegt und 1901 erweitert, damals lag er noch vor der Stadtgrenze. Davor wurden die Toten der jüdischen Gemeinde im nächstgelegenen jüdischen Friedhof, im burgenländischen Güssing, bestattet. 1910 erfolgte ein Kuppelbau des Stadtbaumeisters Zerkowitz für die Grazer Zeremonienhalle. Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurde die Zeremonienhalle zerstört und 1991 wieder neu errichtet.