Erdogan-Jubler und Israel-Hasser: Der Bock als Demokratie-Gärtner!?

Neue deutsche Migrantenpartei DAVA kämpft gegen Rassismus — außer, es geht gegen „die Zionisten“

Will ins Europaparlament und verbreitet abstruse Verschwörungstheorien über Israel: DAVA-Kandidat Yoldas (hier im Interview mit dem NDR-Fernsehen) kommt von der in Deutschland als verfassungsfeindlich eingestuften, auch in Österreichs aktiven Milli-Görüs-Gemeinschaft.
Will ins Europaparlament und verbreitet abstruse Verschwörungstheorien über Israel: DAVA-Kandidat Yoldas (hier im Interview mit dem NDR-Fernsehen) kommt von der in Deutschland als verfassungsfeindlich eingestuften, auch in Österreichs aktiven Milli-Görüs-Gemeinschaft. © Screenshot: NDR

Wenige Wochen nach ihrer Gründung hat die Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch (DAVA) etwas geschafft, wofür andere Kleinst-Parteien in Deutschland sie wohl beneiden: enorme Aufmerksamkeit.

Keine Erdogan-Partei?

Zu verdanken hat sie das vor allem der polarisierenden Wirkung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, in dessen politischem Orbit die DAVA gesehen wird. Nachdem das VOLKSBLATT im Jänner über die bis dahin nicht wahrgenommene Parteigründung berichtet hatte, griffen alle großen deutschen Medien das Thema auf.

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„DAVA ist der neueste Ableger von Erdogans AKP, diese ist eine stramm nationalistische Partei, antidemokratisch, mit islamistischen Zügen und offen Israel hassend“, schrieb etwa die BILD-Zeitung. „Hass auf Israel und Lobbyismus für Erdogan“, ortete auch die Tageszeitung „Welt“ bei der Neo-Partei, die im Juni bei den Europawahlen antreten will.

Die türkischstämmigen Gründer beteuern dagegen, völlig unabhängig und frei von jeglichem ausländischen Einfluss zu agieren. Doch Spitzenkandidat Fatih Zingal kommt von der Union Europäischer Demokraten (UID), jener Organisation die bei türkischen Wahlkämpfen im Ausland — auch in Österreich — Stimmen für die Regierungspartei AKP einsammelt. Der für die Europawahlen im Juni zweitgelistete Kandidat Ali Ihsan Ünlü war hochrangiger Funktionär der DITIB-Organisation, die der türkischen Religionsbehörde DIYANET untersteht. Da könnten schon Zweifel aufkommen an der Glaubwürdigkeit der Unabhängigkeitsbeteuerung.

Glaubwürdigkeitsprobleme

Wer wie Zingal vor seiner Kandidatur fürs Europaparlament jahrelang Erdogans Politik bejubelt hat, kann das ihm entgegengebrachte Misstrauen nun nicht als Ausdruck von Xenophobie abtun. So einfach geht das nicht. Zumal da diese Partei eine Reihe weiterer Fragwürdigkeiten aufzuweisen hat.

Denn auch ihr Versuch, sich entsprechend der aktuellen Stimmungslage in Deutschland als Partei „für Vielfalt und Toleranz“ und gegen „Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus“ zu positionieren, besteht nicht den Glaubwürdigkeitstest.

Selbst wenn man ihren Protagonisten glauben wollte, plötzlich nichts mehr mit dem Vielfalt und Toleranz bekämpfenden Erdogan am Hut zu haben, vermögen ihre hehren Ziele nur zu beeindrucken, solange die DAVA nicht an ihren eigenen Ansprüchen gemessen wird.

Absurdes über Israel

Stichwort Antisemitismus: Es ist natürlich — gerade in Deutschland — opportun, jeglichen Judenhass zu verurteilen. Wer jedoch von DITIB kommt oder — wie ein weiterer DAVA-Kandidat von der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) — darf es nicht bei der allgemeinen Verurteilung von Antisemitismus belassen. In diesem Fall sind auch klare Worte zum muslimischen Antisemitismus gefordert. Schließlich predigte der in der IGMG als großer Gelehrter verehrte Milli-Görüs-Gründer Necmettin Erbakan Antisemitismus in Reinkultur. Noch kurz vor seinem Tod im Jahr 2011 äußerte er die Überzeugung, dass „die Juden seit 5700 Jahren die Welt regieren“. Und die DIYANET lehrt Muslimen unverblümt, dass Freundschaft mit Juden (und Christen) gemäß dem Koran ein Fehler sei. (Siehe: Kein Jude & Christ als Freund!?).

DAVA-Spitzenkandidat Yoldas teilte am 16. November 2023 dieses Posting, in dem den „Zionisten“ mittels Landkarte das Ziel unterstellt wird, mehrere arabische Länder und ein Drittel der Türkei erobern zu wolle. Dazu Yoldas' Anmerkung: „Es gibt blauäugige und bedingungslose Unterstützer dieser Fanatiker in Deutschland, die immer noch nicht verstanden haben, was Zionismus bedeutet.“
DAVA-Spitzenkandidat Yoldas teilte am 16. November 2023 dieses Posting, in dem den „Zionisten“ mittels Landkarte das Ziel unterstellt wird, mehrere arabische Länder und ein Drittel der Türkei erobern zu wolle. Dazu Yoldas‘ Anmerkung: „Es gibt blauäugige und bedingungslose Unterstützer dieser Fanatiker in Deutschland, die immer noch nicht verstanden haben, was Zionismus bedeutet.“ © Screenshot: Facebook

Dazu gibt es nicht nur keine klaren Worte, vielmehr teilte der IGMG-sozialisierte DAVA-Kandidat Mustafa Yoldas auf Facebook eine Landkarte, die den „Zionisten“ allen Ernstes einen Plan zur Eroberung unter anderem eines Drittels der Türkei (neben dem Libanon, Irak, Syrien, Jordanien und Kuwait sowie Teilen Ägyptens und Saudi-Arabien) unterstellt. Wer derartige Absurditäten über Israel verbreitet, entlarvt seinen vorgeblichen Kampf gegen Antisemitismus als durchschaubare Haltet-den-Dieb-Kampagne.

Wirklich gegen Antisemitismus?

Aber vielleicht war der in ersten Stellungnahmen propagierte Anti-Antisemitismus ohnehin nur ein Werbegag. Im diese Woche veröffentlichten Folder „Wofür steht die DAVA?“ kommt der Begriff Antisemitismus nämlich gar nicht mehr vor. Demnach steht die DAVA für „aktiven Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus, insbesondere Islamfeindlichkeit“.

Aja. Während der vermeintliche antimuslimische Rassismus (zu dem übrigens muslimbruderschaftliche Kreise jegliche Kritik am Islam erklären) in dem Text ausdrücklich hervorgestrichen wird, dürfen sich rassistisch bedrängte Juden bestenfalls mitgedacht fühlen. Eine ausdrückliche Erwähnung findet der Antisemitismus jedenfalls nicht mehr. Zufällig, vergessen oder absichtlich? Wer weiß…

Entlarvende Widerprüche

Das Aufzeigen solcher Widersprüche ist jedenfalls kein Ausdruck von „antimuslimischem Rassismus“ oder Ausländerfeindlichkeit. Hier wird nur eine neue Partei am strengen Standard der Demokratie und deren Werten gemessen.

Und diese Prüfung entlarvt so manchen DAVA-Gärtner, der vorgibt, das Feld der Demokratie bei den Europawahlen im Juni völlig neu bestellen zu müssen, als Bock. Ob diese Böcke nun der Herde Erdogans formal zuzurechnen sind oder nur in der Vergangenheit einmal ein bisschen dessen islamistischen Stallgeruch inhaliert haben, ist da schon fast eine zweitrangige Frage.

Eine Analyse von Manfred Maurer