Putin: Kein neues Gastransitabkommen mit der Ukraine heuer

Russischer Präsident droht erneut mit Einsatz von Oreschnik-Rakete © APA/AFP/POOL/GAVRIIL GRIGOROV

Der russische Präsident Wladimir Putin betont, dass in diesem Jahr keine Zeit mehr für ein neues Abkommen über den Gastransit durch die Ukraine bleibe. Putin sagte am Donnerstag, es sei unmöglich, ein neues Abkommen mit der Ukraine nur wenige Tage vor Neujahr zu unterzeichnen. Außerdem äußerte sich Putin offen für die Slowakei als Verhandlungsort für Friedensgespräche mit der Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sah indes Erfolge seiner Soldaten.

Konkret sieht Selenskyj sieht Wirkung bei den zunehmenden Angriffen seiner Streitkräfte auf Ziele im Rückraum Russlands. „Wir haben die richtigen, notwendigen Ergebnisse bei der Zerstörung der militärischen Infrastruktur des Feindes“, sagte er in seiner abendlichen Videobotschaft am Donnerstag aus Kiew. Dabei richteten sich die Attacken mit Waffen hoher Reichweite nicht gegen zivile Ziele. „Die Ukraine verteidigt sich gegen eine Aggression, und unsere Angriffe richten sich ausschließlich gegen militärische Ziele“, sagte er.

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Zur Slowakei sagte Putin zum Abschluss eines zweitägigen Treffens mit Vertretern der Eurasischen Wirtschaftsunion in Igora, in der Nähe von St. Petersburg: „Wir sind nicht dagegen, wenn es dazu kommt. Und warum nicht? Weil die Slowakei eine so neutrale Position einnimmt.“ Die Slowakei gehört zum wachsenden Lager mittel- und osteuropäischer EU-Mitgliedstaaten mit Regierungen, die der militärischen Unterstützung für die Ukraine skeptisch gegenüberstehen und Verhandlungen mit Russland befürworten. Putin hatte erst vor wenigen Tagen den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico im Kreml empfangen.

Slowakisches Außenministerium bestätigt Vermittlungsangebot

Das slowakische Außenministerium in Bratislava bestätigte am Donnerstagabend in einer der dpa vorliegenden Aussendung das Angebot, als Ort für einen Teil möglicher russisch-ukrainischer Friedensgespräche zur Verfügung zu stehen. Der ukrainischen Regierung habe man die Bereitschaft dazu bereits im Oktober im Rahmen einer gemeinsamen slowakisch-ukrainischen Regierungssitzung erklärt. Die slowakische Regierung setze sich dauerhaft für eine nichtmilitärische Lösung ein und habe immer wieder öffentlich ihre Bereitschaft erklärt, aktiv dazu beizutragen.

In der Slowakei lösten Putins Äußerungen heftige Kritik der Opposition aus. Michal Simecka, der Chef der größten Oppositionspartei, der liberalen Progressiven Slowakei (PS), schrieb auf Facebook: „Es ist absurd, dass uns über die Außenpolitik der Slowakischen Republik wieder jemand anderer informiert als unsere eigene Regierung. (…) Jetzt sogar der russische Präsident und Verbrecher Wladimir Putin.“ Zu Ficos Angebot an Putin, russisch-ukrainische Gespräche in Bratislava zu organisieren, machte Simecka einen Gegenvorschlag: „Wenn Fico Frieden will, sollte er zuerst Putin auffordern, seine Angriffe einzustellen und mit dem Ermorden unschuldiger Menschen in der Ukraine aufzuhören. Wenn die russischen Streitkräfte ihre Angriffe aufhören, können sie ruhig auch direkt auf Ficos Terrasse verhandeln“, ergänzte er sarkastisch.

Neuerlicher Einsatz von Oreschnik nicht ausgeschlossen

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Putin bekräftigte am Donnerstag, Russland sei offen für Gespräche zur Beendigung des Konflikts mit Kiew, werde aber dennoch seine Ziele in der Ukraine durchsetzen. Auch könne Russland seine neue ballistische Mittelstreckenrakete mit Hyperschallantrieb „Oreschnik“ erneut einsetzen. „Wir schließen nicht aus, dass wir sie sowohl heute als auch morgen einsetzen können, wenn es nötig ist“, sagte Putin. Falls nötig, könne Russland auch stärkere Mittelstreckenwaffen einsetzen.

Putin gab der Ukraine die Schuld für ihre Weigerung, das Abkommen zu verlängern, das Gas in die Slowakei, Tschechien und Österreich liefert. „Sie haben angekündigt, dass sie den Vertrag nicht verlängern werden“, sagte Putin und fügte hinzu, dass Kiew damit Europa bestrafen würde. Der derzeitige fünfjährige Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine läuft Ende des Jahres aus. Die Ukraine verliert zwar die Transitgebühren, die trotz des Kriegs immer noch gezahlt wurden. Sie will Russland aber die Möglichkeit nehmen, mit dem Gasexport nach Europa Geld für seine Kriegführung zu verdienen.

Der größte slowakische Gasversorger SPP hatte sich zusammen mit Branchenvertretern aus Österreich, Ungarn und Italien für einen Weiterbetrieb des Erdgastransits durch die Ukraine stark gemacht. In einer von der SPP initiierten Erklärung an die EU-Kommission wurde die Erhaltung der Gasinfrastruktur in der Ukraine gefordert. Zu den Unterzeichnern gehört auch die österreichische Industriellenvereinigung (IV).

Wirtschaftswachstum von vier Prozent

Russlands Wirtschaftswachstum wird laut Putin im Jahr 2024 etwa vier Prozent betragen. „In der Eurozone gibt es, wie Sie wissen, ein Wachstum von 1 Prozent, und in Weißrussland sind es 5,4 bis 5,5 Prozent, basierend auf den Ergebnissen des Jahres. Auch in Russland sind wir im Allgemeinen mit den Ergebnissen zufrieden – 3,9 Prozent, höchstwahrscheinlich werden es weniger als 4 Prozent sein“, sagte Putin.