Fünf Tote bei russischen Luftangriffen in der Ukraine

Russischer Angriff (Archivbild) © APA/National Police of Ukraine/HANDOUT

Bei neuen russischen Luftangriffen in verschiedenen Gebieten der Ukraine sind laut Behörden und Rettungsdiensten mindestens fünf Menschen getötet worden. In der nordöstlichen Stadt Sumy starben demnach in der Nacht zum Dienstag bei einem Drohnenangriff zwei Erwachsene und ein Kind, in der weiter östlich gelegenen Region Donezk wurden zwei Menschen getötet. Die ukrainische Armee meldete den Vormarsch russischer Truppen in der strategisch wichtigen Stadt Tschassiw Jar.

In Sumy wurden nach Angaben der örtlichen Verwaltung Wohngebäude und wichtige Infrastruktur getroffen. Mehr als zwei Dutzend Kampfdrohnen iranischer Produktion seien über der Region abgefangen worden. Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, 60 Drohnen im ukrainischen Luftraum ausgemacht zu haben, von denen 42 zerstört worden seien.

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Die Region Sumy, die an die russische Region Kursk grenzt, steht seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 unter russischem Beschuss. Russische Streitkräfte hatten zwischenzeitlich Teile der Industrieregion eingenommen, bevor sie zurückgedrängt wurden.

In der Industrieregion Donezk, wo die russische Armee seit Monaten vorrückt, wurden nach Angaben von regionalen Rettungsdiensten in der Stadt Myrnograd zwei Menschen getötet und ein weiterer verletzt.

Russland bestreitet seit Beginn seiner groß angelegten Invasion am 24. Februar 2022, dass seine Truppen die Zivilbevölkerung in seinem Nachbarland angreifen. Allerdings feuern sie immer wieder Raketen und Drohnen auf Ortschaften hinter der Frontlinie ab. Das ukrainische Militär erklärte, es habe am Dienstag vor allem im Zentrum, Süden und Osten des Landes 42 von insgesamt 60 russischen Drohnen abgefangen und zerstört.

Nach russischen Angaben löste ein ukrainischer Drohnenangriff eine Explosion in einer Chemiefabrik in der südrussischen Oblast Tambow aus. Dort habe es kurzzeitig gebrannt, erklärte Gouverneur Maxim Jegorow. „Nach vorläufigen Informationen gibt es keine Verletzten.“ Die Oblast Tambow liegt etwa 400 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.

In der russischen Oblast Brjansk, die an die Ukraine grenzt, habe die Luftabwehr elf Drohnen abgefangen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau auf Telegram mit. Den Behörden zufolge wurden ein Heizkraftwerk und ein Gebäude beschädigt. Beschossen wurden laut Ministerium auch die Grenzregionen Belgorod und Kursk sowie Tula und Orjol, die weiter im Landesinneren liegen. In Tula seien zwei Alkoholfabriken beschädigt worden. „Nach ersten Informationen gibt es keine Opfer“, teilte der Gouverneur von Tula, Dmitri Miliajew, auf Telegram mit.

„Dieser russische Terror kann nur durch die Einheit mit der Welt besiegt werden“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Onlinedienst Telegram. Er forderte seine westlichen Verbündeten erneut auf, mehr Luftabwehrsysteme an sein Land zu liefern und der ukrainischen Armee den Angriff von militärischen Zielen tief im russischem Staatsgebiet mit vom Westen gelieferten Waffen zu erlauben.

Russische Truppen rückten auch am Dienstag in Donezk weiter vor. Wie ein ukrainischer Armeevertreter mitteilte, passierten die russischen Streitkräfte einen wichtigen Kanal in der seit Monaten heftig umkämpften Stadt Tschassiw Jar.

Den russischen Truppen sei es zwar gelungen, „in unsere Verteidigungslinie einzudringen“, sagte der Sprecher der 24. Brigade, Iwan Petritschak, den Staatsmedien. Ukrainische Truppen hätten den russischen Vormarsch aber gestoppt. „Wir werden Tschassiw Jar nicht verlieren. Die heftigen Kämpfe gehen jetzt weiter“, betonte er.

Ein Durchbruch russischer Truppen in Tschassiw Jar wird seit Monaten befürchtet. Er könnte den russischen Vormarsch auf große zivile Zentren im Osten der Ukraine wie Kramatorsk und Slowjansk beschleunigen.

Auch das russische Verteidigungsministerium meldete weitere Vorstöße in der Region Donezk. Die russischen Truppen hätten die verlassene Frontsiedlung Nowosadowje erobert, erklärte das Ministerium in Moskau. Unterdessen wurde russischen Angaben zufolge bei einem ukrainischen Angriff auf russisch besetztes Gebiet im Süden der Ukraine ein Mann getötet. Laut dem von Moskau eingesetzten Regionalgouverneur Jewgeni Balizki ereignete sich der Angriff in der Stadt Enerhodar, nicht weit von dem von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerk Saporischschja entfernt.

Ein halbes Jahr nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 hatte Russland die ukrainischen Regionen Donezk, Saporischschja, Luhansk und Cherson für annektiert erklärt. Moskau kontrolliert diese Regionen jedoch jeweils nur teilweise.

Seit Monaten liefern sich beide Seiten einen erbitterten Abnutzungskrieg. Neue Besorgnis haben Berichte des südkoreanischen Geheimdienstes ausgelöst, Nordkorea habe 1.500 Soldaten nach Russland geschickt, um sie vermutlich für den Einsatz im Krieg gegen die Ukraine zu trainieren. Als Reaktion auf die vertieften militärischen Beziehungen zwischen Nordkorea und Russland erwägt die südkoreanische Regierung nun direkte Waffenlieferungen an die Ukraine. Südkorea, ein führender Rüstungsproduzent, liefert der Ukraine bisher nur nicht tödliche Ausrüstung etwa zur Minenräumung.

Es würden diplomatische, wirtschaftliche und militärische Maßnahmen gegen verschiedene Szenarien einer militärischen Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und Russland vorbereitet, erklärte das Präsidialamt in Seoul. Dazu gehöre auch die Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine, falls sich die Lage verschlechtern sollte. „Wir würden als Teil der schrittweisen Szenarien die Lieferung von Waffen zu Verteidigungszwecken in Betracht ziehen, und wenn es den Anschein hat, dass sie zu weit gehen, könnten wir auch einen offensiven Einsatz in Betracht ziehen“, sagte ein Vertreter des Präsidialamtes.