Auf der Reise von Deutschlands Kanzler Olaf Scholz nach Indien am Wochenende soll auch ein U-Boot-Geschäft vorangebracht werden. Indien möchte sechs konventionelle U-Boote im Wert von 4,9 Milliarden Euro (5,2 Milliarden Dollar) kaufen. Das U-Boot-Projekt, für das die deutsche Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) einer von nur noch zwei internationalen Bietern ist, werde zwischen den beiden Regierungen besprochen, war von drei mit dem Vorgang vertrauten Personen zu erfahren.
Die deutsche Regierung würde das Projekt unterstützen, mit einem Abschluss werde aber auf der Reise noch nicht gerechnet, hieß es in Berlin. Die Vorstandschefin von Thyssenkrupp, Martina Merz, gehört nach Informationen von Reuters zur Wirtschaftsdelegation, die Scholz am Wochenende nach Indien begleitet.
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Indien ist bemüht, seine alternde U-Boot-Flotte zu ersetzen, da elf seiner 16 konventionellen U-Boote mehr als zwei Jahrzehnte alt sind und das Land der wachsenden Präsenz Chinas im Indischen Ozean entgegentreten will. Die indische Marine verfügt auch über zwei einheimische U-Boote mit Atomantrieb. Neu-Delhi möchte sich gleichzeitig von seiner starken Abhängigkeit von Russland bei militärischer Ausrüstung lösen.
Indien gilt als schwieriger Partner bei Rüstungskooperationen, unter anderem, weil die Regierung von Premierminister Narendra Modi darauf besteht, Waffen im eigenen Land herzustellen. Auch die Vereinbarung für U-Boote würde vorsehen, dass ein ausländischer Konzern eine Partnerschaft mit einem indischen Unternehmen eingeht, um die U-Boote in Indien zu bauen. In der Ausschreibung für das Geschäft wurde zudem gefordert, dass das ausländische Unternehmen sein Know-how für einen auf Brennstoffzellen basierenden Antrieb (AIP) übergibt.
Die französische Naval Group hatte sich kurz vor Modis Besuch in Paris im Mai 2022 aus dem Projekt zurückgezogen, weil sie die von der indischen Regierung für 2021 festgelegten Bedingungen nicht erfüllen wollte und konnte. Das russische Unternehmen Rosoboronexport und die spanische Navantia Group sind ebenfalls nicht mehr im Rennen, sagte eine Quelle im indischen Verteidigungsministerium, die nicht genannt werden wollte.
Damit bleiben die deutsche TKMS, die gerade einen Vertrag über den gemeinsamen Bau von sechs U-Booten mit Norwegen unterzeichnet hat, und die südkoreanische Daewoo Shipbuilding and Marine Engineering Co Ltd im Rennen. Das indische Außen- und Verteidigungsministerium reagierte nicht auf Bitten um Stellungnahme. Auch die deutsche Regierung und TKMS wollten sich nicht offiziell äußern.
Eine indische diplomatische Quelle sagte gegenüber Reuters, dass Indien Deutschland um eine Zusicherung für die gemeinsame Herstellung der U-Boote gebeten habe, nicht nur um Unterstützung für eine Lieferung von U-Booten. Ein anderer Beamter des indischen Außenministeriums erklärte, dass „Scholz entschlossen sei, die Handels- und Verteidigungsbeziehungen mit Indien wiederzubeleben“.
Ein U-Boot-Geschäft würde wahrscheinlich die Unterstützung der deutschen Regierung finden, so Regierungsvertreter in Berlin mit Blick auf die Rüstungsexport-Kontrolle. Hintergrund ist auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die danach von Kanzler Scholz ausgerufene engere Zusammenarbeit mit Demokratien weltweit. Die hat dazu geführt, dass die deutsche Koalition aus SPD, Grüne und FDP ihre Rüstungsexportpolitik teilweise lockert.
Anfang Februar war die Ausfuhr eines Pakets von Militärgütern an Indien genehmigt worden. „Indien hängt zum großen Teil von russischer Waffenproduktion ab. Dass das so bleibt, kann nicht in unserem Interesse sein“, sagte ein Regierungsvertreter in Berlin. Indien, das wegen seiner Grenzkonflikte mit China und Pakistan sowie der Entwicklung eines Atomwaffenarsenals früher in Deutschland als problematischer Partner bei Waffenlieferungen galt, sei ein Beispiel dafür, „dass man bei Rüstungsexporten immer vor Entscheidungen gestellt wird, die einen Abwägungsprozess notwendig machen“, hieß es.