Die Linkspolitikerin Claudia Sheinbaum ist am Dienstag als erste Präsidentin Mexikos vereidigt worden. In ihrer Antrittsrede beschwor sie eine Zeitenwende in dem lateinamerikanischen Land. „Es ist Zeit für den Wandel und es ist Zeit für die Frauen“, sagte die neue Staatschefin. In einer feierlichen Zeremonie im Kongress legte Sheinbaum unter Rufen „Presidenta, Presidenta“ ihren Amtseid ab. Vor ihr hatten in den vergangenen 200 Jahren mehr als 60 Männer Mexiko regiert.
Die frühere Bürgermeisterin der Hauptstadt übernahm die Präsidentenschärpe von ihrem Vorgänger Andrés Manuel López Obrador. „Es war eine Ehre, mit Ihnen zu kämpfen“, sagte sie an ihren politischen Ziehvater gerichtet.
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Die Physikerin und Klimaexpertin wird das mit rund 130 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichste spanischsprachige Land für die kommenden sechs Jahren regieren. Bei dem Amtsantritt der 62-Jährigen waren ein Dutzend Staats- und Regierungschefs anwesend, sowie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die First Lady der USA, Jill Biden, vertrat die Vereinigten Staaten, den wichtigsten Nachbarn und Handelspartner. Für Deutschland war der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff nach Mexiko gereist.
Als erste Aufgabe hat Sheinbaum gleich eine Katastrophenlage zu bewältigen. Am Tag nach ihrer Vereidigung fliegt sie nach Acapulco in den südlichen Bundesstaat Guerrero, um sich ein Bild von den Schäden zu machen, die Hurrikan „John“ dort angerichtet hat. Dutzende Menschen kamen ums Leben, große Gebiete stehen unter Wasser.
Zu den drängendsten Herausforderungen der neuen Präsidentin gehören die Gewalt der Drogenkartelle und die Beschleunigung der Energiewende. Zudem wird sie sich mit einer neuen Regierung in den USA auseinandersetzen müssen. Bei der US-Präsidentenwahl im November stehen sich der Republikaner Donald Trump und die Demokratin Kamala Harris gegenüber. Trump könnte einen härteren Kurs in bilateralen Fragen wie Migration, Handel und Drogenbekämpfung einschlagen.
Bei ihrem deutlichen Wahlsieg im Juni profitierte Sheinbaum von der Popularität López Obradors. Auch im Kongress verfügt sie über eine klare Mehrheit. Die Präsidentin setzt auf „Kontinuität mit eigener Handschrift“. Sie will die Sozialprogramme ihres Vorgängers mit staatlichen Hilfen für junge und alte Menschen ausbauen und 3.000 Kilometer Schienen für Personenzüge bauen lassen.
Mexiko ist die zwölftgrößte Volkswirtschaft der Welt und Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika. Zahlreiche ausländische Unternehmen produzieren ihre Waren in dem Land, um sie weitgehend zollfrei in den US-Markt zu liefern. Die wirtschaftliche Entwicklung gilt trotz der schlechten Sicherheitslage als positiv. Das Wirtschaftswachstum war in den vergangenen Jahren allerdings mäßig.
Im Gegensatz zum charismatischen López Obrador gilt Sheinbaum als Technokratin. Nach ihrem Physikstudium promovierte sie in Energietechnik. Sie beteiligte sich an zwei Berichten des Weltklimarats (IPCC), der 2007 für seine Bemühungen gegen den Klimawandel den Friedensnobelpreis erhielt. Vor elf Monaten heiratete sie einen Physiker, der ihr Freund aus der Studentenzeit war. Aus erster Ehe hat sie zwei erwachsene Kinder.
Als damaliger Regierungschef von Mexiko-Stadt berief sie López Obrador 2000 als Umweltministerin in sein Kabinett. Sheinbaum wurde später Bürgermeisterin eines Hauptstadtbezirks und ab Dezember 2018 Regierungschefin der Hauptstadt. Sie legte das Amt nieder, um für die Regierungspartei Morena bei der Wahl um das Präsidentenamt anzutreten.