Oberösterreichs Altlandeshauptmann Josef Ratzenböck (ÖVP) feiert am 15. April seinen 95. Geburtstag. Auch wenn sein Traumberuf Bauer gewesen wäre, stand der promovierte Jurist von 1977 bis 1995 an der Regierungsspitze des Bundeslands.
In die Zeit seiner 18-jährigen Amtsperiode fallen die großen politische Ereignisse wie der Fall des Eisernen Vorhangs und der EU-Beitritt Österreichs, die er rückblickend zu den bewegendsten Momenten zählt, wie er meinte.
Lesen Sie auch
In einem Geburtstagsinterview, das die ÖVP Oberösterreich am Donnerstag versendete, gab sich Ratzenböck einmal mehr als „überzeugter Europäer“, der sich noch gerne daran erinnert, „als wir vor dem Landhaus die Europafahne aufgezogen haben“. Mit Blick auf die kommende EU-Wahl appelliert er an die nationalen Regierungen „über den Schrebergarten des eigenen Landes“ hinauszudenken.
Europa brauche „ganz dringend“ eine starke politische Mitte, mahnte er. Radikale Bewegungen hätten „noch nie Probleme gelöst, sondern immer nur Probleme geschaffen“. Er appellierte, die EU vor allem auch als Friedensmodell in Europa zu stärken. Denn wie der „brutale Angriffskrieg des Herrn Putin auf die Ukraine“ zeige, werde auch heute noch auf dem europäischen Kontinent Krieg geführt.
Auch wenn Ratzenböck mit fast 95 Jahren nicht wie ein „Oberlehrer“ wirken möchte, hat er doch einen Wunsch an die Innenpolitik im heurigen Jahr der Nationalratswahlen: „Denkt immer auch an den Tag nach der Wahl. Je mehr man sich auseinandergelebt hat, desto schwieriger ist es, wieder zusammenzufinden“, meinte der Altlandeshauptmann.
Sein Selbstverständnis als Politiker beschrieb er bereits zu seinem 90. Geburtstag als „Arbeiter im Weinberg Oberösterreich“, da habe sich gezeigt: „Miteinander geht vieles leichter.“ Die Landespartei würdigt ihren einstigen Obmann und Landeshauptmann als einen Pensionisten, der sich „nie als politischer Zwischenrufer in der Tagespolitik“ betätige, sehr wohl aber zu Grundsatzfragen Stellung nehme.
Ratzenböck wurde am 15. April 1929 in Neukirchen am Walde (Bezirk Grieskirchen) als Sohn eines Gast- und Landwirtes geboren. Im Oktober 1952 wurde er Mitarbeiter des damaligen ÖVP-Landesparteisekretärs und späteren Landeshauptmanns Erwin Wenzl.
Zu den wichtigsten Aufgaben zählte in den ersten Jahren die Gründung des OÖ Seniorenbundes, der damals Rentner- und Pensionistenbund hieß. 1969 stieg er zum Landesparteisekretär auf, vier Jahre später, 1973 rückte er in die Landesregierung ein und übernahm die Ressorts Finanzen und Kultur, bis er 1977 Nachfolger von Wenzl wurde.
Ein Interview mit Josef Ratzenböck finden sie hier: https://volksblatt.at/politik/innenpolitik/josef-ratzenboeck-zum-95er-ein-spannendes-leben-voller-vielfalt-915005/