Aufreger, die nicht aufregen

Warum Linksextremismus die gleiche Aufmerksamkeit wie sexistische Rapidler verdienen würde

Die PdA — hier am Linzer Hauptplatz demonstrierend — will nicht bloß den Kapitalismus, sondern die demokratische Grundordnung kippen.
Die PdA — hier am Linzer Hauptplatz demonstrierend — will nicht bloß den Kapitalismus, sondern die demokratische Grundordnung kippen. © Screenshot: Facebook/PdA

Ein paar durchgeknallte Rapid-Fans haben mit einem sexistischen Spruch den Aufreger der Woche geliefert. Der sexistische Slogan, dessen Textur zu geschmacklos für eine wortwörtliche Wiedergabe ist, war zwar am Montag noch vor Beginn des Geisterspiels von der Tribüne im Wiener Allianz Stadion entfernt worden, die Welle der Empörung aber war schon ausgelöst.

Und das ist gut so. Frauenfeindliche Sprüche dürfen nicht unwidersprochen bleiben.

Gute und böse Statuen

Doch das österreichische Empörungssensorium ist ein sehr selektives. Bei manchen Äußerungen bzw. Urhebern schlägt es sofort Alarm, für andere, mindestens ebenso problematische Verbalabsonderungen ist es dagegen taub. Ein Beispiel: „Die Statue wird … beständig in Erinnerung rufen, dass uns neben Marx und Engels auch Lenin wichtige Werkzeuge in die Hand gegeben hat, um den Kapitalismus zu besiegen, wie es unter seiner Führung 1917 in Russland der Fall war.“ Dieses Zitat entstammt der aktuellen Ausgabe des Zentralorgans der österreichischen Partei der Arbeit (PdA), welche die am vergangenen Samstag erfolgte Aufstellung einer von der maoistischen „Marxistisch-Leninistischen“ Partei Deutschlands (MLPD) organisierten Lenin-Statue im deutschen Gelsenkrichen abfeiert.

Das ist schon deswegen spannend, weil sich die linke Internationale eigentlich gerade im Denkmalsturm befindet und jede Statue, die Menschen mit dunklen Flecken in ihrer Biografie darstellt, vom Sockel stürzen möchte. Lenin, dessen blutige Oktoberrevolution Millionen Opfer gefordert hatte, wird von dieser PdA nicht nur nicht als problematisch, sondern sogar als Vorbild gefeiert.

Aber niemanden regt das auf, weil das Empörungssensorium hierzulande eben nicht für eine Würdigung Lenins scharf gestellt ist. Auch nicht für diese Aussage von PdA-Chef Tibor Zenker: „Die DDR war die beste Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung.“

Die Würdigung einer Diktatur entfachte weder Empörung noch eine Diskussion darüber, ob diese Partei noch als innerhalb des Verfassungsbogens verortet betrachtet werden kann.

Missbrauchter George Floyd

Es gibt überhaupt keine Debatte über diese linksextremen Umtriebe, obwohl sie vor unseren Augen — auch hier in Oberösterreich — stattfinden. Wie die gesamte Linke surft auch die PdA auf der George-Floyd-Welle. Der von einem Polizisten umgebrachte Afro-Amerikaner wird dabei missbraucht für Ziele, die mit Antirassismus gar nichts zu tun haben. „Capitalism means ‚I can’t breathe'“ stand auf einem Transparent, mit dem PdA-Aktivisten kürzlich am Linzer Hauptplatz aufmarschierten. Klingt harmlos. Schließlich ist der Kapitalismus nicht gut angeschrieben. Zu seinen schärfsten Kritikern zählt der Papst.

Doch wenn diese Linksextremisten den Kapitalismus verteufeln, dann meinen sie nicht dasselbe wie Franziskus, sondern tatsächlich unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Sozialistische Revolution

Das PdA-Programm lässt keinen Zweifel daran zu: „Die Strategie der PdA ist auf das Hauptziel der sozialistischen Revolution und des Aufbaus des Sozialismus in Österreich gerichtet. Dieses ist nicht zu ersetzen durch eine ’soziale Demokratie‘, eine ’solidarische Gesellschaft‘, eine ’soziale Marktwirtschaft‘ oder dergleichen“, heißt es da.

Solche Parolen sind jedoch kein Aufreger. Interessieren offenbar auch keinen Verfassungsschützer. Mögliche Erklärung: Niemand will eine bedeutungslose Partei durch zu viel Beachtung aufwerten. Vielleicht funktioniert ja die Taktik des Ignorierens. Aber: Warum wird dann ein paar depperten Rapidlern so viel Beachtung geschenkt?

Von Manfred Maurer