Als Gesundheitsreferentin ist die derzeitige Corona-Krise für Christine Haberlander wohl die größte Herausforderung ihrer bisherigen politischen Karriere.
Am 6. April 2017 übernahm sie die Agenden für Bildung, Kinderbetreuung und Gesundheit sowie die Frauenagenden.
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VOLKSBLATT: Sie hätten in ein paar Tagen ihr dreijähriges Amtsjubiläum. Wenn Sie gewusst hätten, welche Herausforderungen auf Sie zukommen, hätten Sie trotzdem zugestimmt?
HABERLANDER: Ich habe mir mein dreijähriges Jubiläum durchaus anders vorgestellt. Es gab in den letzten drei Jahren so manche Entwicklungen, die nicht absehbar war. Corona ist dabei aber sicherlich ganz besonders hervorzuheben. Auf der einen Seite verändert Corona Oberösterreich, aber auf der anderen Seite zeigt es genau, was Oberösterreich ausmacht: gemeinsam arbeiten, zusammen halten. Tun, was richtig ist. Keine Minute habe ich bereut, gerade jetzt Gesundheitslandesrätin zu sein. Es gehört zu unseren Aufgaben als Politiker, in einer herausfordernden Zeit für Stabilität zu sorgen. Wir haben ein Ziel: wir wollen die gute Gesundheitsversorgung und auch die notwendige Betreuung für die Bevölkerung so gut wie möglich aufrecht erhalten, auch wenn die Umstände in den nächsten Wochen das wohl sehr herausfordernd machen.
Wie schaut Home-Office bei einer Spitzenpolitikerin aus, wie kann man es überhaupt betreiben?
Ich bin nicht im Home Office. Seit Einsetzung des Krisenstabs habe ich mein Büro ins Landhaus verlegt. Hier sitzen auch die Mitglieder des Krisenstabs. Ich bin jeden Tag hier. Die räumliche Nähe ermöglicht uns schnelle Wege in der Abstimmung und somit schnelle Entscheidungen – das ist unumgänglich in der derzeitigen Situation. Wir achten natürlich auf die Hygiene- und Abstandsregeln.
Wie kann man sich die Arbeit eines Krisenstabes vorstellen?
Die Arbeit ist vor allem sehr schnelllebig. Man muss zum einen rasch auf neue Entwicklungen reagieren und zum anderen bestmöglich voraus planen – dabei aber auch in Varianten denken. Das funktioniert in unserem Krisenstab sehr gut. Im Krisenstab sind ja nicht nur Mitarbeiter des Landes, sondern auch vom Roten Kreuz, der Feuerwehr, der Polizei, des Militärs. Wir bewerten die Situation jeden Tag neu – passen unsere Pläne an. Wir versuchen alles zu tun, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Um das Gesundheitssystem zu schützen. Jede Belastung, die wir für dieses funktionierende System vermeiden können, müssen wir auch vermeiden.
Wir sind am Beginn der dritten Corona-Woche. Wie sehr werden die Maßnahmen von der Bevölkerung mitgetragen?
Ich bin stolz auf die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher, die die Maßnahmen offensichtlich sehr gut mittragen. Das sieht man ja schon alleine, wenn man auf die Straße schaut – es sind kaum noch Menschen unterwegs. Auch wenn es für viele schmerzhaft ist, diese Maßnahmen einzuhalten, müssen wir uns immer wieder vor Augen führen: Kein Kontakt bedeutet keine Infektion. Jede Eindämmung der Krankheit kann auch einem Menschen, der einem selbst nahesteht, zu Gute kommen. Jeder von uns ist Teil der Lösung!
Es ist auch eine Frage des Durchhaltevermögens. Wie kann man abschätzen, ob wir erfolgreich sind?
Wie weit die Maßnahmen greifen, werden wir erst in den nächsten Tagen abschätzen können. Die Bundesregierung hat erst vor einigen Tagen eine erste Evaluierung vorgenommen, die zeigt, dass es eine Tendenz nach unten gibt bei den Neuansteckungen. Ich bin aber sehr vorsichtig in dieser Bewertung. Das heißt keinesfalls, dass wir die Maßnahmen schon lockern sollten. Wir müssen weiterhin Abstand halten und durchhalten, um den Trend dauerhaft zu verfestigen. Da bitte ich alle Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher weiterhin um Verständnis und Mithilfe. Wir schützen durch unser Tun, die Älteren und die chronisch Kranken. Das geht nicht von heute auf morgen – auch das braucht Zeit.
Sie verantworten als Gesundheitsreferentin das Schlüsselressort der Krise. Wie gut ist es auf diesen Corona-Stress-Test vorbereitet?
Wir haben das Glück, dass wir in Österreich ein gutes Gesundheitssystem haben und Mitarbeiter und Experten in den Krankenhäusern, die besonnen und verantwortungsvoll in dieser Zeit agieren. Wir haben uns gut in den letzten Wochen auf das Jetzt und die kommenden Tage vorbereitet. Immer mehr an Covid19 Erkrankte werden in den Krankenhäusern betreut. Wir müssen die Ausbreitung verlangsamen, vor der Streuung des Virus durch Kranke schützen und gleichzeitig unsere Mitarbeiter gut unterstützen. Da verlangen wir den Oberösterreichern gerade viel ab, das weiß ich. Aber die Spitäler und Pflegeeinrichtungen sind eine der wertvollsten Ressourcen, die wir haben, sollte sich die Situation verschärfen.
Welche Maßnahmen wurden in diesem Bereich zusätzlich gesetzt?
Wichtig ist, dass wir Masken, Handschuhe, Schutzausrüstung umgehend bestellt haben. Wir warten hier auf die Lieferungen des Bundes, aber auch eigener bestellter Ware. Das ist ein kritisches Momentum, wann denn diese Materialien geliefert werden. Parallel dazu haben wir zum Schutz der Mitarbeiter – auch wenn es für Patienten und Angehörige verständlicherweise schwierig ist – die Besuche in Krankenhäusern minimiert. Wir haben nicht lebensnotwendige Operationen verschoben, damit Betten für Covid-Patienten freibleiben und wir können die Anzahl der Intensivbetten auf 420 erhöhen. Das sind jetzt nur einige wenige große Maßnahmen, in unseren Krankenhäusern werden im Rahmen der Planungen noch viele weitere gesetzt.
Aus Krisen soll man auch lernen, was sollte man im Gesundheitssystem „mitnehmen“ und was sollte man künftig vermeiden?
Corona ist wirklich ein Stress-Test für die Krankenhäuser. Wir sind zum einen voll und ganz damit beschäftigt, diese Krise zu bewältigen. Gleichzeitig denken wir diese Überlegungen schon jetzt ständig mit, bei allen Schritten, die wir setzen. Toll funktioniert, dass jetzt kein Krankenhausstandort, kein Träger alleine an sich denkt, sondern regions- und trägerübergreifend geplant und geholfen wird. Das funktioniert gut. Aber was man sich unter anderem jedenfalls anschauen wird müssen, ist das Thema der Materialproduktion und der offensichtlich gewordenen Abhängigkeit von manchen Regionen, mancher Produzenten. Da wird man sich breiter aufstellen müssen.
Ebenfalls massiv betroffen ist das Bildungssystem. Wie hat dort das „runterfahren“ auf Homeschooling funktioniert?
Die Wahrnehmung die ich habe, ist kein „runterfahren“, sondern ein echter „Digitalisierungsturbo“. Jetzt sieht man, was alles digital gemacht werden kann, dass wir hiervor keine Angst haben sollten, sondern die Möglichkeiten nutzen, ja ausbauen müssen! Der Bund macht hier einiges, aber wir haben mit der landeseigenen Education Group noch einige tolle Angebote für Lehrer, Eltern und Schüler. Da sind wir jetzt einen großen Schritt nach vorne gegangen.
Und was kann man in diesem Bereich „mitnehmen“?
Ich höre auch oft, dass viele Eltern erkennen, wie wichtig Lehrer sind und dass auch viele Kinder sagen, sie freuen sich schon darauf, wenn sie ihre Pädagogen wieder in „echt“, als greifbare Person, sehen. Deshalb würde ich mir sehr wünschen, dass der Beruf des Lehrers wieder mehr Wertschätzung erfährt und das vielleicht dazu führt, dass sich wieder mehr junge Menschen für diesen Beruf entscheiden.
Mit Gesundheitsreferentin LH-Stellvertreterin CHRISTINE HABERLANDER
sprach Herbert Schicho