Prozess gegen Egisto Ott geht wohl im Dezember weiter

Ott und Jenewein können vorerst aufatmen © APA/EVA MANHART

Am Wiener Landesgericht hätte am Freitag der Prozess gegen den ehemaligen Chefinspektor im aufgelösten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Egisto Ott, und den Ex-Politiker Hans Jörg Jenewein (FPÖ) fortgesetzt werden sollen. Dazu kam es allerdings nicht. Zur Klärung einer Rechtsfrage wurde die Verhandlung vertagt. Am Nachmittag hatte sich die offene Frage dann geklärt, der erste Prozess gegen Ott wird vermutlich im Dezember fortgesetzt.

Für die überraschende Vertagung hatte Jeneweins Verteidiger Christoph Rother gesorgt. Der Anwalt brachte vor, ihm sei in Vorbereitung auf die heutige Verhandlung aufgefallen, dass die Strafverfolgungsbehörden die parlamentarische Immunität Jeneweins bisher nicht thematisiert hätten. Die inkriminierten strafbaren Handlungen hätten allerdings zu Zeitpunkten stattgefunden, als Jenewein als Mandatar dem Nationalrat angehörte. Die Justiz hätte dessen ungeachtet kein Auslieferungsbegehren an den Nationalrat gerichtet. Da die verfahrensgegenständlichen Handlungen einen Bezug zu Jeneweins politischer Tätigkeit hatten, sei im übrigen sogar „absolute Immunität“ gegeben, argumentierte Rother: „Die ist zeitlich unbegrenzt und endet nicht mit der Beendigung der Abgeordnetentätigkeit.“ Jenewein saß für die FPÖ kurzzeitig im Jahr 2013 und dann vom Oktober 2017 bis zum November 2019 im Parlament.

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„Die Immunität wurde von uns selbstverständlich geprüft“, hielt dem im Anschluss Judith Ziska, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, auf APA-Anfrage entgegen. Der Akt sei berichtspflichtig gewesen, der Vorhabensbericht – die Anklage gegen Jenewein und Ott – von den maßgeblichen Stellen (der Oberstaatsanwaltschaft Wien und dem Justizministerium, Anm.) genehmigt worden. Die Wiener Anklagebehörde und die übergeordneten Stellen waren demnach zum Schluss gekommen, dass Jeneweins seinerzeitige Tätigkeit als Parlamentarier seiner Strafverfolgung im gegenständlichen Fall nicht im Weg stand.

Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien bestätigte am Nachmittag per Presseaussendung Ziskas Ausführungen. Die Staatsanwaltschaft habe zutreffend das Vorliegen einer Immunität Jeneweins nicht angenommen: „Demgemäß erfolgte sowohl die Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Jahr 2021 wie letztlich die Einbringung des Strafantrages nach fachaufsichtsbehördlicher Prüfung, ohne dass es der Aufhebung einer Immunität bedurft hätte, weil eine solche im Zeitpunkt der Einleitung der Ermittlungen nicht bestand.“ Jenewein sei bereits im Jahr 2019 aus dem Nationalrat ausgeschieden, womit auch dessen so genannte außerberufliche Immunität endete, hielt die OStA fest.

Das bekräftigte nur wenige Minuten später auch das Justizministerium. „Der angesprochene Aspekt der parlamentarischen Immunität war selbstverständlich Teil der Prüfung des Vorhabens durch die Fachaufsicht. Im Einklang mit der Lehre wurden im vorliegenden Fall die Zulässigkeit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens und der späteren Anklageerhebung bestätigt. Ein Antrag auf Aufhebung der Immunität war nicht nötig“, hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme.

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Sowohl der Richter als auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft dürften vom Vorbringen des Jenewein-Verteidigers überrascht bzw. auf dem falschen Fuß erwischt worden sein. Dem Ersuchen des Richters, die Unterlagen hinsichtlich einer allfällig erfolgten Prüfung der Immunitätsfrage vorzulegen, habe der Kollege aufgrund des umfangreichen Akts nicht umgehend entsprechen können, erläuterte Ziska später im Gespräch mit der APA. „Die Bezug habenden Unterlagen und Erhebungen werden wir selbstverständlich dem Gericht darlegen“, sagte Ziska. Das sei auf die Schnelle nicht zu bewerkstelligen gewesen: „Es handelt sich um ein umfangreiches Ermittlungsverfahren.“

Die Staatsanwaltschaft wirft Ott vor, im Auftrag Jeneweins einen Beamten angehalten haben, Informationen zu Teilnehmern eines Treffens europäischer Nachrichtendienste zu beschaffen. Auch auf die Zusammensetzung der „Soko Tape“, die nach dem Ibiza-Video zur Klärung strafrechtlicher Vorwürfe eingerichtet wurde, soll Jenewein Ott angesetzt haben. Der Ex-Politiker soll weiters verbotenerweise Fotos in einem U-Ausschuss aufgenommen und diese an Ott gesendet haben. Bei einer Hausdurchsuchung bei Jenewein wurde außerdem ein Schlagring sichergestellt, weshalb sich der Ex-Politiker auch nach dem Waffengesetz verantworten muss.

Nicht Teil der Verhandlung sind mehrere Spionage-Anschuldigungen, denen sich Ott ausgesetzt sieht. Gegen ihn wird von der Staatsanwaltschaft Wien seit 2017 wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und weiterer Delikte ermittelt. Diese Ermittlungen werden von der Staatsanwaltschaft weiter betrieben, bekräftigte Behördensprecherin Ziska.

Ott selbst war nach der vorzeitig beendeten Verhandlung bereit, gegenüber der APA zu den wider ihn erhobenen Spionage-Vorwürfen Stellung zu beziehen. Er wies sämtliche Anschuldigungen zurück: „Ich bin unbequem, aber nicht kriminell.“ Er habe sich in seiner Zeit beim BVT geweigert, unsachgemäße Weisungen umzusetzen, womit er sich den Unmut von Peter Gridling – bis Dezember 2020 Direktor des mittlerweile aufgelösten BVT – zugezogen hätte. „Ich bin aber nicht zu brechen“, betonte Ott. Gridling stecke auch hinter den gegen ihn geführten Ermittlungen, vermutete er. Von der BVT-Nachfolgebehörde Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) dürfte Ott nicht viel halten. Bei diesen Kräften handle es sich um „Dorfgendarmen“, meinte der suspendierte Beamte.