Liebe Leserinnen und Leser!
Als Sie am Mittwoch die (fast) leere Titelseite des VOLKSBLATTS gesehen haben, gingen Ihnen sicher mehrere Gedanken durch den Kopf. Was ist denn da passiert? Hat es technische Probleme gegeben? Wurde gestreikt?
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Mitnichten. Die praktisch leere Seite 1 ist ein akkordiertes Statement der im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) vereinigten Printmedien im Land zum Tag der Pressefreiheit.
Ein Statement, mit dem gegen das Medienpaket mit neuem ORF-Gesetz und Digitalnovelle protestiert wird, welches letzte Woche präsentiert wurde und in Begutachtung gegangen ist. Ein Gesetz, das, wenn es so beschlossen wird, die Meinungsvielfalt in diesem Land gefährden könnte. Nicht heute und auch nicht morgen, aber in absehbarer Zeit. Denn dieses Gesetz liefert dem ORF eine Steilvorlage, die Marktmacht auch online an sich zu reißen. Er darf künftig, wie in den letzten Tagen im VOLKSBLATT aufgezeigt, fast alles und bekommt das auch noch großzügigst finanziert.
„Kritik von VÖZ, VÖP und Gewerkschaft zeigt, dass das Gesetz überarbeitet werden sollte“
Zur Erinnerung: Auch wenn der ORF selbst gerne das Sparpaket ins Treffen führt, Fakt ist vielmehr, dass künftig aufgrund der Haushaltsabgabe sogar noch mehr Geld als bisher auf den Küniglberg fließt — laut derzeitigem Stand 710 Millionen Euro im Jahr plus Kompensationskosten (für den Wegfall der Vorsteuerabzugs-Berechtigung sowie für ORF Sport+ und das RSO) plus Werbeeinnahmen.
Die Einschränkung, wonach auf orf.at künftig etwas weniger Meldungen publiziert werden dürfen, nimmt man da sicher gerne in Kauf. Vor allem, wenn man weiß, dass der Großteil des Traffics mit den Top-Meldungen generiert wird.
Zur Klarstellung: Es geht uns als Printmedium, das den Weg der Digitalisierung eingeschlagen hat, absolut nicht darum, den ORF abzuschaffen. Im Gegenteil: Es braucht demokratiepolitisch einen starken ORF.
Aber es geht um eine vernünftige Koexistenz, im besten Fall sogar um eine Symbiose. Um ein klares Abstecken, welche Player welches Feld beackern dürfen. Mit dem ORF drängt ein finanziell aufgrund öffentlicher Finanzierung bestens ausgestatteter Akteur immer stärker in den Online-Printsektor. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Das verlangt nach Abänderungen und auch einer klaren Definition, was der ORF tatsächlich leisten soll bzw. muss. Und es wirft schon auch die Frage auf, ob sich der ORF bei so viel Gebühren, die fließen, nicht werbefrei(er) gestalten ließe? Ob er sich nicht auf seinen so wichtigen öffentlich-rechtlichen Auftrag konzentrieren und dafür Inhalte wie US-Serien oder US-Filme den Privaten überlassen sollte.
Fazit: Die Regierung ist ob der pauschalen Kritik von VÖZ und auch VÖP, dem Verband Österreichischer Privatsender, und auch der Gewerkschaft GPA gefordert, dieses Gesetz zu überarbeiten.