Kluft zwischen Arm und Reich bei Zufriedenheit mit Politik

Nur eine Minderheit fühlt sich gut im Parlament vertreten © APA/ROLAND SCHLAGER

Die Zufriedenheit mit dem politischen System nimmt langsam wieder zu – allerdings nicht im unteren Einkommensdrittel. Nach einem Tief 2022 infolge von Corona-Pandemie, Ausbruch des Ukraine-Kriegs und hoher Inflation denken immerhin wieder 43 Prozent, dass das politische System in Österreich gut funktioniert. Vor zwei Jahren waren es nur 34 Prozent. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist aber dabei so groß wie nie, das ist das Ergebnis des Demokratie-Monitors von Foresight.

Während 60 Prozent der Menschen im oberen und 48 Prozent im mittleren Einkommensdrittel denken, dass unser politisches System gut funktioniert, teilt nur jeder Fünfte im unteren Drittel (21 Prozent) diese Ansicht. Damit steigt die Zufriedenheit im oberen und mittleren Drittel das zweite Jahr in Folge wieder. Im unteren Einkommensdrittel ist sie aber seit 2020, als immerhin noch 43 Prozent das Funktionieren mit sehr oder ziemlich gut bewerteten, im Sinkflug.

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Erfahrung der mangelnden Repräsentation

„Die Schere in der Bewertung des politisches Systems geht entlang der finanziellen Lage auseinander“, analysierte Martina Zandonella von Foresight bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Grund dafür sei die Erfahrung mangelnder Repräsentation. So denken derzeit 56 Prozent der Menschen im oberen und 41 Prozent im mittleren Drittel, dass sie im Parlament gut vertreten sind, im unteren Drittel sind es nur 19 Prozent. Zugleich sei der Anteil an Nicht-Wahlberechtigten in dieser Gruppe hoch.

Die Zweifel an der demokratischen Mitsprache sind in der gesamten Bevölkerung in den vergangenen Jahren gewachsen: Sah sich 2018 noch die Mehrheit (61) gut im Parlament vertreten, sind es aktuell nur mehr etwas mehr als ein Drittel (36 Prozent). Die Nationalratswahl im September hat daran nichts geändert.

Einen Auftrag an die Politik sah in den Ergebnissen die Arbeiterkammer. „Auch die unteren Einkommensgruppen müssen sich stärker in der Politik und im Nationalrat wiederfinden“, so AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank in einer Aussendung und forderte eine Ausweitung innerbetrieblicher Mitsprache sowie die Etablierung einer demokratischen Alltags- und Arbeitskultur.

Haltung zu Demokratie bleibt stabil hoch

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Insgesamt ist das Vertrauen in die Regeln und Praktiken in die Demokratie aber in der gesamten Bevölkerung vergleichsweise hoch und stabil. Die große Mehrheit vertraut Institutionen wie dem Verfassungsgerichtshof (77 Prozent), Polizei (75), Justiz (66) und Verwaltung (62). Auch die Haltung der Menschen zur Demokratie allgemein bleibt stabil. 90 Prozent sind der Ansicht, dass die Demokratie – trotz mancher Probleme – die beste Staatsform ist.

Die gegenteilige Ansicht, dass es einen starken Führer geben sollte, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern sollte, vertreten rund 20 Prozent – auch dieser Wert ist über die vergangenen Jahre bis auf einen Anstieg 2022 im Demokratie-Monitor relativ stabil geblieben.

Radikalisierungstendenzen in kleiner Gruppe

Antidemokratische Einstellungsmuster über sämtliche Fragen hinweg wurden bei acht Prozent der Befragten festgestellt. Zwar blieb auch dieser Wert relativ konstant über die Jahre, innerhalb der Gruppe fand aber seit 2021 eine Radikalisierung statt. Zum vierten Mal hintereinander forderte ein Drittel dieser 8 Prozent, dass die Rechte von Parlament, Unabhängigkeit der Justiz und Versammlungsfreiheit sowie die Unabhängigkeit der Medien eingeschränkt werden, vor 2021 waren es nur halb so viele.

Der Demokratie-Monitor wird seit 2018 durchgeführt. Heuer fand die Befragung zwischen 25. Oktober und 22. November statt. Befragt wurden mittels Telefon- und Online-Interviews 2.007 Menschen ab 16 Jahren, die Hälfte davon wurde diesmal zusätzlich bereits zwischen 6. und 28. August befragt.