NEOS wollen Landeschefs in Koalitionsverhandlungen einbinden

Bei den Koalitionsverhandlungen dreht sich viel ums Geld © APA/dpa/Monika Skolimowska

Die NEOS wollen eine neue Struktur in die Koalitionsverhandlungen mit ÖVP und SPÖ bringen. So will man etwa weg von den an die Ministerienstruktur angelehnten 33 Untergruppen und stattdessen die Themen in fünf Zukunftsbereichen sammeln, hieß es nach einem erweiterten Parteivorstand Sonntagabend. Außerdem sollen die Landeshauptleute direkt eingebunden werden. Unterdessen hat die EU dem Finanzministerium informelle Daten zum Budget-Konsolidierungsbedarf übermittelt.

Bei der pinken Sitzung habe man sich einen Überblick verschafft, was in den Untergruppen erreicht worden sei und was nicht. Fazit: „Es ist OK und gut, aber noch nicht gut genug, um eine von Ambition getragene Regierung vorweisen zu können“, meinte ein Sitzungsteilnehmer zur APA. Daher habe man ein paar Ideen, um in die nächsten Verhandlungsrunden mehr Dynamik hineinzubringen.

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Weniger Verhandler

Strukturell gehörten jedenfalls die Landeshauptleute eingebunden, ist man bei den NEOS überzeugt. Bei Bereichen wie Kindergarten, Förderungen oder Kompetenzbereinigungen könne man sich bei Verhandlungen nämlich viel überlegen – aber für die Umsetzung brauche es eben die Länder. Die bisherigen Untergruppen hätten zwar eine Logik gehabt, nun wäre es aber besser, mit weniger Verhandlern weiterzumachen und dafür eben die Länder hereinzuholen.

Außerdem will man große Themenbereiche einbringen, die man besprechen wolle – wobei man hier nicht von einem Forderungskatalog oder roten Linien sprechen will. Gleiches würden ÖVP und SPÖ auch tun. Im Bildungsbereich, wo man schon recht weit sei, wären das ein zweites Kindergartenjahr mir einer Art Deutsch-Lehrplan für beide Jahre, eine Mittlere Reife und ein Chancenindex. Dazu kämen die Bereiche Pensionen bzw. die Zurückdrängung des Polit-Einflusses bei Inseraten oder Parteienförderung und Postenbesetzungen sowie eine neue Medienförderung und ORF-Reform. Und schließlich brauche es trotz budgetär schwieriger Zeiten zumindest perspektivisch einen Weg, wie in den fünf Jahren das Versprechen von „mehr netto vom brutto“ umgesetzt werden soll.

Finanzministerium errechnet Konsolidierungsbedarf

Apropos Budget: Über das Wochenende sind im Finanzministerium die angekündigten informellen Daten und Informationen der EU zum Konsolidierungsbedarf eingelangt. Übermittelt wurde dabei aber nicht ein konkreter Bedarf, hieß es aus dem Finanzministerium auf APA-Anfrage, sondern lediglich die Berechnungsgrundlagen dafür. Derzeit errechneten die Budget-Spezialisten im Haus daraus auf Hochtouren die konkreten Daten. Ein Ergebnis werde Anfang der Woche vorliegen, vermutlich sogar schon am Montag.

Die Budget-Zahlen spielen in den Planungen der Koalitionsverhandler eine wichtige Rolle, ist doch der Steuer- und Wirtschaftsbereich der wohl umstrittenste Bereich. Mit der Reform der EU-Schuldenregeln müssen die EU-Länder heuer erstmals Budgetpläne vorlegen. Dadurch wird Ländern, die die Maastricht-Kriterien für Budgetdefizit und Staatsschulden nicht erfüllen, mehr Flexibilität beim Erreichen dieser Ziele eingeräumt. Mit welchen Maßnahmen sie das Ziel erreichen wollen, müssen sie in Fiskal-Struktur-Plänen festlegen.

Österreich zählt dabei zu jenen fünf Ländern, die ihren nationalen Plan noch nicht eingereicht haben. Begründet wurde dies mit den laufenden Regierungsverhandlungen. Länder, die die Maastricht-Kriterien überschreiten, erhalten vor der Vorlage ihres Planes Referenzpfade der EU-Kommission. Ein erster Referenzpfad war bereits Ende Juni nach Wien gegangen, da die Frist für die Vorlage der Pläne eigentlich Ende September war. Die Kommission erwägt die Eröffnung eines Defizitverfahrens gegen Österreich, da das Budgetdefizit über dem Maastricht-Kriterium von drei Prozent des BIP liegt. Nächster Schritt wäre, dem Rat der Wirtschafts- und Finanzminister zu empfehlen, ein „übermäßiges Defizit festzustellen“. Dies könnte beim nächsten Treffen im Jänner erfolgen. EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis hatte zuletzt betont, die Kommission müsse „konkrete Maßnahmen sehen“, um vom Defizitverfahren abzulassen. Laut Angaben aus der EU-Kommission hat Wien um Aufschub gebeten.

Parteien beraten weitere Vorgehensweise

Am Sonntag waren die Parteien vorerst auf Tauchstation. Derzeit läuft vor allem der interne Meinungsbildungsprozess über die bisherigen Gespräche in den Untergruppen. Nach den NEOS kommt man am Montag auch in der ÖVP und SPÖ zu Sitzungen zusammen – in beiden Fällen online für Dienstag ist dann eine Sitzung der Steuerungsgruppe der Parteien angesetzt.

Dann kann man sich auch über den Jahresbericht des Fiskalrats samt Empfehlungen austauschen, der am Montag vorgestellt wird. In ihrer letzten Budgetprognose im November waren die Schuldenwächter von einem Defizit von 3,9 Prozent des BIP 2024 und 4,1 Prozent 2025 ausgegangen.

Unterdessen soll es zu einigen Themen laut „Krone“ (Sonntag-Ausgabe) eine Einigung zwischen den Parteien gegeben haben – wobei sich diese vorerst vor allem in Schlagworten erschöpft. Neben bereits bekannten Themen wie der Einführung eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahrs und einer Kindergrundsicherung betreffen diese etwa nicht näher definierte „Sanktionen“ bei Integrationsverweigerung im Bildungsbereich oder die künftige Abwicklung der Mindestsicherung über das AMS. Außerdem sollen Maßnahmen wie mehr Verwaltungspersonal an den Schulen fortgeführt sowie in der aktuellen Regierung liegen gebliebene Vorhaben wie der Dickpic-Paragraph, also ein Verbot von ungefragt versendeten Penisbildern, umgesetzt werden. Kommen sollen auch ein Klimaschutzgesetz und ein Rechtsanspruch auf Zugang zur Verwaltung auch ohne elektronische Hilfsmittel.