Vier Wochen nach Start der Koalitionsverhandlungen haben ÖVP, SPÖ und NEOS erstmals eine Zwischenbilanz gezogen. ÖVP-Chef Karl Nehammer sprach nach einem Treffen der Steuerungsgruppe am Dienstag von einem „guten und konstruktiven Prozess“, in wichtigen Bereichen seien wesentliche Fortschritte gelungen. Nun gehe der Verhandlungsprozess „in die intensive Phase“ und werde auch über den Jahreswechsel dauern. Ein konkreter Zeitplan oder Inhalte wurden nicht präsentiert.
Keine Regierung unterm Christbaum
„Nein, es wird keine Regierung unterm Christbaum geben“, stellte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei der gemeinsamen Pressekonferenz klar. Sie sprach von einer „Mammutaufgabe“. Aber es sei „spürbar eine Dynamik hier vorhanden“, meinte sie. In einigen Bereichen gebe es „durchaus eine gemeinsame Stoßrichtung“. Deutlich schwieriger im Vergleich zu vorherigen Regierungsbildungen sei die Situation aber angesichts der schwierigen Budgetsituation. Einmal mehr mahnte sie bei ihren Verhandlungspartnern „Ambition“ ein, „der kleinste gemeinsame Nenner ist nicht das, was uns vorwärts bringen wird“, so Meinl-Reisinger und wiederholte auch ihre Forderung nach einer Einbindung der Landeshauptleute in die Koalitionsverhandlungen.
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Auch SPÖ-Chef Andreas Babler zeigte sich betont zuversichtlich. In den bisherigen Verhandlungen habe es oft emotionale Debatten gegeben, aber es sei „relativ viel gelungen“, sagte Babler. Außerdem sei spürbar, dass es möglich sei, die noch offenen großen Fragen auch miteinander zu bewerkstelligen. Einmal mehr betonte der SPÖ-Chef, dass zur Budgetsanierung sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitige Maßnahmen nötig seien. Man werde sich in den nächsten Tagen weiter treffen und auch in den nächsten Tagen und Wochen keine Pausen machen, um eine stabile Regierung für die nächsten Jahre garantieren zu können, so Babler.
Aufwendiger Prozess laut Nehammer notwendig
Alles, was im Ampelsystem in den Verhandlungsgruppen bisher auf Grün gestellt worden sei, werde Eingang in ein allfälliges Regierungsprogramm finden, die bisher auf Rot gestellten Dinge müssten nun verhandelt werden, erklärte Nehammer. Das sei ein aufwendiger Prozess, „aber ein notwendiger, denn es geht um nichts weniger als um den Staatshaushalt Österreichs“. Man werde zu gegebener Zeit wieder informieren, sagte der Bundeskanzler verwies darauf, dass man im Vergleich zur türkis-grünen Regierung, die 100 Tage vom Wahltag zur Angelobung gebraucht hatte, vor fünf Jahren noch durchaus im Fahrplan sei.
Nach Abschluss der Verhandlung der 33 thematischen Untergruppen war am Dienstag zu Mittag erstmals wieder die Steuerungsgruppe der Koalitionsverhandlungen zusammengekommen. Darin vertreten sind neben den Parteivorsitzenden und anderen Spitzenvertretern der drei Parteien auch Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer und ÖGB-Chef Wolfgang Katzian.
Noch keine Entscheidung über Konsolidierungspfad
Noch nicht entschieden haben die Verhandler, welcher Weg und welches Tempo für die Budgetkonsolidierung gewählt wird. Gemäß den am Sonntag von der EU-Kommission übermittelten Daten muss Österreich in den kommenden vier Jahren realistisch gesehen zwischen 12 und 15 Milliarden Euro einsparen. Die konkrete Summe hängt davon ab, für welche Variante man sich entscheidet: ein Konsolidierungspfad über vier oder sieben Jahre, oder ein EU-Defizitverfahren ebenfalls über vier bzw. sieben Jahre. Während ÖVP und NEOS ein Defizitverfahren vermeiden wollen, bevorzugt die SPÖ diese Variante, da der Konsolidierungspfad sanfter wäre.
Vor Beginn der Sitzung war am Dienstagvormittag die ÖVP noch zu einer internen informellen Online-Sitzung zusammengekommen. Dabei wurden die Landesparteichefs und Bünde-Obleute von Nehammer über den Stand der Verhandlungen informiert, Beschlüsse wurden keine gefasst, hieß es aus der Partei. Am Montag hatte die SPÖ ein Online-Präsidium abgehalten, die NEOS waren schon am Wochenende zusammengekommen.