Nach langen Diskussionen, wie die Stadt Salzburg mit nach NS-Tätern oder -Profiteuren benannten Straßen umgehen soll, wurde nun eine erste Umbenennung fixiert. Der Kulturausschuss des Gemeinderats hat am 28. November mehrheitlich beschlossen, die Heinrich-Damisch-Straße im Stadtteil Parsch zur Helene-Thimig-Straße werden zu lassen. Beide Persönlichkeiten waren den Salzburger Festspielen eng verbunden. In der Stadt tragen nur vier Prozent der Straßen den Namen einer Frau.
SPÖ, KPÖ Plus und Bürgerliste stimmten für, ÖVP und FPÖ gegen die Umbenennung. Volkspartei und Freiheitliche hatten sich bereits in der vorherigen Funktionsperiode der Stadtregierung stets gegen eine Änderung ausgesprochen, damals noch mit knapper Mehrheit.
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Mit der Gemeinderatswahl im Frühjahr 2024 haben sich die Mehrheitsverhältnisse aber geändert. Die erste Umbenennung erfolgt im Rahmen eines Pilotprojekts. Die Stadt will daraus Erfahrungen sammeln, wie man weitere Umbenennungen reibungslos abwickeln könnte. Der finale Beschluss zur Helene-Thimig-Straße fällt im Gemeinderat.
Eine Historikerkommission hatte in der Stadt drei Jahre lang die Rollen von 66 „braunen“ Straßennamenspaten aufgearbeitet und im Juni 2021 einen 1.100 Seiten umfassenden Abschlussbericht vorgelegt. Bei 13 Personen waren die Verstrickungen mit dem NS-Regime so gravierend, dass die Politik auch eine Umbenennung in Erwägung ziehen sollte, befand die Kommission. Eine politische Mehrheit fand sich aber damals nicht. Später wurden in den 13 Fällen lediglich Texte für Zusatztafeln beschlossen.
Unter den „hoch belasteten“ Personen finden sich etwa der Dirigent Herbert von Karajan, der Automobilkonstrukteur Ferdinand Porsche, der Bildhauer Josef Thorak oder der Gründer des Salzburger Adventsingens, Tobias Reiser. Der Musikschriftsteller Heinrich Damisch (1872-1961) war eine prägende Figur bei der Gründung der Salzburger Festspiele. Er hatte jedoch eine nachweisliche Nähe zum Nationalsozialismus, war frühes NSDAP-Mitglied und galt als radikaler Antisemit.
Helene Thimig (1889-1974) war Schauspielerin und mit Festspielgründer Max Reinhardt verheiratet. Sie folgte dem jüdischstämmigen Regisseur noch vor dem „Anschluss“ ins Exil in die USA. 1946 kehrte sie nach Österreich zurück, inszenierte in Salzburg einige Jahre lang den „Jedermann“ und führte das Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Wie die Stadt Salzburg heute mitteilte, stand sie für Werte, die mit einer demokratischen Gesellschaft im Einklang stehen.
Die Umbenennung soll 2025 realisiert werden. An der Damisch-Straße liegen acht Adressen mit 34 Haupt- und Nebenwohnsitzmeldungen und vier aufrechten Gewerben. Die Stadt will den betroffenen Anrainerinnen und Anrainern die organisatorische Umstellung erleichtern und etwaige Kosten, etwa für Adressänderungen, Autobeschriftungen, etc. übernehmen. Freilich zeigten sich zuletzt in Zeitungsberichten einzelne Bewohner der Heinrich-Damisch-Straße nicht glücklich über die Umbenennung.